Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ambient 05 - Elvissey

Ambient 05 - Elvissey

Titel: Ambient 05 - Elvissey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Womack
Vom Netzwerk:
leid.« Vielleicht wandten alle, die mit solcher Behauptung zu ihr kamen, zuerst diesen Spruch an, um sich zu entverzagen; Tanya schien zu verstehen und rücklenkte unser Gespräch. »Meine Arbeit spricht dich an?«
    »Sie ruft laut, aber ich weiß nicht, was sie sagt.«
    »Hör weiter zu.«
    »Wie hast du …« begann ich zu fragen. »Warum hast du? Angefangen, meine ich.«
    »Mein Mann türmte vor vierzehn Jahren, als wir in Chicago lebten«, sagte sie. »Anschließend stellte ich fest, daß ich schwanger war, und hatte weder Geld noch Kontakte, um eine Abtreibung einzuleiten. Der Gesundheitsdienst scannte mich und sagte eine Totgeburt voraus. Ich tagesschichtete währenddessen in einer Fabrik, die Autobatterien herstellte. Du kannst dir die Bedingungen vorstellen. Ich spucke immer noch jeden Morgen Staub. Eines Abends nach Arbeitsschluß gab es einen Sandsturm, und die E1 war gesperrt. Ein Frauentaxi richtung Stadt bot mir eine freie Mitfahrt an. Ich war im siebten Monat und zeigte Schmerzen. Sie fragte, ob ich irgendwelche Probleme hätte. Ich strömte über, wußte aber nicht, warum. Wir hielten an einem Imbiß, und ich redete mit ihr. Appellierte eher. Verfluchte den Mann, der gezeugt hatte und geflüchtet war. Verfluchte die Regierung, die verlangte, daß ich das Tote gebar. Verfluchte die Welt, die durch ihre Gifte den Tod meines Kindes garantierte, solange es in mir gefangen war. Sie sagte, sie verstünde. Ich weinte erneut.
    Ihr Name war Dianne. Sie führte mich zur Toilette des Lokals. Ich erinnere mich, die Ratten in den Wänden scharren gehört zu haben, als sie ihr Hemd hob. Sie hatte einen Kaiserschnitt; sie hatte sich eine kurzstengelige Rose auf die Narbe tätowieren lassen. Sie strich sich ihr Kopfhaar zurück und ließ ihre Ohrringe blitzen. Sie sahen zuerst wie goldene Insekten aus, aber als ich genauer hinschaute, erkannte ich, daß es kleine Hände waren. Dianne erzählte mir, daß es ein paar Frauen gab, die ich treffen sollte.
    Ich besuchte sie in der nächsten Woche in ihrer Wohnung in einem alten Gebäude an der North Clark Street. Sie hatte die Fenster mit Handtüchern verstopft, um den Sand abzuhalten. Es waren noch fünf weitere außer Dianne. Alle hatten abgebrochen, nachdem man sie schwanger gelassen hatte, und alle hatten zu Hause geboren. Sie waren unabhängig einsichtig geworden, sagten sie mir; als sie anschließend erkannten, was sie tun konnten, suchten sie nach anderen, in denen sie wahrnahmen …« Tanya hielt inne; nippte an ihrem Kaffee, während sie ihre Worte bedachte. Sie sah zu ihrer Tochter hinüber, bevor sie fortfuhr. »Man kann Gewalt und Vergeudung nicht allein um der Ästhetik willen beschönigen, dazu ist etwas mehr nötig. Was wir tun ist also, den Zorn zu nehmen, den die Gewalt erweckt, und aus den Überresten etwas Klares zu machen, das stark genug ist, um vertraut zu sein.
    Mehr als das. Denk dran, meine Liebe, du wirst das Baby, das in dir wächst, um so mehr lieben, wenn du weißt, daß es nur lebt, solange es in dir ist. Es könnte eine neunmonatige Bestattung werden, wenn du negativierst. Aber heutzutage würden so viele sagen, daß das ganze Leben nur eine Totenwache ist, während der deine Lieben schließlich hören können, was hinter ihrem Rücken über sie gesagt wird. So …« Mit schwieligen Händen rieb sie sich die Augen; stellte ihre leere Tasse auf den Tisch. »So haben wir uns gefunden. Keine von uns war eine Künstlerin. Später dechiffrierten die Theoretiker, was wir popularisiert hatten. Sie semiographierten uns, aber wir antworteten nicht. Wir wußten nur, daß wir verdammt wären, wenn wir nur für das Begräbnis gebärten. Unsere Kinder hatten etwas Besseres verdient. Auf diese Weise schenkten wir das Leben, das wir nicht gebären konnten.«
    »Dennoch hast du deine Tochter geboren …«
    »Erinnerungen haben ihre Heimat«, sagte sie und sah sich in ihrem Atelier um. »Aber die Kunst pflanzt sich nicht so gut wie das Leben fort. Verstehst du? Wenn ich nicht diese Entwürfe unternommen hätte, hätte ich nicht so sehr ein Kind haben wollen. Wäre auch nicht in der Lage gewesen, es mir leisten zu können. In meiner Kunst versuche ich das Nichtästhetische zu ästhetizieren. Schmücke Säue mit Perlen. Kleide Parkuhren in Pelze, Ich machen den Schmerz, den ich erlebt habe, erträglich, für andere, doch immer auch für mich selbst. Ich glaube, daß das oft nicht verstanden und selten geschätzt wird.« Sie seufzte. »Kritiker.«
    »Ich

Weitere Kostenlose Bücher