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Ambient 05 - Elvissey

Ambient 05 - Elvissey

Titel: Ambient 05 - Elvissey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Womack
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die Erscheinung nicht trügerisch sein?« fragte sie. »Ich kenne meine Augen gut genug, um ihnen zu mißtrauen.«
    »Alle Anzeichen widersprechen Leveretts Meinungen, ganz gleich, was ihm erzählt wird«, sagte ich. »E ist verrückt. All dies schlimmert seinen Zustand nur.«
    »Ich mittagesse oft genug mit dir, um die Wahrheit zu hören, wenn du sie sagst.«
    »Warum sollte ich nicht?«
    Statt zu antworten, setzte sie sich zurück in ihren Stuhl und studierte die neblige Skyline durch ihr Fenster. Ich nahm auf der anderen Seite des Tisches Platz. »Dieses Projekt rollt jetzt mit seiner Eigendynamik weiter«, sagte sie. »Der Schwung reißt alles mit sich, wie sehr alle sich auch immer dagegen wehren mögen. Du möchtest es vielleicht auch aufhalten, aber du stehst ihm ebenfalls im Weg. Ich kenne dich, Iz, du wirst nicht überrollt werden.« Als sie mir ihren Blick zuwandte, entspannte ich, als ich ihre sanftgewordenen Züge sah. »Solange er nichts verpfuscht, kann nichts unternommen werden«, fuhr sie fort. »Hat das Verfahren gegen deinen Mann Einfluß auf dein Urteil?«
    »Es besorgt mich.«
    »Ich vermute, er ist gegenwärtig deprimiert?«
    »Auf gefährliche Weise.«
    »Er ist dein Mann, also tat ich, was ich konnte«, sagte sie. »Vielleicht ist er gegenwärtig sich selbst am gefährlichsten. Aber wenn er sich andere Ziele sucht, bereite dich vor, seitwärts zu springen.«
    »Seine Medikation wurde unwirksam«, sagte ich. »Andernfalls …«
    »Er ist unter allen Umständen unkontrollierbar«, sagte sie. »So wurde er trainiert, ich verstehe also nicht, was daran überrascht. Es wurde empfohlen, ihn für seine dortigen Aktionen zu befristen, du weißt.«
    »Von wem?«
    »Leverett. Du weißt es nicht?« Ich kopfschüttelte. »Das Bedürfnis nach Konspiration übertrifft selbst das Bedürfnis nach Gegenkonspiration. Das ist faktisch.«
    »Er sagt, du hast den Verstand verloren, und du sagst, er lügt«, sagte ich.
    »Und wer spricht wahr?« fragte sie und schulterzuckte. »Beide oder keiner, je nachdem, was zuerst geglaubt wurde. Wenn etwas nicht gesehen wird, heißt das nicht, daß es nicht vorhanden ist. Du kennst deine Augen. Solltest du mir mehr glauben, als ich dir glaube?«
    Je länger wir sprachen, desto mehr schienen wir einander zu bezweifeln; ich zog mich zurück, dachte über das nach, was sie gesagt hatte, und lauschte auf klingelnde Glöckchen. Ich drehte mich in meinem Stuhl, um ihre Quelle zu lokalisieren. Zentriert auf einem Tisch im Strom der Klimaanlage stand eine Fötalkunstskulptur; ich erkannte den Stil als Tanyas. Das Skelett hatte keine ausgeprägten Deformitäten; es baumelte an einem gewichtgebeugten schwarzen Metallstab, der in Stein eingelassen war. Miniaturglocken hingen an den Zehen und Fingerspitzen und musikalisierten. Die schlanken Knochen waren aquarellig und paßten zu den Wänden; es war unerkennbar, ob der Raum getönt worden war, um zum Kunstwerk zu passen, oder umgekehrt.
    »Wann hast du sie entdeckt?« fragte ich. »Es ist ein heimliches Feld.«
    »Ihre Kunst fasziniert. Sie ist von Männern so unergreifbar.«
    »Es ist Tanyas Arbeit?« Judy nickte. »Wir trafen uns kurz auf einer Ausstellung, vorabreisig. Kaum ein Wort hatte die Chance zu fallen …«
    »Ich habe ihr dieses Jahr Atelierraum in Riverdale verschafft«, sagte sie. »Du solltest sie kennenlernen und reden, wenn Leveretts Zeitplan dir eine freie Minute erlaubt.«
    »Das würde ich gern«, sagte ich.
    »Er wird dich vierundzwanzigstündig abrufbereit halten, sobald er alles angeleiert hat. Ich werde dir ihre Nummer geben. Kontaktiere sie. Laß meinen Namen fallen, sie wird dich gut empfangen.«
    »Gracias«, sagte ich; verstummte momentlang, während ich überlegte, ob ich gehen sollte. »Du kennst mich jetzt seit dreißig Jahren, Judy. Bin ich inzwischen so unvertraulich?«
    »Nein«, sagte sie. »Zorn verdrängt in schlimmen Situationen. Er hat mich wütend gemacht, Iz, und manchmal quillt etwas über. Vergib, bitte. Zeit wird Wahrheit bringen.«
    »Ich habe noch etwas anderes mitgebracht«, sagte ich. »Bevor ich hierherkam, schaute ich in der Klinik vorbei, um zusätzliche Testergebnisse abzuholen …«
    »Was wurde entdeckt?«
    »Ich bin schwanger.«
    Für einen Moment oder zwei fürchtete ich, die Neuigkeit würde sie reaktionslos lassen, und bedauerte es, davon gesprochen zu haben; dann weiteten sich ihre Augen, und ihr Mund öffnete sich, als wollte sie etwas sagen. »Das kann nicht sein«, sagte sie

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