Amarilis (German Edition)
Unterschlupf und versorgten sie
derweil auch mit Nahrungsdosen. Eilfertig befolgten sie die Aufträge des
Verschwörerbundes und verrichteten Befehle, so gut es ihnen ihre von Auswüchsen
geschundenen Körper ermöglichten.
Erolandar hatte gesagt, dass ihre Leiden geheilt werden
könnten, wenn sie sich mit dafür einsetzten, den Rat zu stürzen. Ihre
Krankheiten würden so eine Linderung durch das Wohlsinnen der Sonne erfahren,
denn die Wissenschaft richtete sich in ihrem Denken gegen die Natur und versuchte,
sich die Belange der ewigen Gewalten selbst zu Eigen zu machen. Würden sie
vernichtet, gäbe ihnen die Sonne ihre Kraft wieder zurück, und sie wären
geheilt von Krankheit und Aussatz.
Wie immer auch die Beziehung der Wissenschaftler Santogas zu
den natürlichen Kräften des Planeten und seinen kosmischen Zusammenhängen war,
Erolandar und seine Gruppe waren in jedem Fall die einzigen, die die Kranken
überhaupt wahrnahmen und sich nicht vor ihrer Unzulänglichkeit schämten.
Diese verstanden zwar nicht die Absichten des hohen
Santoganers, aber sie merkten, dass er ihre Freudenverrichtungen an der Sonne
in jedem Maß unterstützte. Deshalb war er gut, obwohl sie zwischen Lüge und Wahrheit
nicht zu unterscheiden vermochten.
Die drei Santoganer im Zelt unterhielten sich leise
miteinander. Sie steckten ihre Köpfe zusammen, streckten ihre Hälse einzeln
vor, so dass sich diese fast um ihre eigene Achse drehten und sahen dem Jungen
zu, der nach wie vor verbissen am Koffer arbeitete.
In diesem Augenblick kam einer der älteren Kranken, dem es an
zwei Beinen mangelte, und der sich deshalb auf zwei Krücken stützte, ehrfürchtig
herein und begann, ihnen leise etwas zuzurufen. Rasch erhoben sie sich und
glätteten ihre Gewänder. Dann richteten sie ihr Augenmerk auf den Eingang.
Dieser verdunkelte sich plötzlich, und die Seitenteile wurden zurückgeworfen. Inmitten
der Öffnung stand Josa-Ferrnar. Seine große, kräftige Gestalt warf einen
breiten Schatten in die Mitte des Zeltes.
Bedächtig schritt er herein und schaute den einzelnen
Santoganern in die bernsteinerne Retina ihrer Augen. Vor dem Koffer hielt er
inne, und es schien, als wollte er jeden Augenblick etwas Wichtiges sagen. Doch
dann schnalzte er nur und stieß mit dem Fuß gegen das schwarze Metall. »Unwichtig«,
zischte es trocken aus ihm heraus, während er sich setzte.
»Wieso?« begehrte der Jüngere auf. Wie besessen zog er den
Koffer wieder zu sich heran und wollte erneut fortfahren, daran herumzumontieren.
»Was er auch immer verraten kann, es wird die andere Seite
nicht mehr erreichen. Und wir«, er sah ihn jetzt aufmerksamer an, »wir wissen
bereits, was zu tun ist.«
»Du hast etwas beschlossen?« fragte ihn San-Fo-Lo.
»Beschlossen wurde es schon von Erolandar. Ich führe nur
seine Pläne aus.« Mit undurchdringlicher Miene vergewisserte er sich der
Aufmerksamkeit der anderen. »Er hat uns im vollsten Wissen um die Geheimnisse
auf der Erde eine Order hinterlassen. Damit steht auch fest, was wir zu tun
haben. Der Koffer kann darauf keinen Einfluss mehr nehmen. Er ist für uns nur
noch insofern wichtig, als dass er sich nicht im Besitz des Rates befindet.«
Der Jüngere der Santoganer hielt in seiner Untersuchung des
Koffers inne. Gebannt hob er den Kopf und wartete die weiteren Worte des neuen
Anführers ab. San-Fo-Lo zog die tiefliegenden Augen zusammen und verharrte
unbeweglich wie das Ebenbild einer Bronzestatue. Josa-Ferrnar schien die
leichte Veränderung in der Konzentration der anderen nicht wahrzunehmen.
Zumindest überging er sie desinteressiert und kam wieder zum Thema.
»Wir werden den Kontakt zu Dr. Kortgens ausbauen. Er ist für
uns im Augenblick die Schlüsselfigur, da hinter ihm die Gesellschaft eines sehr
einflussreichen Konzerns steht. Mit ihr werden wir eine Ausweitung der Suche
nach den Positronen auf der Erde verhindern.« Er hielt kurz inne und lauschte.
Draußen war ein Geräusch zu hören gewesen, so als ob ein Stein ins Rollen
geriete. Doch als nichts weiter geschah, fuhr er schnell fort: »Kortgens soll
sich - so der Plan des Konzernbosses, den mir Erolandar über ein Geheimversteck
noch mitteilen konnte - von den möglichen Besitzern der Chemopflanze ein
Kaufrecht besorgen, mit dem er den alleinigen Handel über die Positronen
erlangt. Dieses wird dann entweder an die Leute des Hohen Rates verkauft –
oder«, er bleckte kurz die Lippen, »oder an
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