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Amarilis (German Edition)

Amarilis (German Edition)

Titel: Amarilis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Kempas
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Steffs Gruppe gehörte.
       »Zufall ist für mich zum Beispiel«, antwortete ihm der Navigator
langsam, »wenn ich einen zwischen den Elektrolytkontakten des Steuersystems
versteckten Unterbrecher aus silikatüberschmolzenem Platin finde.«
       Und bevor sich das Erstaunen der Umstehenden legen und in ein
lautes Geraune ausarten konnte, fügte er hinzu: »Meine Herren, wir haben es
hier ganz offensichtlich mit einem Fall von Sabotage zu tun. Ich bitte Sie,
sich nach dem erfolgten Hypersprung zusammenzusetzen und eine Delegation mit
uns zu bilden, in der wir das Problem gemeinsam angehen können.«
     
     
     
    Angelo Roggini horchte auf. Waren da nicht die tapsenden
Rollschritte eines Santoganers auf dem Korridor? Er hielt den Atem an und
schaute konzentriert auf seine Schuhspitzen. Nach einer Weile vermeinte er, das
Crescendo aller Geräusche des Schiffes hören zu können und strich sich mit der
Hand über das schweißnasse Gesicht.
       Als er sich wieder besonnen hatte, war nur noch das leise Summen
der Photonentriebwerke wahrzunehmen. Erneut begann er, seine Arbeit aufzunehmen.
Der Magnetstab in seiner Hand löste einzelne Schrauben und Kontaktsperren. Mit
einer Pinzette setzte er zwei kleine Bleiröhrchen aus ihrer Halterung. Kurz
rieb er mit einem kristalloiden Tuch ihre Enden ab und setzte sie dann wieder
ein. Er prüfte die Temperatur der Diode. Der Generator, der die Küche der
irdischen Mitarbeiter versorgte, funktionierte wieder einwandfrei.
       Ein letztes Mal schaute er auf die Messskala. Die Eigenschwingung
der Atome einer bestimmten santoganischen Gasverbindung wurde durch eine
Amplitude erhöht. Diese Aufnahme von Extraenergie wurde in kinetische Wärme
umgesetzt. Die mit hoher Geschwindigkeit völlig regellos umherfliegenden
Moleküle stießen dabei häufig miteinander zusammen, wobei ihre erfolgende
Wärmefreigabe der mittleren Geschwindigkeit des Gases entsprach. Da ihre Bahn
bei nicht allzu siedender Temperatur unregelmäßig gezackt mit jedoch
verschiedenen langen Geraden zwischen zwei Zusammenstößen verlief, durfte ihre
Amplitude nicht zu sehr erhöht werden, da sich sonst die geraden Strecken verkürzten,
und sich die kinetische Energie unkontrolliert potenzieren konnte.
       Zufrieden mit seiner Arbeit schlüpfte Angelo aus dem schmalen
Schacht des Generators und streckte seine kräftige Gestalt. Dann suchte er
sorgfältig sein Werkzeug zusammen und ging auf den Korridor zurück. Dort sah er
sich noch einmal um und begab sich in den Werkzeugraum, um die Instrumente zurückzugeben.
       »Na, Angelo«, fragte Kip, der sich dort gerade aufhielt und
den Halbleiter seiner Digitaluhr zwischen den mächtigen Fingern drehte, »hast
du auch nicht rasten können?«
       »Genau«, gab Angelo zurück, »ich hab mir mal das Versorgungssystem
der Küche angesehen. Seit Tagen kocht mir McPerson die Spaghetti zu lau.«
       »Ja, dann sorg doch auch gleich dafür, dass er die Fischsuppe
mit mehr Knoblauch anreichert. So was Fades ist mir schon lange nicht unter die
Kiemen gekommen.«
       Angelo grinste. »Wenn ich eine direkte Leitung zu seinen
Töpfen herstellen könnte, würde ich das Würzen vom Computer selbst übernehmen
lassen. Viel schlechter kann es dann auch nicht schmecken.«
       Lachend wandte sich Kip wieder seinem Uhrwerk zu, und Angelo
suchte sein Zimmer auf. Dort zog er seine Leinenturnschuhe aus und legte sich
aufs Bett. Die Gegenstände schienen sich geringfügig in ihren Formen zu ändern.
Erschöpft schloss er die Augen.
       Ein leichter Druck hatte sich auf seine Stirn gelegt, und das
Herz begann mit einem Mal wuchtig zu klopfen. Er fühlte, wie sich erneut eine
Ohnmacht seiner zu bemächtigen begann und versuchte, ihr durch Muskelanspannung
und betonter Atmung zu begegnen. ‚Verdammt’, dachte er, ‚es ist jedesmal
dasselbe. Danach schwimmt mir alles vor den Augen.’
       Doch nach einer Weile wurde ihm besser, und er stand auf und
ging zum Fenster. Dort verharrte er mehrere Minuten völlig unbeweglich und ausdruckslos.
Lediglich eine steile Falte grub sich ihm in die Nasenwurzel.
       Stumm starrte er in die Tiefe der sich vor ihm ausbreitenden
Schwärze. Weit draußen, kaum mit bloßem Auge auszumachen, sah er das unstete
Flackern einiger Sterne. Wenn er den Kopf beugte, konnte er am oberen Sichtrand
sogar die Ausbreitung eines großen Sonnensystems mit mehreren dunkel leuchtenden
Objekten erkennen.
       Der Hypersprung hatte nur einen halben Tag gedauert,

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