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Ameisenroman

Ameisenroman

Titel: Ameisenroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E. O. Wilson
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und griff selbst nach dem Gewehr, so dass es dem Kleinen nicht aus den Händen gerissen würde, wenn es losging.
    «Okay, jetzt, langsam und locker, Junge, drück den Abzug.»
    Die Detonation hallte durch den stillen Wald. Kleine Rindenstücke wirbelten von dem Baumstumpf hoch und landeten davor auf dem Boden.
    Junior blieb einen Moment lang wie betäubt. Dann streckte er abrupt die Arme vor, um das Gewehr zurückzugeben. Die Läufe waren auf Ainesley gerichtet, der sie sanft zur Seite drehte.
    Ainesley nahm die Waffe und kam zu Raff herüber, der schon vom Baum auf den Weg zurückstapfte.
    «Okay, jetzt bist du dran, Scooter.»
    Raff verschlug es die Sprache. Seine Furcht hatte sich den ganzen Morgen über angestaut, und jetzt lähmte sie ihn geradezu. Er hatte keine Worte, mit denen er hätte protestieren können. Stattdessen überkamen ihn furchtbare Bilder.
Gewalt, mit großen gefährlichen Dingern hantieren, die nicht zu begreifen sind, Tiere umbringen, die so groß sind wie der Haushund. Blut überall, zerschmetterte Schädel. Nein Sir, nein Sir, bitte, nein Sir
. Er wich dem Blick seines Vaters aus.
    «Komm schon, Sohn», blaffte sein Vater. «Sei keine Memme, Junge. Es tut nicht weh. Irgendwann musst du das mal machen. Jetzt ist es so weit. Danach geht es dir viel besser. Schau, wie dein Cousin sich gemacht hat. Wirklich gut. Du kannst eine Flinte abfeuern genau wie er. Brauchst nur den Abzug zu drücken. Komm, zeig uns, dass du ein kleiner Mann sein kannst.»
    Raphael war völlig erstarrt, verdattert wie ein Tierin der Falle und hoffte, das alles würde einfach irgendwie vorübergehen. Auch Junior schwieg, aber er stand entspannt da, seine Arme waren stolz vor der Brust verschränkt. Sogar er war kurz davor gewesen abzulehnen. Jetzt sonnte er sich in der Anerkennung seines Onkels. Junior Cody, nicht Raphael Cody, war der kleine Mann des Tages.
    Bei Raffs Weigerung wurde Ainesley starr. Er presste fest die Lippen aufeinander, wie er es immer tat, wenn er böse war, und zog sie über den zusammengebissenen Zähnen hin und her. Ohne ein weiteres Wort wandte er sich von Raff ab und schritt den Pfad hinunter. Die Jungen folgten ihm eilig, wie ein Paar Entenküken, das seiner Mutter hinterherläuft.
    Noch eine halbe Meile stapften die Jäger weiter durch ziemlich verbuschten Kiefernaufwuchs und Drahtschilfgras. Schließlich erreichten sie eine Wiese, an deren hinterem Ende sich ein dichteres Gehölz erhob.
    «Truthahnland», sagte Ainesley fröhlich. Er setzte sich auf einen Baumstumpf, knickte den Gewehrlauf ab, zündete sich noch eine Zigarette an und fing wieder an zu reden.
    «Beim Jagen müsst ihr
leise
sein. Sonst hört euch euer Truthahn oder euer Hirsch schon aus einer Meile Entfernung kommen. Dann macht er sich aus dem Staub, und ihr werdet nie auch nur erfahren, dass er überhaupt einmal da war. Ihr müsst auf euer Ziel horchen, ihr müsst euch
heranpirschen
, und ihr müsst schnurstracks schießen. Und das manchmal aus ordentlicher Entfernung. Ihr habt nur einen Schuss, hopp oder topp. Es gibt viele Jäger, die sich einen Windschutz aufstellen und bloß zurücklehnen und Bier trinken und miteinander herumflüstern,und dabei warten sie, dass ihnen irgendwas vor die Nase läuft. Vielleicht machen sie mal ein Kollern nach, mit diesen kleinen Maultrommeln da, damit der Truthahn näher kommt, wenn sie das überhaupt wollen. Verdammt, das ist doch kein richtiges Jagen! Die hocken doch bloß auf ihrem Arsch rum und warten! Ein echter Jäger geht raus und sucht sich das Tier, nicht andersrum. Das Beste, das ich mal geschafft habe, waren zwei Vögel an einem Tag. Riesige Hähne, mit Federbüschen an der Brust.»
    Ainesley stand auf, schnippte die Zigarette, ohne hinzusehen, auf einen anderen Haufen trockenes Laub und führte die Jagdpartie weiter an. Raff achtete diesmal nicht auf die qualmende Glut. Wenn das Feuer fängt, dachte er, können wir es vielleicht auf dem Heimweg löschen. Da helfe ich, und dann stehe ich vor Dad und Junior gut da.
    Sie gingen noch eine halbe Meile weiter, Ainesley spähte in alle Richtungen, aber es kam keine Beute in Sicht. Raff begann sich zu langweilen und hielt am Wegrand nach Kleingetier Ausschau, in einer Größenordnung, die ihm mehr lag, wie er sie am Nokobee so gut kannte. Er sah einen winzigen, hellgrün und kupferrot gefärbten Blatthornkäfer, der eine Dungkugel über den Weg rollte. Ein wundersames Juwel aus dem Nichts, das für einen Ort bestimmt war, den Raff sich

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