Amarilis (German Edition)
hinüber.
Der Stock, der nun wieder ruhig in seiner Hand lag, zeigte auf Steff. Langsam
kam er auf ihn zu.
In diesem Augenblick erbebten die Wände der Bibliothek und
ein Bücherregal brach aus der Halterung. Aus nicht allzu weiter Entfernung
hörte Steff zuerst den scharfen Knall mehrerer kleiner Detonationen und dann
das dumpfe, tiefe Grollen der einkrachenden Wände, deren Echo sich in den
Korridoren des Raumschiffes vervielfachte.
Die Bleidioden der Versorgungsküche, deren Statiksubstanz von
den Enden abgekratzt worden war, hatten sich zu einer rotglühenden, porösen
Masse erhitzt, denn sie konnten die überschüssige Wärme der Amplitude nicht
mehr aufnehmen und in die Speichereinheit leiten.
Somit flog die ganze Kammer mitsamt des Generators in die
Luft und zerbarst in tausend Stücke, als der Chefkoch in seiner Kombüse die
Grillplatten anmachte, um Spaghetti Bolognese für den Abend vorzubereiten.
Das Zimmer aus kolloider Glasfaser, dessen Wände undurchsichtig
und von innen milchig gelb waren, hatte die Ausmaße eines geräumigen Sarges.
Oberhalb der mittleren Höhe fluoreszierten die Innenseiten in einem schwach
hellen, merkwürdig funkelnden Ton, der aber das Räumlein bis in seine
entferntesten Winkel ausstrahlte. An den unteren Seitenflächen befanden sich in
einer fast ununterbrochenen Reihe Schaltmechanismen und kleine Kontrollfenster,
die zum Teil einen Einblick in das unüberschaubare Gewirr von Spulen, Dioden
und silikonen Chips gewährten.
An der Vorderseite flackerte eine Art Bildschirm, dessen Frequenz
jedoch zu hoch gehalten war, um die Impulsfolge nachvollziehen zu können. Sie
bestand in einer Aneinanderreihung von vertikalen Linien, die sich in regelmäßigem
Abstand zu gezackten Flammen verrissen, und deren scheinbares Eigenleben eine
Farbfolge initiierte, die sich von der Mitte des Schirmes wellenförmig zu
seinen Rändern hin erweiterte.
Hinter einer dieser Sichtscheiben an der Seite begann nun ein
elektrolytisch betriebener Motor zu laufen, der beim Einschalten einen 30.000 Frequenz-Herzton
von sich gab. Dieser piepste zuerst mehrere Male auf, um dann in ein
dauerhaftes Intervall überzugehen. Daraufhin wurde ein wärmeempfindlicher
Sensor betätigt, der das Geräusch abschaltete. Der Speicher war geladen.
Der Fremde, der vor den Schaltapparaturen lag, schaute nun zu
dem flackernden Bildschirm und verglich die für ihn verständlichen Daten mit
den Kontrollen der in den Sichtfenstern ausgewiesenen elektrischen Zustände.
Dann nahm er eine runde, abgeplattete Dose und steckte sie in einen Eingang der
sich vor ihm an der Wandseite befindlichen Maschine. Daraufhin leuchtete der
Mechanismus in einem hellroten Licht.
Nun machte er sich bereit, einen Code in den Empfänger zu
geben, der seine Botschaft verschlüsseln sollte. Scheinbar wahllos tippte er an
Sensor- und Akkustikschaltungen herum, bis er mit seinen Vorbereitungen zufrieden
war.
Leise flüsternd sprach er in die Öffnung einer filigranen
Netzmembran, wobei er des Öfteren eine Pause einlegte, um seine Sprache auf
eine der Semantik abhängigen, verschiedenartigen Codefrequenz einzustimmen.
Dann lauschte er nach allen Seiten, obwohl er sich der schall- und abhördichten
Einrichtung bewusst war und verfolgte noch einmal das von ihm eben gesagte.
Dazu gab er ein Zeichen in das Gerät, das in seiner Kompliziertheit alle
bisherigen übertraf. Es brauchte fast eine Minute, um die binäre Reihenfolge
der Strichsetzungen zu füllen. Dann hielt er den Kopf dicht an die Aufnahmemaschine.
»Hier spricht der zweite Vorsitzende«, vernahm er aus dem
Inneren des Apparates, »A.R. festgenommen. Falls ich auch entdeckt werde, Auftrag
an J.F.: 1. K. will mit mir die Auffindung der Positronengebiete vereiteln.
Doch er arbeitet im Auftrag von S., der über einen Professor scheinbar im
Besitz der bi-3 ist. Darum zuerst mit ihm, dann gegen ihn. 2. Professor muß auf
unsere Seite gebracht werden. 3. S.M. hat einen Koffer, der Informationen über
uns enthalten könnte. Vorsicht! öffnet sich erst am Ankunftstag.«
Zufrieden nahm er die Schatulle wieder heraus und verwahrte
sie in einer Einbuchtung an der Decke des Zimmerchens. Dann versiegelte er die
Klappe, so dass die Fugen des Schlitzes nicht mehr zu erkennen waren. Mit einer
weiteren Vorrichtung bildete er einen Vakuumschirm aus kristallisiertem
Tridymitgas, das bei einem Einbrechen des Safes implodieren und alles
Weitere Kostenlose Bücher