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Ambient 05 - Elvissey

Ambient 05 - Elvissey

Titel: Ambient 05 - Elvissey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Womack
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den Scherben hindurch und landete auf dem Dach der Kuppel über unseren Köpfen. Alarm tönte gebäudeweit, und Deckungsrauch dräng aus den Dachschlitzen.
    »Sie werden reoptimieren, wenn ich will, Iz«, sagte Judy und begann zu weinen, bis ich dachte, sie näherte sich einem Zusammenbruch. »Es ist zuviel.«
     
    Ich saß allein mit E in seinem Zimmer, als ich spätnachmittags zurückkehrte. »Der Kerl ist wirklich dein Boß?« fragte er mich; ich saß weit genug entfernt, um unerreichbar zu sein, trotz seiner Verfassung und ständig an die Monitore denkend, die alles registrierten, was drinnen geschah.
    »Momentan überwacht er mich«, sagte ich. »Regulär arbeite ich anderswo.«
    »Er benimmt sich wie ein Boß. Alter Besserwisser.« E studierte den Flüssigkeitsschlauch, der unter seinem Handverband hervorkam. »Spricht er jemals direkt über irgendwas?«
    »Ich habe gehört, er soll es tun.«
    »Glaub nicht alles, was man dir erzählt«, sagte er. »Das hat meine Mama auch immer zu mir gesagt. Ich weiß natürlich nicht, was man euch Dero erzählt.«
    »Du glaubst wahrlich, daß wir das sind?« fragte ich. Er kopfschüttelte; seine Augen waren unlesbar unter den Schatten der Bandagen. Die untere Hälfte seines Gesichts war jetzt sichtbar, anders als noch morgens. Ich erkannte keine Spuren von Narben, und seine Haut war so rein, daß sein Teint nicht mehr verriet, daß er nur von Brei lebte.
    »Ich denke nicht. Ihr seid nicht wie ich, das steht fest.«
    »Abgesehen von den Dero, hast du viel Science-fiction gelesen?«
    »Einiges«, sagte er. »Sachen über Raumschiffe, den Mars. Zeitreisen, um auf Dinosaurierjagd zu gehen. Wenn Leute getötet wurden oder irgendwohin flogen, mochte ich es. Ich hatte auch mal eine Idee für eine Geschichte, hab' sie aber niemals aufgeschrieben.«
    »Das ist gut …«
    »Über einen Raumschiffkommandanten und sein Mädchen, eine Wissenschaftlerin, die auf dem Mars landen«, begann er. Ich schloß meine Augen, wünschte mir, meine Kopfschmerzen würden mich überwältigen, damit ich nicht zuhören mußte. »Er geht nach draußen zur Erkundung, und dann sieht sie diesen alten Marsianer, der sich von hinten an ihn ranschleicht. So'n großes Monster mit langen Armen und ganz grün und schuppig, also richtig gemein. Er haut ab, aber sie bleibt mit dem Kopf stecken, wie in einem Zaun, und dann sieht sie der Marsianer und …«
    »Die Bullaugen des Raumschiffs sind offen?«
    »Nachdem sie gelandet sind.«
    »Es gibt keine Atmosphäre auf dem Mars«, sagte ich. »Und auch keine Marsianer.«
    »Weißt du's?« fragte er. »Warst du da?«
    »Was glaubst du, wo du bist?« fragte ich, um ihn abzulenken, den Rest seiner Geschichte zu erzählen. »Woran erinnert es dich? Hast du so etwas schon einmal gesehen oder davon gelesen?«
    »In etwa«, sagte er. »Willst du mir sagen, daß du mich in die Zukunft mitgenommen hast?«
    »Nicht deine Zukunft«, sagte ich. »Zeitreisen sind unmöglich.«
    »Nichts ist unmöglich …«
    »Aber du bist in unserer Zukunft.«
    »Was redest du da?« fragte er lachend. Es irritierte mich, daß die Chirurgen bei der Rekonstruktion seiner Lippen die Mundpartie so angepaßt hatten, daß er scheinbar anstrengungslos sein perfektes Elvis-Hohngrinsen zustande brachte. Der Ausdruck wiederholte sich zu oft, um beabsichtigt zu sein, und ich fragte mich, was man noch mit seinem Körper angestellt hatte, damit er seinem Ebenbild entsprach.
    »Hast du Geschichten über Parallelwelten gelesen?« Er nickte. »Die Welt, in der du gelebt hast, ist parallel zu unserer Welt, und ähnelt unserer, wie sie vor fast einen Jahrhundert war. Glaubst du mir …?«
    »Verdammt, nein …«
    »Aber die Idee ist verständlich.«
    »Diese Welt ist wie meine, aber sie liegt in der Zukunft, und es ist nicht meine Welt, richtig?« Ich nickte. »Also ist das die Zukunft, wie sie in meiner Welt einmal sein wird?«
    »Wahrscheinlich nicht«, sagte ich. »Deine Vergangenheit entspricht nicht genau der unseren. Die Welten sind ähnlich, aber separat.«
    »Warum sind sie ähnlich, wenn sie doch nicht dieselben sind?« Ich kopfschüttelte. »Wie seid ihr herübergekommen, und wie sind wir zurückgekehrt?«
    »Wir haben eine Transfermethode«, sagte ich; ich hatte sie immer noch. Die Puderdose war mir zusammen mit allem Material aus meinem Geldbeutel, das im Wrack gefunden worden war, zurückgegeben worden.
    »Ist das die einzige Parallelwelt?« fragte er.
    »Ist eine nicht genug?«
    »Verdammt«, sagte er.

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