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Ambient 03 - Ambient

Ambient 03 - Ambient

Titel: Ambient 03 - Ambient Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Womack
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hätten, würden Sie kaum in einem Zustand sein, sich zu beklagen, nicht wahr?« Die Flamme des Wohlwollens ließ seine Stimme knistern. »Sie sehen aus, als hätte man sie durch die Mangel gedreht, O'Malley. Was ist aus Ihren Ohren geworden, Junge? Hat jemand Geschmack daran gefunden und sie abgebissen?«
    »Ich habe sie verloren«, sagte ich. »Aber ich höre ausgezeichnet.«
    »Sie hängen zuviel bei Ihrer Schwester und ihren Freunden herum, wenn Sie mich fragen. Nun, wenn Sie Ihre Ohren nicht brauchen, ich brauche sie gewiß nicht.« Er sah mich augenzwinkernd an. »Mein Junge ist tot, nicht wahr?«
    »So ist es.«
    Er schloß einen Moment lang die Augen, dann wandte er sich zu Avalon und schlug sich aufs Knie.
    »Die hast du gewonnen, gottsverdammich«, sagte er zu ihr. »Wir werden die Rechnung später begleichen, natürlich.«
    »Und ob wir das werden«, sagte sie.
    »Ich habe immer gern gewettet«, sagte er. »Vorausgesetzt, alle Pferde tragen meine Farben.«
    »Dann geht's dir also gut?« fragte ich Avalon – aber ich meinte es nicht als eine Frage, und sie hatte offenbar nicht die Absicht, darauf zu antworten. Sie spielte mit dem Papierschirm, der ihr Getränk vor Staubfall schützte, besah die Muster im Eis, als könnte sie daraus die Zukunft lesen. Meinem Blick wich sie aus, als ob einer von uns zu Stein werden könnte, wenn unsere Blicke einander trafen.
    »Es geht ihr großartig«, sagte der Alte Mann, stand auf und reckte die Arme über den Kopf. »Habe ich recht, Schatz?«
    »Natürlich«, murmelte sie.
    Da ich für meine Hände in der überschaubaren Zukunft keine mögliche Verwendung für Gesten wußte, seien es solche der Liebe oder des Todes, steckte ich sie in die Taschen, als ob ich, wenn sie ungesehen blieben, vergessen könnte, daß sie mein waren, und mithin kein Bedauern verspürte, daß ich sie nicht gebrauchte. »Würde jemand mir erzählen, was vorgeht?« fragte ich.
    »Sie sind wahrhaftig ein hilfreicher Mann, O'Malley«, lachte er. »Verflucht und zugenäht. Leicht zu sehen, warum mein Junge Sie immer bei sich haben wollte.«
    »Freut mich sehr. Würden Sie jetzt bitte …«
    »Beruhigen Sie sich, O'Malley! Nehmen Sie ein gottverdammtes Kompliment dafür, was es ist. Starke Männer wissen gewöhnlich nichts mit Komplimenten anzufangen. Ich hatte natürlich nie irgendwelche Probleme.«
    Er blickte zum Fernseher und lachte laut auf.
    »Es geht los«, sagte er. »Passen Sie auf. Es gibt doch immer irgendeinen Trottel, der es versuchen muß. Jetzt passen Sie auf!«
    Eine Unterhaltungsschau hatte angefangen. Im Vordergrund der grellbunt aufgeputzten Bühne stand ein großer, transparenter Zylinder; in ihm führten von vorn und hinten mehrere durchsichtige Rohre. Der Gastgeber öffnete die Tür, die in den Zylinder führte und lud den Endspielteilnehmer – einen Mann mittleren Alters in einem hellgrünen Overall – zum Einsteigen ein.
    »Er soll soviel Geld auffangen, wie er in einer Minute kann«, sagte der Alte Mann. »Geben Sie acht!«
    Der Mann, von seinem Glück zu Überaktivität angestachelt, sprang in dem Zylinder herum, als wollte er mit ihm davonfliegen. Glocken ertönten; Hartgeldrollen schossen wie Granaten durch die Rohre in den Zylinder. Die erste, nach der er griff, brach ihm die Finger; sie hingen baumelnd von seiner Hand. Einen Augenblick kam ein Ausdruck von Verblüffung in seine Züge, als ginge ihm auf, daß etwas nicht erklärt worden war, als er den Rechtsmittelverzicht unterschrieben hatte. Eine weitere Geldrolle zerschmetterte ihm das rechte Knie und prallte ab. Er sackte gegen die gerundete Wand des Zylinders; eine dritte knallte ihm zwischen die Augen und fällte ihn. In rascher Folge wurden weitere Hartgeldrollen mit hoher Geschwindigkeit in den Zylinder geschossen und trafen ihn wieder und wieder. Der Gastgeber bleckte die Zähne; die Kamera schwenkte zum wiehernden Publikum, um zuletzt noch einmal den nun undurchsichtig gewordenen Zylinder ins Bild zu bringen.
    »Ich habe Ihnen viel zu danken, O'Malley«, lachte der Alte Mann, schüttelte den Kopf und schaltete den Fernseher mit seiner Fernbedienung aus. »Wissen Sie das?«
    »Nein«, sagte ich. »Warum?«
    Ich nahm in einem breiten Sessel bei seinem Schreibtisch Platz. Meine Rippen schmerzten, wenn ich atmete; die Stützbandagen, die ich noch in Mister Drydens Büro angelegt hatte, linderten nur den schlimmsten Schmerz.
    »Was zu trinken?« fragte er, ging gemächlich zu seiner Bar und nahm eine Karaffe von

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