Amber-Zyklus 09 - Ritter der Schatten: der Titel
mit einem Trumpfkontakt behelligen konnte; c) weil ich möglicherweise weder vom Muster noch vom Trumpf hier unten aufgespürt werden konnte.
Ich strich mir einzelne Haarsträhnen aus den Augen und ging zur Toilette. Es war eine gute Idee gewesen, mich im Anschluß an meine eingehende Unterredung mit Dworkin von Geist hierher befördern zu lassen. Ich war sicher, daß ich annähernd zwölf Stunden lang geschlafen hatte - tief, ungestört, Schlaf von der besten Sorte. Ich kippte eine viertel Flasche Wasser in mich hinein. Dann wusch ich mir das Gesicht ebenfalls mit dem erfrischenden Naß.
Später, nachdem ich mich angezogen und das Bettzeug in der Abstellkammer verstaut hatte, ging ich in die Eingangshalle und stellte mich in den Lichtschein, der durch den Deckenschacht hereinfiel. Was ich durch diesen vom Himmel sehen konnte, war wolkenlos blau. Ich hatte immer noch Lukes Worte von jenem Tag in den Ohren, als er mich hier gefangengesetzt und ich erfahren hatte, daß wir verwandt waren.
Ich zog den Juwel der Urteilskraft aus meinem Hemd, nahm ihn ab, hielt ihn so, daß das Licht von hinten durch ihn hindurchschien, und blickte in seine Tiefe. Diesmal hatte er keine Botschaft für mich.
Sollte mir recht sein. Ich war sowieso nicht in der Stimmung für Gegenverkehr.
Ich ließ mich zu einer bequemen Sitzstellung mit überkreuzten Beinen nieder und betrachtete weiterhin den Stein. Es war an der Zeit, zur Tat zu schreiten und die Sache hinter mich zu bringen, nun, da ich mich ausgeruht und einigermaßen wach fühlte. Wie Dworkin vorgeschlagen hatte, suchte ich das Muster im Innern dieses roten Teiches.
Nach einer Weile nahm es allmählich Form an. Es erschien nicht so, wie ich es visualisiert hatte, doch dies war keine Prüfungsarbeit in Visualisierung. Ich sah zu, wie das Gebilde immer deutlicher wurde. Es war jedoch nicht so, als ob es plötzlich existent würde, sondern vielmehr so, als ob es die ganze Zeit über schon dagewesen wäre und meine Augen sich jetzt erst entsprechend einstellten, um es richtig wahrzunehmen. Vielleicht verhielt es sich tatsächlich so.
Ich holte tief Luft und stieß sie wieder aus. Und gleich noch einmal. Dann begann ich mit einer gründlichen Betrachtung des Musters. Ich konnte mich nicht an alles erinnern, was mein Vater hinsichtlich der Einstimmung auf den Juwel gesagt hatte. Als ich dies Dworkin gegenüber erwähnt hatte, hatte er mir geraten, daß ich mir deswegen keine Sorgen machen, sondern lediglich die dreidimensionale Ausgabe des Musters im Innern des Steins suchen, den Zugangspunkt finden und es durchqueren sollte. Als ich ihn bedrängte, mir Näheres zu verraten, schmunzelte er nur und wiederholte, daß ich mir keine Sorgen zu machen brauchte.
Also gut.
Langsam drehte ich den Stein, zog ihn näher heran. Ein kleiner Riß tat sich auf, rechts oben. Als ich mich darauf konzentrierte, schien er schnell auf mich zuzustreben.
Ich begab mich zu dieser Stelle, und ich ging hinein. Es war ein sonderbares achterbahnartiges Erlebnis, sich entlang der musterähnlichen Linien im Innern des Edelsteins zu bewegen. Ich folgte ihm, wohin er mich zog, manchmal mit einem Übelkeitsgefühl, als ob ich ausgeweidet würde, manchmal unter Aufbietung all meiner Willenskraft gegen die rubinroten Hindernisse, bis diese nachgaben und ich weiterkletterte, rutschte, hinfiel, aber jedenfalls mir meinen Weg vorwärts bahnte. Ich verlor das Bewußtsein für meinen Körper, während meine Hand die Kette hochhielt, außer daß ich merkte, wie ich schwitzte, da mir der Schweiß mit ziemlicher Regelmäßigkeit in die Augen tropfte.
Ich weiß nicht, wieviel Zeit während meiner Einstimmung auf den Juwel der Urteilskraft verging, die höhere Oktave des Musters.
Dworkin war der Ansicht gewesen, daß es noch andere Gründe gab, außer daß ich das Muster verärgert hatte, warum es gleich im Anschluß an die Ausführung meines seltsamen Auftrages (nachdem ich das nächstgelegene Lückenmuster geflickt hatte) unbedingt meinen Tod wollte. Doch Dworkin weigerte sich, näher auf die Sache einzugehen. Er hatte offenbar das Gefühl, wenn ich den Grund kennen würde, könnte das eine mögliche zukünftige Entscheidung beeinflussen, die ich frei treffen sollte. All das hörte sich für mich wie Blabla an, obwohl alles andere mich als außergewöhnlich vernünftig beeindruckt hatte, im Gegensatz zu dem Dworkin, den ich aus der Überlieferung und vom Hörensagen kannte.
Mein Geist sprang und wand sich durch den
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