Ambler by Ambler
ein Handlanger der amerikanischen Imperialisten. Eine Botschaft bestand bloß aus einem benutzten Stück Klopapier. Dieses Stück Papier hatte, wie ich fand, etwas Feinfühliges. Es zeugte von langer, sorgfältiger Planung. Der merkwürdigste Brief kam von einem Mann, der wissen sollte, warum ich, wenn ich so sehr gegen den Kommunismus sei, auf dem Briefkopf der Gesellschaft für Kulturbeziehungen zur UDSSR als Mitglied des Literaturausschusses aufgeführt werde. Ich konnte es nicht mit Bestimmtheit sagen, konnte es aber erraten. Wahrscheinlich aus demselben Grund, weshalb der Name J. B. Priestley dort verzeichnet war. Wir standen beide auf Mrs. Browns Liste. Mrs. Brown war eine herzensgute Seele, die Londoner Schriftsteller, die in der Innenstadt wohnten, regelmäßig um Spenden für den ›Daily Worker‹ anging. »Jack Priestley hat mir zwanzig Pfund gegeben«, sagte sie etwa. »Sie können bestimmt zehn erübrigen. Ein Scheck ist mir auch recht.«
Ich habe mich mehrere Male mit Mrs. Brown gestritten. Wir stritten uns über Polen und die Tschechoslowakei, und wir stritten uns über Tito. Sie war immer gut informiert, und ich wußte auf die »Fakten«, mit denen sie gegen meine lahmen Zweifel anstürmte, gewöhnlich keine Antwort. »Vermutlich haben Sie mal wieder den ›News Chronicle‹ gelesen«, konnte sie dann sagen, als handelte es sich um eine Droge, die mit jenem Opium fürs Volk gleichgesetzt werden müsse. »Herrje, wir müssen mal ein paar Fakten klarstellen.«
Nach der Veröffentlichung von Der Fall Deltschev hat sie sich aber nie wieder bei mir gemeldet.
Zu den Romanen, die ich immer wieder mit Vergnügen lese, gehört Rosie und die Künstler von W. S. Maugham. Das Buch wurde 1930 veröffentlicht und hat, in England wie in Amerika, zahlreiche Neuauflagen erlebt. In jener Zeit machte ich meine ersten Schreiberfahrungen und entwickelte ein beinahe professionelles Interesse an der Entwicklung, die dieses von mir so geschätzte Werk auf dem Buchmarkt nahm. In all den Jahren konnte man nicht umhin zu bemerken, daß fast jede neue Ausgabe, ob in England oder in Amerika, mit einem Vorwort von Mr. Maugham versehen war, in dem er der weitverbreiteten Überzeugung entgegentrat, die in dem Buch dargestellte Figur des Verlegers Alroy Kear sei ein Porträt des Romanciers Hugh Walpole. Diese Dementis waren so fadenscheinig und so wenig überzeugend, daß ich mir schwor, sie nie zur Sprache zu bringen, falls ich Mr. Maugham je begegnen würde.
Ich begegnete ihm schließlich, und zwar durch Vermittlung seines Verlegers A. S. Frere, den die meisten seiner Freunde Frere nannten, und seiner Frau, Pat Wallace, die die meisten ihrer Freunde Wallace nannten.
In den späten vierziger Jahren, als die Devisenvorschriften am schlimmsten waren, mieteten wir gemeinsam mit den Freres in Saint-Jean-Cap-Ferrat eine Villa, um uns ein paar Wochen in der Sonne zu erholen. Mr. Maughams ›Villa Mauresque‹ lag ein Stück weiter hoch. Wir wurden ein-, zweimal zum Lunch oder Dinner eingeladen.
Über das Leben in der ›Villa Mauresque‹ ist viel geschrieben worden. Nicht alles davon kann wahr gewesen sein. Ein amerikanischer Schriftsteller, der ein paar Wochenenden dort verbracht hatte, schaffte es, seine Erlebnisse dort zu einer veritablen Autobiographie aufzublähen. Sie war in schmeichlerischem Ton gehalten. Akademische Biographen, die ihn nur vom Hörensagen gekannt haben konnten, waren oftmals ruppiger. Als ich Mr. Maugham kennenlernte, stand er in den Siebzigern und schrieb noch immer hart und unermüdlich. Niemand war gezwungen, seine Gastfreundschaft in Anspruch zu nehmen. Der Haken war allerdings, daß er nicht nur ein dominierender Gastgeber war, sondern auch ein sehr anstrengender Gast sein konnte.
Auf einen Brief, in dem ich mich in Saint-Jean einmal für ein Dinner bedankte, antwortete er mir mit ein paar Zeilen, in denen er mich aufforderte, nicht so reserviert zu sein und Willie zu ihm zu sagen. In meiner Antwort lud ich ihn zu einem Dinner bei uns ein, wenn er mal in London sei. Er nahm an.
Es war ein scheußlicher Abend. Mr. Maugham war mit einem Kriminalkommissar schon auf einer Cocktailparty gewesen, hatte sich gelangweilt und war schon frühzeitig gegangen. Wir hatten ihn für acht Uhr eingeladen, und er tauchte um sieben Uhr auf und wollte etwas zu essen haben. Das indische Menü, das er sich gewünscht hatte, und den Koch, der es extra bereiten sollte, hatten wir für halb neun bestellt. Mr. Maugham
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