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Ambient 03 - Ambient

Ambient 03 - Ambient

Titel: Ambient 03 - Ambient Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Womack
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ich. »Oder wenn wir heute nachmittag beide hierher gekommen wären?«
    »Ich kenne meinen Sohn auch, O'Malley«, sagte er. »Ich wußte, daß die Gefahr des Eintretens dieser Möglichkeiten gleich Null war.«
    Ich begann zu verstehen, daß er mich nun, nachdem ich das große Schaufenster wieder in Ordnung gebracht hatte, bald fortschicken würde, damit ich durch mein Verbleiben nicht neue Unordnung hineinbrächte. Zu sagen, daß ich in diesem Augenblick entmutigt war, wäre eine ausgesprochene Untertreibung. Aber ich hatte noch immer die Wahl, welche Frage ich als nächste stellen wollte, ob sie zu einer Antwort führen würde oder nicht, und so wandte ich mich zu Avalon.
    »War es dir jemals ernst mit dem, was du sagtest?«
    Sie sagte nichts; wandte sich weg, als hoffte sie sich durch die Nichtbeantwortung in Luft aufzulösen.
    »Es ist besser, geliebt und verloren zu haben, als niemals geliebt zu haben, O'Malley. Das sage ich immer. Verstehen Sie nun, was ich meine, insgesamt? Ganz gleich, wie klug einer es anfängt, irgendeine Dummheit kommt immer dazwischen. Sie hätten am Samstag einfach zum Flugzeug hinausfahren sollen, Junge.«
    »Ich weiß«, sagte ich.
    »Aber ich bin noch immer neugierig auf ein paar Einzelheiten«, sagte er. »Hat er sich gewehrt?«
    »Nein«, sagte ich. »Renaldo tat es.«
    »Dann haben Sie beide verarztet?«
    »Renaldo.«
    »Was haben Sie mit …«
    »Ich habe nicht.«
    Des Alten Mannes Blick schien die Orientierung zu verlieren. »Wie meinen Sie das?«
    »Er tötete sich selbst.«
    »Nein! Wie?«
    »Hatte etwas von Jakes Gift. Nahm es.«
    »Warum? Was machten Sie mit ihm?«
    »Nichts«, sagte ich. »Ich sagte ihm, daß ich hierher fahren würde, und daß er mit mir kommen müsse.«
    »Aber warum sollte er solch eine Dummheit …«
    »Er hatte Angst.«
    Der Alte Mann schaute nachdenklich drein. Vielleicht überlegte er, wie er beim Sprechen seine Gesichtszüge am besten ordnen könne. Er ging wieder zu seinem Schreibtisch und setzte sich. Er legte die Hände ineinander und mit den Unterarmen auf die Schreibtischplatte.
    »Angst wovor?« fragte er.
    »Angst vor dem, vermute ich, was Sie in diesen Aktenschränken aufbewahren.«
    Sofort spürte ich, daß ich ihn hatte, in einer Weise; daß ich, selbst wenn ich Avalon verlöre – und nach ihrem Verhalten und dem zu urteilen, was sie getan hatte, gab es daran keinen Zweifel mehr –, wenigstens einen gewissen Einfluß auf mein weiteres Geschick behalten würde. Sein Gesicht verlor gerade genug Farbe, um zu verraten, daß dies ein Gegenstand war, von dem er nicht erwartet hatte, daß er zur Sprache kommen würde.
    »Nun, was verwahre ich seiner Meinung nach darin?« fragte er in ruhigem Ton, und dünn mit der Farbe der Vernunft übertüncht.
    »Er erwähnte insbesondere eine Sache«, sagte ich. »Es hörte sich recht interessant an.«
    Hätte der Alte Mann mit Sicherheit gewußt, daß seine Geheimnisse dem dahingeschiedenen Sohn unbekannt gewesen waren, so hätte er meine wachsende Selbstgefälligkeit wie eine Luftblase zerplatzen lassen; er tat es nicht. Mir wurde bewußt, daß Mister Dryden entweder erheblich mehr darüber gewußt hatte, als er mir gegenüber zuzugeben bereit gewesen war, oder daß er wirklich nichts gewußt hatte, sondern es den Alten Mann nur hatte glauben machen wollen. Ich rieb mir Schweiß von der Stirn; meine Kopfwunde brannte.
    »Wirklich?« sagte der Alte Mann. »Worum handelte es sich?«
    »Allgemeines«, sagte ich, »und Besonderes. Je nachdem.«
    »Was erzählte er Ihnen, O'Malley?«
    »Was er wußte«, sagte ich. »Ich glaube, es steckt noch mehr dahinter. Sie könnten es wissen.«
    »Da haben Sie wahrscheinlich genug beisammen, um eine gute Geschichte daraus zu machen«, sagte er. »Schade, daß niemand sie je hören wird.«
    »Man könnte es lesen«, sagte ich. Der Zeitpunkt war richtig, die Wahrheit, soweit sie mir bekannt war, in eine erfreulichere Form zu bringen. »Er schrieb einiges davon für mich nieder. Mit Unterschrift und allem, bevor er …«
    »Und Sie haben die Niederschrift nicht zufällig bei sich, nehme ich an«, sagte der Alte Mann.
    »Ich fürchte nein«, antwortete ich, besorgt, daß etwas in meiner Miene oder meiner Stimme mich verraten würde. »Sie ist an einem sicheren Ort, wo sie früher oder später auftauchen wird.«
    Der Alte Mann schien in tiefes Nachdenken versunken. Es war beängstigend, denn der schrecklichste Glanz erleuchtete seine Augen wie von innen. »Nun, er ist ein

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