Ambler by Ambler
lehnte einen Drink ab und schmollte, bis die Freres und Alan Searle kamen. Das Essen schmeckte ihm, aber er wollte Bier anstatt Wein dazu haben und trank dann doch Wein. Als er ging, sagte er mit einem dünnen Lächeln, er habe den Abend genossen.
Im November jenes Jahres mußte Wallace, die bei Rank die Drehbuchabteilung leitete, nach New York reisen. Während ihrer Abwesenheit gab Frere in ihrer Wohnung in Albany eine Dinnerparty. Eingeladen waren Mr. Maugham, J. B. Priestley, Noel Coward, Phillip Jordan vom ›News Chronicle‹ und ich.
Willie und ich kamen als erste. Mehr aus der Notwendigkeit heraus, überhaupt etwas zu sagen, als weil ich glaubte, es würde ihn interessieren, erwähnte ich, daß ich eine Erstausgabe seines Explorer besaß, eines schlechten Romans, der im Jahre 1908 erschienen war.
Er warf mir einen scharfen Blick zu. »Wieviel haben Sie denn dafür bezahlen müssen?«
»Drei Pfund.« Damals kostete ein Roman siebeneinhalb Shilling, und das Sammeln von älteren Erstausgaben war noch nicht in Mode gekommen. Er hätte heraushören können, daß ich den Preis überhöht fand.
»War er seine drei Pfund denn nicht wert?« fragte er.
»Tjaa …«
Er nickte traurig und fing ein Gespräch mit Frere an. Von mir hatte er genug. Noel wußte als einziger, wie man ihn zufriedenstellte. Er kam hereingehüpft, lief direkt auf Willie zu, machte einen Knicks, ließ sich auf ein Knie nieder und rief: » Maître! «
Willie war begeistert und lächelte geziert. Dann unterhielten sie sich über das Theater.
Während des Essens konzentrierte sich Willie, der oben am Tisch saß, ganz auf seinen Teller, bis irgend jemand, ich glaube, es war Priestley, auf die Book Society zu sprechen kam und in diesem Zusammenhang den Tod Hugh Walpoles beklagte. Er hatte vielversprechenden Schriftstellern oft geholfen.
Willie legte Messer und Gabel hin und sah auf. »Ich habe Hugh Walpole über lange Jahre hinweg gekannt«, sagte er bedächtig. »Ich kann Ihnen aus eigener Erfahrung sagen, daß er einige talentierte junge Schriftsteller, von denen ich einen persönlich kannte, ganz schändlich behandelte. Hugh Walpole hat sein Leben ruiniert.«
Er starrte uns finster an. Es war absolut klar, was er sagen wollte. Wir alle wußten, daß er nicht über einen begabten Schriftsteller sprach, sondern in Wahrheit über einen gestohlenen Freund, eine unerwiderte Liebe und eine alte, schwärende Eifersucht. Nur Priestley zeigte sich unbeeindruckt.
»Wissen Sie, Willie«, sagte er, »ich habe immer gefunden, daß Sie den armen Hugh in Rosie und die Künstler ein wenig unfreundlich behandelt haben.«
Willie begann, arg zu stottern. Priestley wartete einen Augenblick und fuhr dann fort: »In Hugh Walpole steckten fünf Männer«, sagte er, »und einer davon war ein sehr netter Kerl.«
Phillip Jordan brummte, daß ein netter Kerl von Fünfen nicht gerade ein hoher Prozentsatz sei, doch die Bemerkung ging in Noels Versuch unter, dem Gespräch eine etwas heiterere Note zu geben.
»Einmal bin ich mit Hugh Walpole im Zug von Cornwall nach London gefahren«, sagte er. »Ich war fünfzehn damals. Er tätschelte mein Knie und schenkte mir eine halbe Krone.«
Willie lachte nicht mit. Er begann wieder zu stottern, doch dann kamen plötzlich die Wörter, und mit ihnen sein Zorn.
»Ich habe in meiner Zeit einige abscheuliche Menschen gekannt«, sagte er ruhig. »Einer der abscheulichsten war Lord Alfred Douglas. Aber so abscheulich er auch war, er blieb stets ein Gentleman.« Seine Stimme erhob sich. »Hugh Walpole war ein F-F-F-Flegel.«
Es entstand Schweigen. Wir waren alle nicht mehr sehr jung, aber es hat sich wohl keiner von uns daran erinnern können, das Wort »Flegel« [cad] jemals so gehässig verwendet gehört zu haben. Selbst Noel, der das Wort »cad« zuletzt 1932 in »Mad About the Boy« benutzt hatte, weil »cad« sich auf »mad« reimte, sah verblüfft drein. Wir anderen gingen Willies Blick aus dem Weg, indem wir auf unsere Teller starrten.
Später dachte ich daran, wieviel Spaß es Willie in all den Jahren gemacht haben mußte, auf so erlesene Weise zu dementieren, daß er in Alroy Kear Hugh Walpole porträtierte, und doch die ganze Zeit zu wissen, daß kein Mensch ihm je glauben würde. Am allerwenigsten Hugh Walpole.
Bald darauf wurde ich gebeten, bei der Buchausstellung der ›Sunday Times‹ einen Vortrag zu halten. Ich sollte über das Verhältnis zwischen der Filmindustrie und jenen Schriftstellern sprechen,
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