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Ambient 05 - Elvissey

Ambient 05 - Elvissey

Titel: Ambient 05 - Elvissey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Womack
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Gebäude standen ein Stück von der Straße weg nahe dem Exit. Über ihren Sims verliefen schwarze, von hinten beleuchtete Buchstaben, die die Wörter VEREINIGTE KRAFT UND LICHT NEW YORK bildeten. Weder Arbeiter noch Wächter zeigten sich, keine Sirenen tönten. Wir fuhren durch das Tor, einen Ziegelbogen, der mit kleinen Glühbirnen liniert war und von einer Figur mit Blitzgliedmaßen und Glühbirnenkopf gekrönt wurde. Langsamer und sicherer bewegten wir uns ungestört über die Straßen dahinter, kamen an kleinen Reihenhäusern vorbei und noch kleineren Häusern. Sie alle mußten halbwegs Queens' früherem Aussehen entsprechen. »Iz«, sagte mein Mann. »Wir sind …«
    »Sicher«, sagte ich. »Fahr seitwärts. Wir wollen checken.«
    John fuhr an den Bordstein, stoppte den Wagen und schaltete den Motor aus. Er schloß die Augen, inhalierte wie um zu hyperventilieren, rutschte näher, nahm meine Hand und küßte mich. Sein Handzittern erstreckte sich über seinen ganzen Körper.
    »Alles wird jetzt besser, Iz«, sagte er. »Alles ist erneut wiederherstellbar.« Ich beobachtete die Straße hinauf und hinunter, um sicherzugehen, daß wir nicht von dem Mann, den wir angefahren hatten, verfolgt wurden, oder von anderen, nachdem wir uns vom Transferpunkt entfernt hatten. Weder Autos noch Passanten zeigten sich; wir waren in dieser Welt so allein, als wären wir noch in unserer eigenen. »Keine Störung.«
    »Wir sollten jetzt eine Schadenskontrolle machen«, sagte ich und öffnete meine Tür. Nach dem sich erhellenden Osten war die Morgendämmerung nicht mehr weit. John kam heraus und bückte sich, um unter den Reifen zu schauen. Als ich hinter die leuchtende Entladung des Trylons auf die Lichter der New Yorker Skyline blickte, schien sie so tief zu liegen, als wäre es eine fremde Stadt.
    »Alles in Ordnung«, sagte John und hielt sich im Stehen sein Bein. Ich vermutete, daß die Feuchtigkeit früher am Tag ihre verzögernde Nachwirkung auf seine Gelenke hatte. Er humpelte zu mir herüber und umarmte mich. »Liebe, Iz.«
    »Ja, John, Liebe«, antwortete ich. »Es wird nicht schaden, momentlang zu pausieren. Arbeit genug zu erwarten.«
    Ich hielt ihn, bis endlich sein Zittern aufhörte und er wieder zuversichtlich ruhig wurde. Niemand verfolgte uns, und eine Zeitlang saßen wir schlaflos in unserem Wagen, ruhten uns aufeinander aus, als die Dämmerung die städtischen Wolkenkratzer illuminierte. Ihr Amerika lag vor uns, und darin mit Glück unser E; mit Gnade auch die Wiedereinigung unserer Seele.
     

4
    Nachdem wir die Mittelpassage sicher überstanden hatten, versuchte ich meine Hirnwellen umzustellen, damit ich in den Worten ihrer Lingua denken konnte und sich meine Zunge so weiß wie mein Gesicht verhielt. Als ich ihre Wortmuster anwendete – diese ausschweifenden Formulierungen reich an Präpositionen und adverbialen Komplikationen – war mir, als hätte ich den Text schon als Kind gelernt, so natürlich kamen sie. Indem ich auf ihre Weise dachte, erlaubte ich die Entfernung der letzten Hülle meiner Seele: Es war notwendig, daß ich wurde, wie ich aussah.
    »Lokalisation, Iz?« sagte John, als wir von unserem Rastplatz wegfuhren. »Fahren wir westwärts?«
    »Auf dem Northern Boulevard, glaube ich. Moment, ich werde feststellen.« Als ich unsere zeitgenössische Straßenkarte entfaltete, zerfledderte sie in meinen Händen, als hätte sie so viele Jahre angesammelt, daß sie den Verlust nicht ertragen konnte. »Northern Parkway, hier entlang«, sagte ich, als ich ein Schild entdeckte. »Offenbar ähnliche Route. Über die Brücke 59ste Straße, dann auf die Fünfte und von dort runter zur Bibliothek.«
    »Ist sichergestellt, daß sich dort Telefonbücher zur Lektüre befinden?«
    »Die Bibliothek stellte einstmals solchen Service zur Verfügung, heißt es. Wenn es dort eins für Memphis gibt, können wir seine Existenz verifizieren, bevor wir weiterfahren.«
    John sah aus seinem Seitenfenster, als wir auf Manhattan zuhielten. »Iz, sieh dort«, sagte er linkswärts nickend. »Was ist das? Hat man Brooklyn von Queens isoliert?«
    »Dazu würde hier kein Grund bestehen«, sagte ich und sah durch einen Nebelschleier auf etwas, daß wie eine hohe Betonbarrikade aussah, die durch die Gebäude schnitt und sich dachhoch erhob. »Es ist eine Schnellstraße, vermute ich. Die alte LIE vielleicht. In den Mittdreißigern gab es hier eine Bücke, die in unserer Welt nie gebaut wurde. Vielleicht ist das der

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