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Amelia Peabody 04: Im Tal der Sphinx

Titel: Amelia Peabody 04: Im Tal der Sphinx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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gestrigen Entführung gewesen ist. Die kriminelle Psyche ist ein faszinierendes Studienobjekt. Es kann auch sein, daß besagte Person eine Abneigung gegen mich hegt, weil ich – selbstverständlich mit eurer Hilfe – seinen Versuch vereitelte, den Schatz von Dahschur zu stehlen.«
    Emerson nahm die Schlüssigkeit dieser Aussage mit einem gedämpften »Zum Teufel damit« zur Kenntnis. Mehr sagte er nicht, denn ich kam ihm zuvor.
    »Ramses hat recht, Emerson. Seine Führer behaupteten, sie wären von einem amerikanischen Herrn fortgeschickt worden. Heute Nacht waren sehr viele Touristen auf der Pyramide. Natürlich – natürlich, ich habe vermutlich selbst mit dem Mann gesprochen! Das konnte doch nur ein Verbündeter des Meisterverbrechers gewesen sein!«
    »Warum nicht gleich der Meisterverbrecher in eigener Person?« Emerson versuchte es auf die sarkastische Tour, obgleich ihn meine unwiderlegbare Logik schon fast überzeugt hatte und Zweifel in seiner Stimme mitschwang.
    »Weil der Meisterverbrecher am Fuß der Pyramide auf der Lauer lag! Und ich weiß, wer er ist. Wir dachten, er wäre Engländer …«
    »Hör auf, Amelia, das geht selbst für deine Verhältnisse zu weit«, brüllte Emerson. »Doch nicht etwa Ramses’ Retter? Warum sollte er den Jungen entführen und ihn dann wieder befreien?«
    »Vergiß nicht, daß Ramses durch mein Eingreifen gerettet wurde. Mein erster Eindruck, daß der Mann ihn fortschaffen wollte, war zweifellos richtig. Nachdem er mir nun einmal ausgeliefert war, versuchte er sich mit einer Überzeugungskraft aus der Sache herauszureden, die man von einem solch klugen Mann erwarten sollte. Und der Beweis, Emerson – der Beweis ist dadurch erbracht, daß er heute morgen nicht wie verabredet aufgetaucht ist.«
    Nemos Fernbleiben war ein weiterer Grund für Emersons schlechte Laune. Er ist es gewohnt, daß man seine Anweisungen befolgt.
    »Die Anwesenheit der Polizei hat ihn alarmiert, denke ich. Ein Mann mit seinem Vorleben …«
    »Mein lieber Emerson«, sagte ich überfreundlich, »eine solch hanebüchene Verallgemeinerung steht dir nicht zu Gesicht. Sämtliche Fakten führen zur gleichen Schlußfolgerung – nämlich zu meiner.«
    Emerson reagierte nicht. Statt dessen räusperte sich Ramses und bemerkte: »Verzeih mir, Mama, wenn ich mich einmische, aber das ist nicht ganz korrekt. Mehrere Tatsachen widersprechen deiner Theorie, wovon eine, so fürchte ich, unwiderlegbar ist.«
    Emerson sah seinen Sohn hoffnungsvoll an. »Und was ist das, mein Junge? Etwas, was du beobachtet hast, während du mit dem jungen Mann allein warst?«
    »Nein, Papa, du und Mama habt es auch bemerkt. Ich denke dabei nicht an Mr. Nemos Kampf mit den Männern, die mich entführen wollten, der ohne weiteres auch hätte gestellt sein können – obgleich ich sagen muß, daß er mit einer Glaubwürdigkeit agierte, die nur wenige Schauspieler überbieten könnten –, denn ich kann mir mehrere Gründe vorstellen, warum der Meisterverbrecher eine so irreführende Veranstaltung inszeniert haben könnte, beispielsweise um …«
    »Ramses«, sagte ich.
    »Ja, Mama. Die Tatsache, die deine ansonsten überzeugende Theorie zu Fall bringt, ist die, daß die Körperstatur meines Retters nicht die des Mannes war, den wir als Vater Girgis kennengelernt haben.«
    »Er ist ein Meister der Verkleidung, Ramses«, sagte ich. »Der schwarze Bart war falsch, und er trug eine Perücke …«
    »Aber die dunklen Augen waren echt«, sagte Ramses. »Wir hatten ausreichend Gelegenheit, uns deren Farbe einzuprägen, oder nicht? Die Augen des Engländers – oder, wie Papa meinte, des Schotten – sind blau.«
    Das war ein empfindlicher Schlag. Ich holte zum Gegenschlag aus. »Die Möglichkeiten von Meisterverbrechern übersteigen häufig die Kenntnisse aus Lehre und Forschung. Eine Methode, die Augenfarbe zu verändern …«
    »… existiert, so fürchte ich, nur in der Vorstellungskraft«, sagte Ramses. »Ich habe mich mit diesen Dingen auseinandergesetzt, Mama, und ich weiß von keiner Methode, wie man eine Iris färben kann.«
    Emerson fing an zu lachen. »Ein Treffer, Peabody – was für ein Volltreffer! Versuche nur ja, dich schleunigst aus der Affäre zu ziehen!«
    Ich unterzog mich nicht der Mühe einer Antwort. Auch wenn ich zugeben mußte, mich in einem winzigen Punkt vielleicht geirrt zu haben, fand ich nicht, daß Ramses’ Erklärung die Kernaussage berührt hatte. Die bedauernswürdige, junge englische Lady war unschuldig.

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