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Amelia Peabody 04: Im Tal der Sphinx

Titel: Amelia Peabody 04: Im Tal der Sphinx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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unangenehmen Auseinandersetzung zu verstehen gegeben, daß er einen Wohnsitz in Kairo habe. Vielleicht hatte er das Mädchen dorthin mitgenommen.
    Dieser Gedanke bestärkte mich in meinem Entschluß, Miss Debenham vor den moralischen und seelischen Gefahren zu warnen, denen sie sich aussetzte. Ebenso entschlossen war ich, mit Kalenischeff ein Gespräch unter vier Augen zu führen. Die Ereignisse des Abends machten es zwingend erforderlich, daß ich soviel wie möglich über dieses geheimnisumwitterte Individuum erfuhr, in dessen Diensten Kalenischeff stand. Im Jahr zuvor hatte ich Ägypten in der festen Absicht verlassen, diesen Schurken seiner gerechten Strafe zu überstellen. Sein Versuch, Ramses zu entführen, bewies zweifelsohne, daß er ebenso entschlossen war, sich an mir und meiner Familie zu rächen. Nun handelte es sich nicht mehr um eine Frage der Gerechtigkeit, sondern der Selbstverteidigung. Es war mir absolut unbegreiflich, warum Emerson das nicht wahrhaben wollte.
    Ich schlenderte ins Schreibzimmer, wo ich zwei Briefe abfaßte. Der erste – an Kalenischeff – war kurz gehalten. Ich bat ihn lediglich um ein baldiges Gespräch und fügte noch hinzu, daß eine Ablehnung sinnlos sei, da ich entschlossen war, ihn zu sehen. Der Brief an Miss Debenham nahm längere Zeit in Anspruch, da ich mich vorstellen und ihr meine Gründe für ein Zusammentreffen erklären mußte. Ich schilderte ihr in knappen Worten den unheilvollen Lebenslauf Kalenischeffs, versicherte sie meiner (und Emersons) Unterstützung und beendete mein Schreiben mit dem eindringlichen und rührenden Appell, ihr Verhalten zu überdenken und auf ihrem unaufhaltsamen Weg in die Schmach und das Verderben innezuhalten.
    Nachdem ich die Briefe einem Bediensteten ausgehändigt hatte, schlenderte ich mit dem befriedigenden Gefühl auf mein Zimmer, meine Pflicht erfüllt zu haben. Ich hatte mein möglichstes getan. Mehr war augenblicklich nicht machbar.
    Emerson hatte die Nachtbeleuchtung brennen lassen. Das hatten wir uns zur Angewohnheit gemacht, weil wir so häufig von Einbrechern und Verfolgern gestört wurden. Er lag im Bett. Die merkwürdige Gleichmäßigkeit seiner Atemzüge deutete an, daß er zwar vorgab zu schlafen, allerdings noch wach war. Er bewegte sich nicht und sprach auch nicht mit mir, als ich mich zu ihm in das Doppelbett gesellte, daraus schloß ich, daß ich in Ungnade gefallen war. Auch gut, dachte ich. Ramses war ohnehin auf der Hut, wenn er auch nur das leiseste Geräusch aus unserem Zimmer hörte.
    Wenn Miss Debenham ins Hotel zurückkehrte und meinen Brief las, würde sie zweifellos am Morgen mit mir sprechen wollen. Ich hatte sie über den Zeitpunkt unserer Abreise informiert.
    Die Gelegenheit, sie zur Vernunft zu bringen, war nicht vertan, sie zögerte sich lediglich hinaus. Als sich die wohligen Flügel des Schlafs schließlich über mir ausbreiteten, versicherte ich mir zufrieden, daß ich am nächsten Morgen ein sinnvolles Gespräch führen würde.
    Aber es sollte nicht sein. Bei Sonnenaufgang wurden wir von den Entsetzensschreien des Hotelpersonals aufgeweckt. Der Etagenkellner hatte die blutüberströmte Leiche Kalenischeffs auf Miss Debenhams Bett gefunden. Ein Dolchstoß hatte ihn mitten ins Herz getroffen. Miss Debenham war aus dem Hotel verschwunden.
3
     
    Als wir den Zug nach Dahschur bestiegen, stand die Sonne bereits im Zenit. Emerson grollte wie ein Vulkan, der jeden Moment auszubrechen droht, obwohl ich ihm eindringlich erklärt hatte, daß er mich kaum für die verspätete Abreise verantwortlich machen konnte. Alle Gäste waren durch den Zwischenfall aufgehalten worden, und wir gehörten zu der Mehrheit, die von der Polizei befragt wurde.
    »Du hättest dich ja nicht freiwillig zu einer Aussage bereit erklären müssen«, insistierte Emerson. »Die Gäste zu befragen war reine Zeitverschwendung, da der Mörder das Hotel zweifellos schon lange vor der Entdeckung der Leiche verlassen hat.«
    »Wenn du damit auf Miss Debenham anspielst, Emerson, sie ist nicht die Mörderin. Ich hielt es für meine Pflicht, dem diensthabenden Polizeibeamten das mitzuteilen.«
    »Sie ist verschwunden, Peabody. Wenn sie unschuldig ist, warum ist sie dann geflohen?«
    »Emerson, wie kannst du nur so engstirnig sein? Sie ist nicht geflohen, sondern von dem- oder denselben Tätern entführt worden, die Kalenischeff umgebracht haben.«
    Emerson brachte sich auf den abgewetzten Lederpolstern des Zugabteils in eine bequemere

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