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Amelia Peabody 04: Im Tal der Sphinx

Titel: Amelia Peabody 04: Im Tal der Sphinx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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würden, und das waren sie auch nicht – nur die üblichen Tonscherben und Bruchstücke von Grabbeigaben. Das gesamte Gebiet war ein riesiger Friedhof – eine Stadt der Toten, deren Bevölkerung die vieler moderner sowie historischer Städte bei weitem übertraf. Ich erklärte Enid den richtigen Umgang mit solchen Fundstücken, denn wir verfaßten peinlich genaue Aufzeichnungen von jedem Objekt, egal, wie unscheinbar es auch immer wirkte.
    Aufgrund der Routinetätigkeiten, die meinen Verstand kaum beanspruchten, beschäftigte ich mich in Gedanken mit der Frage, die von allen Seiten ständig an mich herangetragen wurde. Wie war es in der Tat möglich, die Aufmerksamkeit des Meisterverbrechers auf uns zu lenken? Ich teilte Mr. Nemos Abneigung, tatenlos darauf zu warten, bis dieser Gentleman seinen nächsten Schritt unternahm. Taktisch und psychologisch betrachtet, wäre es von Vorteil, wenn wir die Initiative ergriffen und einen Anschlag von seiner Seite provozierten. Was ich brauchte, war ein Schatz – versteckte königliche Juwelen wie die, die das Interesse des Meisterverbrechers im vergangenen Jahr auf sich gezogen hatten.
    Ramses hatte einen solchen geheimen Schatz in Dahschur gefunden. (Tatsächlich war ich recht sicher, daß er zwei entdeckt hatte; der Schatz der Prinzessin Khnumit, den M. de Morgan gegen Ende der Saison mit großem Brimborium gehoben hatte, war vermutlich die Belohnung dafür gewesen, daß er uns dieses Gebiet überlassen hatte. Ich hatte Ramses in dieser Sache nie zur Rede gestellt und beabsichtigte das auch weiterhin nicht, da die Bestätigung meines Verdachts lediglich heikle ethische Fragen aufgeworfen hätte, mit denen ich mich nicht auseinandersetzen wollte.)
    Und ich hatte auch nicht die Absicht, demütig zu meinem Sohn zu gehen und ihn zu bitten, mir bei der Suche nach Kunstschätzen behilflich zu sein. Sogar die Idee, den Jungen über die Nebenpyramide auszufragen, hatte ich verworfen. Ich hatte mir vorgenommen, meine Ausgrabung gemäß strengster wissenschaftlicher Prinzipien durchzuführen – doch was ich eigentlich wollte, war, den Eingang der Pyramide zu finden. Ich brannte darauf, durch diesen Eingang zu schlüpfen und nach der Grabkammer zu suchen, und es hätte mich nicht im geringsten überrascht zu erfahren, daß Ramses dessen Lage genau kannte. Er hatte ein teuflisches Gespür für solche Dinge. So groß die Freude beim Betreten der Pyramide auch sein mochte, die Freude, ihren Eingang ohne Ramses’ Hilfe gefunden zu haben, wäre noch entschieden größer. Und als der Morgen verstrich und sich keinerlei Hinweis auf eine Öffnung bot, meinte ich schließlich, den Jungen doch überschätzt zu haben. Die Männer schaufelten immer noch Sand beiseite, und nicht einmal Ramses – wirklich, nicht einmal Ramses? – hätte unter Tonnen von Gestein einen verborgenen Eingang entdecken können.
    Ich wandte mich erneut der anderen Problemstellung zu. Was würde den Meisterverbrecher in Ermangelung eines Schatzes denn statt dessen anlocken? Eine Antwort kam mir schon bald. Doch obwohl ich ein unzerstörbares Vertrauen in Ramses’ Fähigkeit hatte, jeder Gefahr unbeschadet zu entkommen, schien es mir nicht angebracht, meinen Sohn als Lockvogel für einen Mörder einzusetzen. Es gab noch eine weitere Möglichkeit, die genauso wirkungsvoll war und das liebende Herz einer Mutter verschonte.
    Die Sonne stieg höher und damit auch die Temperatur. Mit meiner Arbeit und meinen Gedanken beschäftigt, bemerkte ich weder, wie die Zeit verstrich, noch die erbarmungslose Hitze, bis mein Blick schließlich auf Enid fiel, deren Haut gerötet und verschwitzt war.
    »Es wäre besser, Sie leisteten Bastet im Zelt Gesellschaft«, sagte ich und nahm ihr Bleistift und Notizbuch aus der Hand. »Ich vergaß, daß Sie die Sonne nicht gewohnt sind.«
    Tapfer bekräftigte sie ihre Bereitschaft zur Weiterarbeit, doch ich räumte ihre Skrupel aus. Sie verschwand, und ich wollte gerade wieder meine Arbeit aufnehmen, als ich in nördlicher Richtung eine Sandwolke bemerkte. Eine weitere Gruppe dieser verdammten Touristen! Diesmal kamen sie aus der Richtung von Sakkara und ritten zu Pferd. Die jüngeren und abenteuerlustigeren Besucher zogen diese Art der Fortbewegung vor.
    Als ich sah, daß die Reiter keinen Zwischenstopp an der nördlichen Pyramide einlegten, sondern geradewegs auf uns zukamen, überließ ich Selim die Aufsicht über die Grabungsarbeiter und eilte zu Emerson. Er war bereits einmal handgreiflich

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