Amarilis (German Edition)
Arme. Sie hingen ihm bis über die Hüfte, an der
das Drehmoment seiner Beine ansetzte. Die beiden Daumen verschmälerten sich dem
Ende zu und wuchsen in ihrer Opposition zu den Fingern beinahe rechtwinklig ab.
Sein Gewand bestand aus leinenem Stoff, grob und weitärmelig
geschnitten. Um die Hälse herum umgab es ihn wie einen Kragen und floss nach unten
den Beinen zu spiralförmig ab. Dabei reichte es fast bis zu seinen vom Leder
der Blätter gewickelten Schuhen, die sich der platten Form seiner Füße genauestens
anpassten.
Er saß auf einer sesselähnlichen Plastikerhöhung, die vorne für
den Körper offen war und hinten den Rücken umschloss. Vor sich ausgebreitet
hatte er eine beträchtliche Anzahl von Geräten mit den verschiedensten
Eigenschaften. Da lagen Zangen und Keile, aber auch kleine Stangen mit
abgeplatteter Spitze, deren Schäfte von einer blauen Kristallemaille umgeben waren.
Sie verband ein dünnes Kabel mit einer Maschine, die nun sanft vor sich hinzubrummen
begann.
In der Mitte der Werkzeuge stand ein schwarzer Koffer. Er war
klein und hatte die Form eines platten, großformatigen Buches. Die beiden
Schlösser an seiner Vorderseite waren verriegelt und mit einer hellen, fast
durchsichtigen Gummimasse versehen.
Nachdenklich fingerte der Santoganer an den
Metallverschlüssen herum. Mit der abgeplatteten Spitze des Detektors fuhr er
über die Nähte der Kofferseiten und setzte sie an die silberne Verkappung des
Schlosses. Der Generator summte weiterhin, und ein grünes Licht flackerte an
seiner Vorderseite auf.
Ein weiterer in einem ebenso groben Leinengewand, den sie
San-Fo-Lo nannten, trat zu ihm hin und sagte: »Merkwürdig. Der Koffer sollte
doch schon längst von selbst aufgehen! Sei vorsichtig! Ich bin sicher, in ihm
ist ein versteckter Sprengsatz eingebaut. Mach es ja nicht mit Gewalt!«
»Aber was soll ich tun?« kam die ungeduldige Antwort. »Seit
vier Tagen schon versuche ich, ihn aufzukriegen. Es wird doch das Beste sein,
ich bringe eine Elektrolytplasmaleitung an. Das gibt nur einen kleinen Puff,
ein bisschen Rauch - und schon ist das Köfferchen auf.«
»Und wir haben die größten Scherereien, denn was in ihm drin
ist, ist dann auch hin.«
»Ach, San-Fo-Lo, wie soll es denn anders gehen?«
»Mit Geduld und Überlegung«, sagte ein dritter, der
inzwischen hinzugetreten war. Er hatte außer einem Rumpftuch, das ihn vor der
starken Helligkeit der Sonne schützte, nichts an. Er mußte jedoch schon viele
Gittergeraden aufgefüllt haben, denn er besaß eine etwas poröse Epidermis. Es
hieß, er sei bereits ein 24-Gittertod-Kenner.
Er setzte sich zu den beiden anderen und fuhr fort: »Wir
dürfen auf keinen Fall etwas überhasten. Jeder von uns hat seinen ihm
zugewiesenen Platz einzunehmen. Seit der Landung dieser neuen Wissenschaftler
müssen wir sehr vorsichtig sein.« Seine graublauen Augen blickten zwischen den
beiden hin und her. »Wollen wir so bleiben, wie wir sind, dann müssen wir mit
Bedacht an die Bestimmung unseres Schicksals herangehen. Wir werden uns Zeit
lassen, denn danach werden wir sie absolut besitzen.«
Je älter die Santoganer wurden, desto eher trat die
Wahrscheinlichkeit ein, dass sie die Auffüllung ihrer Gittergeraden nicht
überlebten. Für ihn gab es entweder den baldigen Tod oder das unendliche Leben.
Aber die jüngeren der Verbindung hatten noch nicht oft genug dem Tod ins
Gesicht gesehen. Sie wussten nicht, was Furcht war, denn ihnen war es bisher
kaum aufgegangen, wovor sie sich zu fürchten hatten.
San-Fo-Lo sagte: »Die Informationen dieses Koffers mögen für
die andere Seite von äußerster Wichtigkeit sein, da sie unsere Namen verraten
können. Aber das ist auch der Grund, weshalb wir selbst seine Öffnung mit
Umsicht angehen.« Sie wussten nicht, dass ihr Anführer Erolandar bereits durch
die Informationen des echten Köfferchens überführt worden war.
So fuhr der junge Santoganer unbeirrt fort, mit seinem
Werkzeug am Schloss herumzuhantieren. Immer wieder beäugte er es von allen
Seiten, setzte vorsichtig einige Instrumente an und klopfte und bestrich die
schwarzen Seitenteile mit dem Elektrodetektor.
Alle drei saßen in einem etwa drei Meter hohen Zelt, das sich
an der Spitze schloss und zu einem bogenförmigen Rohr verjüngte, welches zu der
Halle des Plasmabrunnens wies. Die Bewohner des Plateaus gewährten ihnen für
ihre geheimen Zusammenkünfte in ihren Zelten
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