Ambient 05 - Elvissey
umzugestalten, um es seinen Träumen anzupassen.«
Die alte 59ste Straße war verschwunden; das Plaza Hotel, einstmals das Midtown-Hauptquartier der Home Army, wirkte verkommen, nachdem sich die grüne Farbe von den Ziegeln gelöst hatte. Ein trockener Springbrunnen stand vor dem verbretterten Eingang, ein Dutzend lag schlafend im Stadion unter der Regendecke. Die Gebäude zeigten die Pockennarben dreißigjährigen Beschusses; Hunderte lagerten unter ihren narbigen Fassaden, einige in Kisten wie zum Abtransport. Der Rauch von ihren Feuern verdickte die wolkige Luft, und als wir uns südwärts wandten, mochte ihnen unser Fahrzeug wie eine Vision erscheinen, als hätten wir im Fahren den Alekhine eingesetzt oder wären zufällig an einen Punkt geraten, wo die Zeit in sich selbst zurücklief und unseren Wagen in ihre Gegenwart möbiusfaltete.
»Ihr laßt zu, daß Menschen so leben?« fragte E. »Wir würden niemals …« Bevor er sagte, was er nach meiner Überzeugung hatte sagen wollen, hielt er inne, um nicht damit herauszuplatzen. »Wir würden niemanden jemals so schlecht behandeln.«
»Es ist erwiesen, daß ihr es doch getan habt«, sagte Leverett. »Unwesentlich. Sie leben nun einmal so. Wir lassen sie leben. Das ist ein feiner, aber deutlicher Unterschied.«
Wir wandten uns an der 50sten in weitem Bogen rechtswärts, um heruntergefallenen Ampeln und einem vor Monaten umgestürzten Lieferwagen auszuweichen. Drycos alter Komplex war immer noch gesichert, obwohl unsere Firmenwächter durch nicht-reoptimierbare Jungs von der Army ersetzt worden waren. Ich kochte, als ich ihre fette Großkotzigkeit mit plötzlich dreißig Jahre jüngeren Augen sah; ich fühlte mich in eine andere Zeitfalte versetzt, und wieder war ich eins der Myriaden von kleinen Zielen von Washingtons Heights, das sich zwischen Hauseingang und Straße bewegte, während die Grünärsche vorbeimarschierten. Lange Streifen Computerausdrucke flatterten zwischen unseren Füßen, als wir uns über den Gehweg dem Eingangsportal näherten.
»Ich dachte, es steht leer«, sagte ich zu Leverett, als er seine Karte durch den Eingangsschlitz schob und die Türen entriegelte.
»Nicht vollständig.«
Unsere Schritte klangen wie die einer Menge auf dem ungewachsten Boden der Eingangshalle, während wir auf den Lift zugingen. Weder Klimaanlage noch Luftentfeuchter waren eingeschaltet; das Gebäude war tot, ohne Geräusche eines Kreislaufs, als erwartete es eine verspätete Autopsie. Schimmel fügte den Wandgemälden neue, unerwartete Muster hinzu. Wir stiegen in den Lift und erhoben uns dreiunddreißig Etagen hinauf; stiegen aus und betraten einen langen Durchgang, der zwischen Reihen überhäufter Schreibtische hindurchführte.
»Gestern habe ich über das nachgedacht, was gesagt wurde«, begann Leverett, ohne klarzumachen, ob er uns individuell oder gemeinsam ansprach. »Die mir mitgeteilten Meinungen erfordern eine Aussprache, da sie leider unzulänglich sind.«
»Seien Sie nicht so herablassend, Leverett …«
»Gottheit bewahre. Gemeint ist, daß die Verwirrung verständlich ist. Wie kann jemand datenlos zu Entscheidungen kommen?« Er schulterzuckte. »Schwierig oder überhaupt nicht. Also ist Aufklärung dringlich, bevor Drohungen in Aktionen umgesetzt werden.«
»Detaillieren«, sagte ich.
»Keine altruistischen Aktionen«, sagte Leverett. »Vor Jahren bin ich immer wieder verstummt, wenn ich Meinungsverschiedenheit bemerkte, weil ich im Schweigen größere Zweckdienlichkeit sah. Größere heißt entweder viel bedeutender als man selbst oder zweckdienlicher für einen selbst. Wenn die Absichten zwischen Selbstsucht und Besorgnis konkurrieren, werden sie bald einen Bogen schlagen und sich endwärts treffen. Wenn ich also eure Klagen höre, bin ich mitfühlend. Dennoch erkennt der Weise, daß der Moment der Unterwerfung, wenn er da ist, nicht verpaßt werden sollte.«
»Worauf wollen Sie hinaus, Leverett …?«
»Dryco bereitet sich vor, die Gesellschaft horizontwärts zu führen«, sagte er. »Eine lichte Zukunft erwartet. Ihr seid Teil dieser Zukunft, wenn ihr euch für sie entscheidet. Dieses Projekt ist für unsere Zukunft notwendig, da es uns in die Lage versetzt, Ressourcen nutzbar zu machen, die bislang unerschlossen waren; das heißt, sobald die Präsentation stattgefunden hat. Dieses Projekt ist nicht nur eine Angelegenheit von Dryco, Isabel, Elvis. Meine Seele lebt darin.«
»Verstanden …«
»Alles Bisherige war nur Vorbereitung. Der
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