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Amelia Peabody 04: Im Tal der Sphinx

Titel: Amelia Peabody 04: Im Tal der Sphinx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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ich zugeben, auch ihre positiven Aspekte hat.
    »Vielleicht sollten Sie sich einmal durch den Kopf gehen lassen, ob Sie nicht für Mr. Vandergelt arbeiten wollen, Howard«, schlug ich vor. »Er ist ein großzügiger Gönner.«
    »Er hat mich bereits angesprochen«, gab Carter zu. »Aber ich weiß nicht, ob ich Lust hätte, für einen reichen Dilettanten zu arbeiten, so groß sein Interesse für die Ägyptologie auch sein mag. Diese Burschen wollen doch nur Schätze und verschollene Gräber finden.«
    Carter lehnte unsere Einladung, mit uns gemeinsam die Pyramide zu besteigen, unter dem Vorwand ab, er habe noch zu arbeiten. Deshalb verabschiedeten wir uns und schlugen, nachdem wir die herrlichen Gärten des Mena House hinter uns gelassen hatten, den Pfad zu den Pyramiden ein.
    Mir fehlen die Worte, wenn ich versuchen soll, die großartige Szenerie zu beschreiben. Der Vollmond schwebte wie eine riesige goldene Scheibe am Himmel – wie das getriebene Gold, das einst die Königinnen dieses sagenumwobenen Reiches geschmückt hatte. Sein Licht erfüllte die uns umgebende Landschaft, umhüllte die mächtigen Pyramiden mit einem silbrigen Schimmer und tauchte die rätselhaften Züge des Sphinx in ein merkwürdiges Zwielicht, so daß es den Anschein hatte, er lächle zynisch auf die bedeutungslosen Menschenmassen herab, die um seinen Sockel kletterten. Der Sand wirkte weiß wie frisch gefallener Schnee und wurde nur gelegentlich von dunklen Schatten getrübt, die auf zerstörte Grabstätten oder versunkene Schätze hindeuteten.
    Leider wurde dieser großartige Anblick durch die Gegenwart der lärmenden Plage Mensch getrübt. Flackernde Fackeln und Touristenmassen befleckten die bleichen Flächen der Großen Pyramide, und die Nacht erbebte unter dem Stimmengewirr der Besucher, die in Anbetracht solcher Wunder vor Ehrfurcht hätten schweigen sollen. Die wortgewaltige Stimme eines Touristen übertönte die anderen: »He, Mabel, kuck mal hier!«
    Mabels Antwort verhallte ungehört in der Nacht, doch aus der Nähe vernahm ich zorniges Gelächter. Eine Kutsche hatte sich genähert – es war derselbe offene Landauer, den ich zuvor beim Verlassen des Shepheard beobachtet hatte. Miss Debenham hatte sich umgezogen und trug nun Abendgarderobe aus weißer Seide. Ihre entblößten Schultern und ihr Dekolleté schimmerten im Mondlicht wie Elfenbein, und als sie sich ihrem Begleiter zuwandte, blitzten Diamanten in ihrem ebenholzschwarzen Haar auf. Kalenischeff war eine Studie in Schwarz und Weiß. Die Schärpe eines (vermutlich zweifelhaften) Ordens, die seine Brust zierte, entbehrte im Schein des Mondes jeglicher Farbe und wirkte wie ein dunkles Stigma.
    Impulsiv wollte ich auf sie zulaufen, doch kaum hatte ich mich in Bewegung gesetzt, als Kalenischeff auch schon die Pferde antrieb und die Kutsche über den staubigen Weg in Richtung des Pyramidenplateaus weiterfuhr.
    »Idioten«, sagte Emerson. »Es tut mir leid, daß wir hierhergekommen sind, Peabody. Ich hätte wissen müssen, daß jeder beschränkte Tourist in ganz Kairo sich heute abend hier aufhält. Sollen wir den Aufstieg wagen oder vielleicht doch lieber ins Hotel zurückkehren?«
    »Wir können ruhig weitergehen, wo wir nun schon einmal hier sind«, erwiderte ich. »Ramses, du bleibst aber bei uns. Wag es ja nicht, auch nur einen Schritt von meiner Seite zu weichen!«
    Die selbsternannten Führer, Antiquitätenhändler und Scharen von Bettlern liefen zu ihrer Höchstform auf. Sie stürzten sich auf uns, boten uns ihre Hilfe sowie zweifelhafte Skarabäen an. Der übliche Gehilfentroß für einen Touristen besteht aus drei Personen – zwei ziehen von oben und einer schiebt von unten. Ein seltsames und gleichermaßen unnötiges Verfahren, da nur wenige der stufenförmigen Steinquader überhaupt einen Meter hoch sind.
    Die Attacke wurde schlagartig unterbrochen, als der von ihnen auserkorene Scheich Emerson erkannt hatte und ihn mit einem Salam aleikum begrüßte, das normalerweise Moslems gleicher Glaubensrichtung vorbehalten ist. Emerson erwiderte seinen Gruß, lehnte aber Scheich Abus Angebot ab, sich von dessen Männern zur Pyramide hochschleppen zu lassen. Er war sehr wohl in der Lage, mir – falls notwendig – seine stützende Hand zu reichen, doch wir nahmen zwei Männer, die Ramses die Stufen hochhoben, da seine kurzen Beine ein solches Vorgehen ratsam erscheinen ließen.
    Nach einem angenehmen Sommer, den ich mit Faulenzen, Reiten, Gartenarbeit, Wandern und Radfahren

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