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Amelia Peabody 04: Im Tal der Sphinx

Titel: Amelia Peabody 04: Im Tal der Sphinx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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Ramses’ Schimmel drehte um, wurde langsamer und kam schließlich zum Stehen. Ramses fiel vom Pferd, oder er wurde hinuntergezerrt, das kann ich nicht mit Bestimmtheit sagen. Jedenfalls verschwand er sofort in den wehenden Stoffmassen von Nemos Gewand. Aus meiner Entfernung war es schwierig einzuschätzen, ob Nemo den Jungen erleichtert in seine Arme schloß oder ihn vor lauter Zorn heftig schüttelte.
    Zu diesem Zeitpunkt hatten sich die anderen Verfolger in dem Bemühen, dem waghalsigen Kurs des Ausbrechers zu folgen, bereits über das ganze Gebiet verteilt. Emersons starke väterliche Instinkte hatten wohl dazu geführt, daß er als erster am Ort des Geschehens eintraf, denn niemand hätte mit Bestimmtheit voraussagen können, wo das Tier letztlich zum Stehen kam. Die anderen versammelten sich ebenfalls dort, und kurze Zeit später waren die Helden des Dramas von einer Menge Statisten umgeben und wurden von blauweißen Gewändern verdeckt.
    Erst in diesem Augenblick bemerkte ich die Hand, die sich so fest an meine Schulter geklammert hatte, daß sie (wie ich später entdeckte) sichtbare Spuren hinterließ. Der Griff entspannte sich, und ich drehte mich gerade noch rechtzeitig um, um Enid aufzufangen, die mit einem herzzerreißenden Seufzen in Ohnmacht fiel.
     
    Ich hievte das Mädchen ins Zelt und ließ sie dort allein. Die Dramatik des Geschehens war sicherlich Entschuldigung genug für ihr Verhalten, doch mir war klar, daß Emerson verärgert wäre, wenn er von ihrem Zusammenbruch erfuhr. Er hielt nicht allzuviel von weiblichen Ohnmachtsanfällen.
    Der Graf und sein Begleitertroß kehrten als erste zurück. Die meisten von ihnen hielten Abstand, nur seine Lordschaft hatte die Stirn, mir gegenüberzutreten. Allerdings war er klug genug, auf seinem Pferd sitzen zu bleiben, während er seine Entschuldigung stammelte.
    Ich fuhr ihm ins Wort. »Ich halte Sie nicht für den allein Schuldigen, da Ramses ohnehin die Angewohnheit hat, sich selbst in Gefahr zu bringen. Ich würde Ihnen jedoch raten zu verschwinden, bevor Professor Emerson hier auftaucht. Ich lehne jede Verantwortung für seine Reaktion ab, wenn er, wie es gegenwärtig sicherlich der Fall ist, unter extremer emotionaler Anspannung steht.«
    Die Herren befolgten meinen Rat. Sie befanden sich bereits in fieberhaftem Aufbruch, als Emerson mit Ramses in den Armen aufkreuzte. Nachdem unser Sohn seinen Vater schließlich überzeugt hatte, daß er allein stehen konnte, rannte Emerson fluchend hinter den Reitern her und forderte sie auf, umzudrehen und mannhaft mit ihm zu kämpfen. Da ich mit einer solchen Demonstration gerechnet hatte, stellte ich ihm ein Bein, und als er sich schließlich wieder aufgerichtet und sich den Sand von seinem schweißnassen Gesicht gewischt hatte, war er auch merklich ruhiger.
    »Ist ja nichts passiert«, knirschte er zwischen den Zähnen hervor. »Aber wenn dieser Idiot hier noch einmal aufkreuzt …«
    Ich reichte ihm meine Wasserflasche, denn offensichtlich behinderte der Sand in seinem Mund seine Aussprache. »Vielleicht sollten wir unsere Arbeit besser für heute beenden«, schlug ich vor. »Es ist bereits nach Mittag, und alle sind müde vom Herumrennen.«
    »Unsere Arbeit beenden?« Emerson blickte mich erstaunt an. »Wovon redest du, Peabody?«
    Also wandten wir uns erneut unseren Tätigkeiten zu. Die Grabungsarbeiter schaufelten mit neuem Schwung. Ich hörte zufällig, wie einer von ihnen einem anderen gestand, daß er besonders gern für den Vater der Flüche arbeitete, weil man sich bei ihm sicher sein konnte, daß immer irgend etwas Aufregendes passierte.
     
    Natürlich suchten wir Nemo, da wir ihm unsere Dankbarkeit und unsere Bewunderung ausdrücken wollten, konnten ihn allerdings nirgends finden. Da er immer noch sein ägyptisches Gewand und seinen Turban trug, war es auch nicht schwierig für ihn, sich unter den fünfzig phantasievoll gewandeten Grabungsarbeitern zu verstecken. Doch auch nachdem wir unsere Arbeit beendet hatten und zum Haus zurückgekehrt waren, tauchte er nicht auf. Ich brauche dem werten Leser sicherlich nicht zu erzählen, daß meine Gründe, warum ich mit ihm sprechen wollte, nicht nur die elterlicher Dankbarkeit waren. Ich hatte eine ganze Reihe von Fragen an den jungen Mann, und diesmal würde ich auch Antworten bekommen.
    Selbstverständlich hatte ich Ramses mitgeteilt, daß sein Verhalten vollkommen unentschuldbar war. Sicherlich trug er nicht allein die Schuld an dem Vorfall, da der

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