Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ambient 05 - Elvissey

Ambient 05 - Elvissey

Titel: Ambient 05 - Elvissey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Womack
Vom Netzwerk:
Augen und sah nichts.
     
    Nachmittags um eins war ich behandelt worden und lag zur Genesung gebettet in Montefiore. Man hatte mich während der Prozedur anästhesiert; als ich zu mir kam, sah ich meinen Mann in der Nähe. Er hatte mich morgens ins Hospital gebracht, nachdem er mich nach ihm schreien gehört hatte.
    »Ich bin entblindet …« sagte ich; es schmerzte genauso, mich selbst sprechen zu hören wie zu sprechen, also verstummte ich wieder. Nach einem weiteren Moment gewöhnte ich mich an den anhaltenden Schmerz, der meinen Kopf erschütterte, und sprach erneut zu John. »Was ist mit mir geschehen?«
    Mein Mann schien in ein Engelsgewand gekleidet; er war von Kopf bis Fuß in Weiß gehüllt. Als er antwortete, filtrierte und distanzierte die Maske seine Stimme so sehr, daß sie wie von einer Seancerunde zu stammen schien, und momentlang frage ich mich, ob ich gestorben war. Die Vorstellung, daß der Himmel einem Hospitalzimmer ähneln könnte, erschien völlig natürlich.
    »Du bist lebensfähig, Iz«, sagte er und griff durch den desinfizierenden Schild, der über meinem Bett hing, schlüpfte seinen Arm in die angebrachte Einfaltung, so daß er meine Hand mit latexumhüllten Fingern streicheln konnte. »Gottheit sei Dank. Man sagte, du würdest anschließend wieder gesund sein. Ich glaubte es nicht. Ich dachte, du würdest mich alleinlassen.«
    »Was geschah?«
    »Beruhige dich, Iz. Die Genesung schreitet voran. Du wirst abends entlassen, heißt es.«
    »Was ist mit meinen Augen geschehen?« fragte ich. »Warum konnte ich nichts sehen?«
    »Nicht deine Augen«, sagte er. »Man versuchte Erklärungen. Behauptete, der Diagnostiker wäre nicht auf das, was sich zeigte, programmiert. Jetzt wurde es weggebrannt, du bist behandelt …«
    »Mein Baby …?«
    »Nein«, sagte er und zog seinen Arm aus der Umhüllung, entzog mir seine Berührung. »Deine Kopfschmerzursache. Nach der Betäubung wurdest du gescannt, und man stellte einen Tumor fest. Hinter dem Stirnbeinlappen, drückte gegen den Optiknerv. Jetzt ist er weg.«
    »Ich war verkrebst?«
    »Ja«, sagte er. »Aber nicht mehr. Liebe, Iz. Ich liebe dich …«
    »Bekannt«, sagte ich. »Was verursachte es? Haben sie verraten?«
    »Sie untersuchen.«
    »Wir müssen reden, John«, sagte ich, als ich mich an die Ereignisse der vergangenen Nacht erinnerte.
    »Wir werden. Zwischenzeitlich werde ich trösten. Ich werde pflegen. Vergib mir, Iz.«
    Es gab noch nicht genug Grund, es nicht zu tun; trotz der Durchsichtigkeit des Zeltes sah ich nicht den Schein seiner Augen, als er sprach. »Vergeben. Dennoch müssen wir reden …«
    »Wir werden«, sagte er. »Später. Ruhe, Iz. Ruhe.« Einige Zeit danach las ich vom Gehirntumor eines Kindes, in dem bei der postmortalen Biopsie die Keime von sieben winzigen Zwillingsgeschwistern gefunden wurden, die intrauterin den Weg verloren hatten. Kein Werk der Fötalkunst kam solch einer spektakulären, wenn auch kleinformatigen Darstellung gleich. An jenem Nachmittag, lange bevor ich von einer solchen Entdeckung gehört hatte, blickte ich einwärts und stellte mir meinen eigenen Zwilling vor, der ohne mein Wissen in mir lebte und Trost in meinem Kopf gesucht hatte; ich fragte mich, warum er so lange gewartet hatte, um mir von seiner Anwesenheit Kenntnis zu geben, und dann fragte ich mich, wie ihm zu seinem Wachstum verholfen worden war.
     
    Mehrere Tage später nach der Enthospitalisierung besuchte ich Judy. »Haben sie den vermutlichen Auslöser nicht bestimmt, oder haben sie ihn nicht verraten?« fragte sie; Glöckchen klingelten und kontrapunktierten ihre Worte.
    »Beides ist wahrscheinlich«, sagte ich, berührte meinen Kopf, strich über meine Narbe und fingerte meine Stoppeln. Sie hatten mich rasiert, um Laserverbrennungen während der Operation vorzubeugen. Leverett hatte mehrere Perücken ins Hospital geschickt, blonde Mähnen verschiedener Länge; ich zog meine Stoppeln vor und ging kopfnackt. »Vielleicht werde ich nebenbei paranoid …«
    »Paranoia ist angebracht«, sagte Judy. »Folgendes habe ich bis jetzt herausgefunden. Das Klinikschweigen über Demelanin. Deine Ärzte sind sogar noch ausweichender als meine. Montefiore behauptet, daß die Brixton-Studien gegenwärtig nicht verfügbar sind. Alice will ihr Netzwerk nicht beanspruchen oder erzählt nicht, ob sie es getan hat. Meine Laborkollegen kennen die Bonbons nicht, die er dir direkt gegeben hat, obwohl sie sie für kaum mehr als einen Beschleuniger halten. Das

Weitere Kostenlose Bücher