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Amelia Peabody 04: Im Tal der Sphinx

Titel: Amelia Peabody 04: Im Tal der Sphinx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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daß jemand ein Leiden erduldet, das ich erträglicher machen könnte. Das gilt auch für die Esel. Abdullah …«
    »Ja, Sitt«, sagte Abdullah resigniert. »Die Esel sind gewaschen worden.«
    »Gut. Sie sehen, Mr. Nemo, daß ich Ihnen mit der gleichen Fürsorglichkeit begegne wie meinen Eseln – einem Tier, dem Sie in vieler Hinsicht ähnlich sind. Wenn Sie nicht bereit sind, das zu akzeptieren, können Sie verschwinden.«
    Eine Gefühlsregung, die Heiterkeit oder Zorn hätte sein können, trat in die meerblauen Tiefen von Nemos Augen. Sie waren glasklar. Offensichtlich hatte er noch keine Drogen genommen.
    »Also gut, Mrs. Emerson. Ich werde Ihnen beweisen, daß ich meine Pflicht erfüllen kann, und ich denke, ich fange sofort damit an. Der junge Herr Ramses wird in Kürze von diesem Schrankkoffer erschlagen, da er viel zu schwer für ihn ist.«
    Mit diesen Worten verschwand Nemo. Sein schlendernder Schritt war trügerisch, denn eigentlich ging er recht schnell und erschien rechtzeitig genug auf der Bildfläche, um Ramses den Koffer abzunehmen, der diesen langsam in die Knie gehen ließ.
    »Nun, Abdullah«, sagte ich. »Was denkst du darüber?«
    Ich hatte größte Hochachtung vor Abdullah, den ich nun schon seit vielen Jahren kannte. Er war ein prächtiger Vertreter der männlichen Zunft, beinahe so groß wie Emerson. Und obwohl sein Haar sowie sein Bart schneeweiß waren, besaß er die Vitalität eines jungen Mannes. Er und seine Gehilfen waren von Emerson in den Methoden fachgemäßer Ausgrabung geschult worden, so daß viele von ihnen eine bessere Qualifikation besaßen als das Gros der europäischen Archäologen. Auch bei anderen Exkavatoren erfreuten sie sich großer Nachfrage, doch ihre Loyalität gegenüber Emerson und – ich glaube, das sagen zu dürfen – mir war grenzenlos. Ich hätte Abdullah mein Leben anvertraut. Emerson vertraute ihm bei seinen Ausgrabungen, was einem gleichermaßen hohen Vertrauensbeweis entsprach. Abdullahs einzige Schwäche (abgesehen von einer Vielzahl von Ehefrauen) war allerdings sein unüberwindlicher und tief verwurzelter Aberglaube. Er hatte seinen Glauben an Geister und Dämonen nie aufgegeben, obwohl er bei unzähligen Gelegenheiten miterlebt hatte, wie wir scheinbar übernatürliche Kräfte entlarvten und sich hinter geheimnisvollen Machenschaften ganz gewöhnliche Menschen verbargen.
    Abdullah rühmte sich auch wegen seiner unerschütterlichen Gelassenheit. Selbige Eigenschaft schien an jenem Tag besonders ausgeprägt zu sein. Seine schmalen, wohlgeformten Lippen bewegten sich kaum, als er steif erwiderte: »Darüber denken, ehrwürdige Sitt? Ich gestehe mir nicht zu, irgend etwas zu denken, solange du oder Emerson mich nicht dazu auffordert.«
    Ich verstand den Grund für seinen Unmut. »Nicht weil wir mit deinem Sohn Selim unzufrieden waren, haben wir den Engländer als Bewacher für Ramses eingestellt«, versicherte ich ihm. »Wie alle deine Leute ist auch Selim viel zu wertvoll, um als Kindermädchen verschlissen zu werden. Außerdem war es ein Akt der Nächstenliebe, daß wir dem Engländer helfen wollten.«
    Abdullahs ernster Gesichtsausdruck entspannte sich. »Ah, ich verstehe, Sitt. Nächstenliebe gefällt Allah, und dein großes Herz ist über alle Maßen bekannt. Aber, Sitt, wußtest du, daß der Mann Opium raucht?«
    »Ich habe vor, ihm diese entsetzliche Sucht abzugewöhnen, Abdullah.«
    Abdullah strich sich über seinen seidigen Bart. »Das ist aber nicht einfach. Doch wenn es irgend jemanden gibt, der einem Mann irgend etwas abgewöhnen kann, dann bist du das, Sitt Hakim.«
    »Danke, Abdullah. Wirst du es bitte Selim erklären, damit er nicht enttäuscht ist?«
    »Enttäuscht«, wiederholte Abdullah gedankenverloren. »Nein, Sitt, ich glaube nicht, daß Selim enttäuscht sein wird.«
    »Gut. Was ich mit meiner Frage eigentlich ausdrücken wollte, Abdullah, war, ob dir der Engländer irgendwie bekannt vorkommt. Denk genau darüber nach. Hast du ihn schon einmal gesehen?«
    Abdullah hing weiterhin seinen Gedanken nach. »Nein, Sitt. Noch nie.«
    Als ich die Geschehnisse der neueren Vergangenheit vor meinem geistigen Auge vorüberziehen ließ, fiel mir auf, daß Abdullah das Finale des Meisterverbrechers gar nicht miterlebt hatte, da ihm bereits im Frühstadium der Ereignisse ein Betäubungsmittel verabreicht worden war und er die ganze spannende Entwicklung verschlafen hatte. Allerdings hatte er den Meisterverbrecher mehrere Male in seiner Rolle als Vater

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