Ambient 03 - Ambient
bißchen weiter gegangen, als ich dachte.«
»Weit genug«, sagte ich.
»Für eine Geschichte wie diese würden Sie natürlich erhärtende Beweismittel benötigen«, sagte er. »Andernfalls würde man sie als das Erzeugnis einer überhitzten Phantasie abschreiben.«
»Vielleicht nicht«, sagte ich.
»Aber wahrscheinlich doch. Sicherlich werden Sie sich vergewissern und sehen wollen, ob Sie irgendwelche Beweise ausgraben können, die vielleicht herumliegen könnten, nicht wahr?«
»Das wäre eine gute Idee, glaube ich.«
Er griff in die Hosentasche; ich sah, daß er nicht irgendeine Art von Waffe herauszog, und meine Furcht begann nachzulassen – ein wenig.
»Warum sehen Sie dann nicht nach?« sagte er und warf mir einen kleinen Schlüsselbund zu; ich fing ihn auf und hätte ihn beinahe auf den Boden fallen lassen, so zitterte mir die Hand. »Man kann nie wissen, was Sie darin finden mögen.«
»In diesen Aktenschränken?«
»Gehen Sie hin und überprüfen Sie, was Sie wollen, wenn Sie so neugierig sind. Es macht mir nichts aus.«
Ich hielt die Schlüssel in der Hand; sah zu den Aktenschränken. Er sah ganz friedlich aus und hielt meinem prüfenden Blick mit Leichtigkeit stand. »Im Ernst?« fragte ich.
»Die Büchse der Pandora, O'Malley. Machen Sie sie auf und sehen Sie zu!«
Ich ging zu den Ablageschränken, schloß die oberste Schublade zur Linken auf und zog sie heraus. Sie klemmte, als würde sie nur selten bewegt. Der Alte Mann fuhr fort, mich anzustarren, ein knappes Lächeln um den Mund. Avalon und Jimmy sahen zu.
»Nur zu! Die meisten von ihnen beißen nicht mehr allzu kräftig. Haben mit den Jahren die meisten ihrer Zähne verloren.«
Die Schublade war bis oben hin vollgestopft mit Schnellheftermappen und Computerausdrucken in schwarzen Kästen, Dossiers und Notizbücher und Videokassetten in schützenden weichen Kunststoffhüllen. Ich zog eine Schnellheftermappe heraus und durchblätterte sie, um zu sehen, was für Dinge er hier verwahrte.
»Sie sehen enttäuscht aus, Junge«, sagte er. »Was haben Sie da?«
Das Etikett auf der Schnellheftermappe war beschriftet mit OSWALD, LEE H. Ein Autopsiebericht darin war 1979 datiert.
»Sehen Sie nur weiter!« sagte der Alte Mann.
Als ich die Akten mit zunehmender Eile durchsah, begann ich die Idee zu entwickeln, daß Geschichte, wie sie mir in der Schule gelehrt worden war, offensichtlich eine Fiktion und nicht eine der Wahrheit verpflichtete Wissenschaft war. Alles, was ich sah, schien seltsam schief, als ob ich es in einem Traum sähe. Ich zog einen dicken Ordner über die Q-Dokumente, die Geschichte ihrer Entdeckung und die Berechtigung ihrer Authentizität hervor. Ich hatte immer geglaubt, mich zu erinnern, wann sie gefunden worden waren, aber das schien nicht der Fall zu sein; nach den Papieren, die ich las, waren sie um 1950 entdeckt worden. Anscheinend hatte man ursprünglich beabsichtigt, sie niemals zur Veröffentlichung freizugeben. Im Anhang der Akte befanden sich mehrere Berichte über Ereignisse während der Christlichen Periode und mehrere Briefe, die der Alte Mann an den Präsidenten geschrieben hatte – bei genauerem Hinsehen bemerkte ich, daß es sich um Protokolle von Gesprächen zwischen ihnen handelte, und nicht um Botschaften.
»Wie sind Sie an dieses Zeug gekommen?« fragte ich ihn, während ich las. »An die Q-Dokumente, meine ich.«
Er lehnte sich in seinem Sessel zurück und neigte den Kopf auf die Seite, als ob ein neuer Blickwinkel seiner Erinnerung aufhelfen könnte. »Dieser Bastard Charly«, sagte er unter Anspielung auf den damaligen Präsidenten. »Der dümmste Hundesohn, der je im Weißen Haus gesessen hat, und das will was heißen. Sehen Sie, als er für die Präsidentschaft kandidierte, dachte er, er könnte sich eine breitere Wählerbasis schaffen, wenn er alle religiös empfindenden Leute und vor allem die Prediger hinter sich brächte. Viele von ihnen wollten selbst für das Amt kandidieren, und auf diese Weise gedachte er ihre Bestrebungen zu unterlaufen. Nun, das tat er. Das einzige Problem war, daß er nach der Wahl anfangen mußte, seine Versprechungen einzulösen. Sein Moralgefühl kam immer im ungünstigsten Augenblick zum Durchbruch.«
Manche hatten den Long Island-Unfall als die letzte Warnung der Gottheit angesehen, bevor sie die Dinge ein für allemal regeln würde. Auf Betreiben des Präsidenten fand sich im Kongreß eine Mehrheit für die Gesetzentwürfe zur Aufhebung der Trennung von Kirche
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