Amber-Zyklus 10 - Prinz des Chaos: der Titel
ebensowenig, zumindest im Augenblick. Aber ich rate dir, nicht zu vergessen, was ich gesagt habe. Wenn die Zeit kommt, mußt du eine Entscheidung treffen. Ich habe keine Ahnung, was alles davon abhängt, aber sie wird von großer Bedeutung sein.«
»Sie hat recht«, bestätigte eine Stimme hinter mir.
Als ich mich umdrehte, sah ich meinen Vater innerhalb eines glänzenden schwarzen Rahmens mit einer silbernen Rose obendrauf.
»Corwin!« hörte ich Fiona sagen. »Wo bist du?«
»An einem Ort, wo es kein Licht gibt«, antwortete er.
»Ich wähnte dich eigentlich in Amber, Vater, zusammen mit Deidre«, sagte ich.
»Die Geister treiben gerne Geisterspiele«, erwiderte er. »Ich habe nicht viel Zeit, da meine Kraft gering ist. Ich kann dir nur das eine sagen: Trau dem Muster nicht, ebensowenig wie dem Logrus oder irgendeinem Gezücht von ihnen, bis die Angelegenheit erledigt ist.«
Er verblaßte.
»Wie kann ich dir helfen?« fragte ich.
Die Worte »... in den Burgen«, erreichten mich, bevor er ganz verschwunden war.
Ich wandte mich wieder um.
»Fi, was meinte er damit?« erkundigte ich mich bei ihr.
Sie runzelte die Stirn.
»Ich neige zu der Ansicht, daß die Lösung irgendwo in den Burgen liegt«, antwortete sie langsam.
»Wo? Wo soll ich suchen?«
Sie schüttelte den Kopf und drehte sich um.
»Wer müßte das am besten wissen?« sagte sie.
Dann war auch sie verschwunden.
Immer noch riefen mich Stimmen, von hinten, von oben. Ich hörte Weinen und Lachen, und mein Name wurde ständig wiederholt. Ich eilte weiter.
»Was auch geschehen mag«, sagte Bill Roth, »wenn du einen guten Anwalt brauchst, laß mich nur machen - sogar im Chaos.«
Und dann erschien Dworkin, der mich aus einem winzigen Spiegel mit einem verbogenen Rahmen anblinzelte.
»Kein Grund zur Beunruhigung«, bemerkte er, »wenn auch alle möglichen Unwägbarkeiten in der Gegend herumschweben.«
»Was soll ich denn machen?« rief ich.
»Du mußt etwas Größeres werden, als du selbst bist.«
»Das verstehe ich nicht.«
»Entfliehe dem Käfig, der dein Leben ist.«
»Welchem Käfig?«
Er war verschwunden.
Ich rannte weiter, und ihre Worte tönten um mich herum.
Nahezu am Ende des Korridors war ein Spiegel, der wie ein auf einen Rahmen gespanntes Stück gelbe Seide aussah. Der Cheshire-Kater grinste mich daraus an.
»Es ist die Sache nicht wert. Zum Teufel mit ihnen allen«, sagte er. »Komm ins Kabarett, alter Freund. Wir ziehen uns ein paar Drinks rein und sehen dem Mann beim Malen zu.«
»Nein!« rief ich. »Nein!«
Dann war nur noch ein Grinsen da. Diesmal schwand mir das Bewußtsein. Eine gnadenreiche schwarze Leere senkte sich auf mich herab, begleitet vom Rauschen des Windes.
- 3 -
W ie lange ich schlief, weiß ich nicht. Ich wurde dadurch geweckt, daß Suhuy immer wieder meinen Namen rief.
»Merlin, Merlin, der Himmel ist weiß.«
»Und ich habe einen geschäftigen Tag vor mir«, antwortete ich. »Ich weiß. Ich habe auch eine geschäftige Nacht hinter mir.«
»Dann ist es also bei dir angekommen.«
»Was?«
»Ein kleiner Zauber, den ich dir geschickt habe, um deinen Geist einer gewissen Erleuchtung zu öffnen. Ich hoffte, dich zu Antworten aus deinem Inneren zu führen, anstatt dich mit Mutmaßungen und Verdächtigungen zu belasten.«
»Ich befand mich wieder im Korridor der Spiegel.«
»Ich wußte nicht, welche äußere Form die Sache annehmen würde.«
»War es Wirklichkeit?«
»So, wie derartige Dinge meistens ablaufen, ist das anzunehmen.«
»Na ja, ich danke dir - nehme ich mal an. Das erinnert mich daran, daß Gryll erwähnt hat, du wolltest mit mir reden, bevor ich meine Mutter sehe.«
»Ich wollte herausfinden, wieviel du weißt, bevor du ihr gegenübertrittst. Ich wollte dir deine Entscheidungsfreiheit bewahren.«
»Was redest du da?«
»Ich bin sicher, daß sie dich auf dem Thron sehen möchte.«
Ich richtete mich auf und rieb mir die Augen.
»Könnte sein, daß das stimmt«, sagte ich.
»Ich weiß nicht, inwieweit sie bereit ist, in den Lauf der Dinge einzugreifen. Ich wollte dir Gelegenheit geben, dir über deine eigene Einstellung klar zu werden, bevor du ihren Plänen ausgesetzt bist. Hast du Lust auf eine Tasse Tee?«
»Ja, danke.«
Ich nahm einen Becher entgegen, den er mir reichte, und hob ihn zu den Lippen.
»Was weißt du von ihren Wünschen, das über eine reine Vermutung hinausgeht?« fragte ich.
Er schüttelte den Kopf.
»Ich weiß nicht, wie zielstrebig sie ihr Programm
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