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Amelia Peabody 04: Im Tal der Sphinx

Titel: Amelia Peabody 04: Im Tal der Sphinx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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besteigen, Peabody. Du möchtest doch bestimmt nicht, daß ich meinen einzigen Abendanzug ruiniere, oder?«
    »Die Pyramide besteigen? In der Dunkelheit?«
    »Wie du weißt, haben wir Vollmond. Ich versichere dir, daß die Lichtverhältnisse ausreichend sind, und den Blick vom Gipfel der Cheopspyramide darf man sich einfach nicht entgehen lassen. Ich wollte den Aufstieg mit dir gemeinsam unternehmen, meine Liebe, aber wenn du statt dessen lieber in einer solchen Aufmachung ausgehst wie die junge Dame heute … Meiner Meinung nach ähnelte sie einer aufgeplusterten Taube, und ich hatte jeden Augenblick das Gefühl, sie könnte abheben.«
    Ich akzeptierte die Logik seiner Argumentation und wählte deshalb etwas aus meiner Arbeitsgarderobe, einen geschmackvollen Zweiteiler mit dunkelroter Stoffhose und gestreifter Jacke und dazu passendem Sonnenschirm. Ich gehe selten ohne Sonnenschirm aus. Sie gehören zu den gemeinhin nützlichsten Gegenständen, die die Menschheit hervorgebracht hat, und mir war klar, daß ich froh sein würde, ihn an diesem Abend als Spazierstock einsetzen zu können, da das Gelände im Bereich der Pyramiden ziemlich uneben ist. Allerdings fühlte ich mich verpflichtet, Emersons Einschätzung von Miss Debenhams Kleid zu widersprechen.
    »Wie alle Männer, Emerson, hast du kein Gespür für Stil. Ich gebe zu, daß das Kleid ein wenig übertrieben war, aber es war trotzdem hübsch. Ich muß Miss Debenham fragen …«
    Emerson unterbrach meinen Redefluß, indem er seine Lippen fest auf meinen Mund preßte und dann leise murmelte: »Du hast es gar nicht nötig, dich so herauszuputzen, Peabody. In meinen Augen bist du am anziehendsten, wenn du eine Arbeitshose und eine Hemdbluse dazu trägst, eine sonnenverbrannte Nase hast und sich dein Haar unter seinem Netz hervorkringelt. Nein, ich darf mich korrigieren. Du siehst noch anziehender aus, wenn du überhaupt nichts …«
    Ich legte ihm meine Hand auf den Mund, um ihn an der Vollendung des Satzes zu hindern, denn ich hatte erneut das Gefühl, daß Ramses sich ankündigte. Meine Vermutung wurde bestätigt, als ich die vertraute Stimme hörte: »Darf ich eintreten, Papa?«
    »Ja, komm herein«, erwiderte ich und trat von Emerson zurück.
    »Ich wollte dich fragen, Mama, was ich anziehen soll«, sagte Ramses.
    »Ich dachte mir, du solltest deinen schwarzen Samtanzug tragen.«
    Ramses’ Gesichtsausdruck, der selten irgendeine Gefühlsregung preisgibt, verdunkelte sich sichtbar. Das Tragen des schwarzen Samtanzugs gehörte zu den wenigen Dingen, gegen die er sich auflehnte. Ich konnte mir nicht vorstellen, warum der Junge sich in dieser Hinsicht so widersetzte. Mit dem hübsch eingefaßten Kragen und dem Rüschenhemd war der Anzug genau die richtige Garderobe für einen Burschen seines Alters. (Obwohl ich zugeben muß, daß er dem dunkelhäutigen, schwarzgelockten Ramses sicherlich nicht so gut zu Gesicht stand wie einem typisch englischen Jungen.)
    In diesem Fall sah ich mich gezwungen nachzugeben, da die Belastung, der der schwarze Samt während des Pyramidenaufstiegs ausgesetzt sein würde, sicherlich den Anzug ruiniert hätte. Ein nachdenklicher Ausdruck glitt über Ramses’ Gesichtszüge, als ich diese Vermutung äußerte.
2
     
    Das am Fuße des Gizeh-Plateaus gelegene Mena House war erst vor wenigen Jahren eröffnet worden, doch seine außergewöhnliche Lage hatte es zu einem der beliebtesten Hotels im Umkreis von Kairo gemacht. Von außen wirkte das Gebäude wie ein englisches Herrenhaus, während im Inneren jedoch der arabische Stil überwog. Das gedämpfte Licht, das den Speisesaal mit seiner hohen, gewölbten Decke dominierte, schuf eine geheimnisvolle und unwirkliche Atmosphäre. Die Besitzer, Mr. und Mrs. Locke, hatten eine ganze Reihe wundervoller antiker Wandteppiche gekauft, die sich geschmackvoll in den ansprechenden Rahmen einfügten.
    Wir waren die einzigen Gäste, die nicht in Abendgarderobe erschienen waren, und während wir von Mr. Locke persönlich zu unserem Tisch geführt wurden, beobachteten uns mehrere Leute mißfällig. »Großer Gott, wie die Leute gaffen«, bemerkte Emerson. »Ich weiß gar nicht, was mit den guten, altmodischen Manieren geschehen ist. Man könnte meinen, wir hätten etwas Absonderliches an uns.«
    »Sie und Mrs. Emerson sind sehr bekannt«, sagte Mr. Locke taktvoll. »Die Leute blicken immer auf Berühmtheiten.«
    »Ha«, sagte Emerson. »Zweifellos haben Sie recht, Locke. Aber es ist trotzdem schlechtes

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