Amarilis (German Edition)
uns.«
Die letzten Worte blieben nicht ohne Wirkung bei seinen
Zuhörern. Sich einander zunickend, aber auch einwenig beunruhigt, rückten sie
auf ihren Sitzen hin und her. Der alte Santoganer fasste sich als erster.
»Was macht dich so sicher, dass Kortgens und die Gesellschaft
an uns verkaufen wollen, Josa-Ferrnar?«
Dieser blies beinahe hochmütig die Backen auseinander. »Weil
sie von uns auf jeden Fall den alleinigen Import unseres Erdöls und auch das
alleinige Recht auf eine irdische Fluglinie garantiert bekommen werden.« auf
den fragenden Blick des anderen ergänzte er. »Mit einem unserer Schiffe natürlich,
das wir ihnen leihen. Damit bleiben sie stets von uns abhängig und werden es sich
auch später nicht einmal anders überlegen.«
Beifälliges Gemurmel entstand, aber San-Fo-Lo hatte noch eine
Frage: »Eins verstehe ich nicht ganz. Du sprachst von Besitzern der Positronen.
Hat die Erde denn nun zweierlei Rassen? Die eine über und die andere unter der
Erdoberfläche?«
Josa-Ferrnar schien zu lächeln. »Wer kennt sich schon auf der
Erde aus, wenn nicht einmal die Menschen selbst.« Er stieß ein heiseres Zischen
aus. »Es gilt zwar als unwahrscheinlich, aber sollte wider Erwarten auch unter
der Erde jemand wohnen, warum könnten wir dann nicht mit denen handelseinig
werden. Wie mit den Menschen. Dieser Planet scheint ja in der Tat bislang recht
verständnisvolle Lebewesen hervorgebracht zu haben.«
Eifriges Gemurmel setzte ein, aber Josa-Ferrnar unterbrach
die drei mit einer abrupten Armbewegung. »Für diesen Auftrag wird Rigel II mit
dem Luftschiff, das in drei Tagen zur Erde fliegt, nach Berlin gebracht.
San-Fo-Lo, das sind deine Leute. Benachrichtige sie, übermorgen müssen sie sich
am Treffpunkt Delta einfinden.«
Es war mittlerweile immer dunkler im Zelt geworden, da die
schrägen Strahlen der Abendsonne nur noch zaghaft über die Spitze des Zeltes
strichen. Die Gesichter der vier Verschwörer überzogen sich mit einem leicht
roten Schimmer, und die Falten ihre Gewänder warfen tiefe, scharfe Schatten.
»Da ist noch ein Punkt, den ich mit euch zu besprechen habe«,
erhob Josa-Ferrnar noch einmal die Stimme. »Es geht um den Professor, der angeblich
die Positronen auf der Erde gefunden haben soll.« Nachdenklich strich er sich
über die Mundöffnung. »Darüber muss ich nachher mit dir reden, San-Fo-Lo. Ob
dieses Gerücht nun wahr ist oder nicht. Auf jeden Fall muss er sterben. Denn so
wird es allen ergehen, die unserer Sache schaden. Falls du in dieser Hinsicht
von Kortgens Schwierigkeiten bekommen solltest, so wirst du auch ihn
umbringen.« Er senkte die Stimme. »Geh nun aber und sag deinen Leuten Bescheid.«
Als San-Fo-Lo das Zelt verlassen hatte, fügte er zu den
anderen gewandt hinzu: »Denn früher oder später müssen alle sterben, die von
uns wissen. Diese beiden Menschen sind erst der Anfang in einer Reihe, die dann
beendet ist, wenn wir unsere Verbindung mit ihnen endgültig durchtrennt haben.
Denn ein Leben in Unendlichkeit ist nur möglich fernab aller anderen, selbst
denen unserer eigenen Rasse. Die Ewigkeit ist einsam.« Bei den letzten Worten
lehnte er sich zurück und brach das Gespräch ab.
In diesem Augenblick kam von hinten jemand um das Zelt der Verschwörer
geschlichen und baute sich vor dem Eingang auf. Langsam tastete er sich
vorwärts. Die lange Kutte, die er trug, kennzeichnete ihn als einen der
Kranken, die auf der Hochebene hausten. Seine Ärmel waren zerrissen und die
Beinkleidung an den Enden ausgefranst. Sein Gesicht aber war verdeckt von einer
viereckigen Kapuze, die er scheinbar gegen die helle Sonnenstrahlung trug.
Josa-Ferrnar bemerkte von alledem nichts, da er nun daran
gegangen war, sich unter ein Gitterfeld aus silikater Masse zu legen und die
Augen zu schließen. ‚Logik’, dachte er, ‚ist die Konsequenz aus dem, was
bereits getan ist, nicht aus dem, was wir gerade tun. Deshalb ist alles wichtiger,
was war, als was ist. Die Pflicht der Tradition an unserem Ursprung! Der Hohe
Rat hat mit seinen Handlungen nicht mehr das Recht als Folge der Vergangenheit.
Er ist gesetzesbrüchig.’ Erschöpft und mit schwindender Konzentration glitt
Josa-Ferrnar dahin und verlor sich in einer weglosen Wolke. Von innen glühte es
bereits dunkel durch seine Haut. Seine Linke fiel schlaff auf den Boden.
Inzwischen hatte der junge Santoganer wieder begonnen, sich
dem Öffnen des Köfferchens zu widmen.
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