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Amelia Peabody 04: Im Tal der Sphinx

Titel: Amelia Peabody 04: Im Tal der Sphinx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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niemanden, an den ich mich wenden konnte, und ich beschloß, mich auf den Weg zu Ihnen zu machen. Es war eine Verzweiflungstat …«
    »Überhaupt nicht. Es war eine vernünftige Entscheidung. Aber wie gelang es Ihnen, in jener Nacht und am darauffolgenden Tag unentdeckt zu bleiben?«
    »Das war alles andere als einfach. Denn, wie Sie wissen, sind die archäologischen Gebiete von Führern, Bettlern und sonstigen unangenehmen Zeitgenossen überlaufen, die einem wie ein Fliegenschwarm folgen. Schließlich fiel mir ein, daß die einzigen Gestalten, denen man keine Beachtung schenkt, arabische Frauen der ärmsten Schicht sind. Ich kaufte einer von ihnen ihr Gewand ab, zog es im Schutz eines verlassenen Grabes über und machte mich unbehelligt auf den Weg. So verbrachte ich irgendwo auf der Strecke von Sakkara bis hierher die Nacht versteckt in einer Felsspalte. Ich kann nicht behaupten, daß ich besonders gut geschlafen hätte … Als ich am folgenden Nachmittag hier eintraf, war ich einem Zusammenbruch nahe. Ich hatte gerade noch die Kraft, meine Verkleidung auszuziehen und zusammen mit einigen wenigen von mir mitgebrachten Dingen zu verstecken, bevor ich mich Ihnen und dem Professor vorstellte.«
    »Also«, sagte ich wohlüberlegt, »lassen Sie es mich einmal so formulieren, Enid, Sie haben große Entschlossenheit und beeindruckenden Erfindungsreichtum an den Tag gelegt. Ich nehme an, daß sich die Jacke zu Ihrem Fahrradkostüm noch bei den versteckten Dingen befindet?«
    »Ja. Ich hatte die Vorstellung, mich als Archäologin zu verkleiden, immer noch im Kopf. Als ich Sie dann aus meinem Versteck heraus mit dem Professor zusammen sah, versuchte ich meine Kleidung der Ihren anzupassen. Sie trugen keine Jacke, also legte ich meine ab. Ich wollte Sie ebenfalls irreführen …«
    »Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen, meine Liebe. An Ihrer Stelle hätte ich das Gleiche getan. Ich sollte Ihnen Ihre Sachen vielleicht besser holen. Können Sie mir die Stelle beschreiben, wo Sie sie versteckt haben?«
    Das tat sie mit einer solchen Genauigkeit, daß ich sicher war, die Stelle zu finden. »Ich wollte sie schon letzte Nacht holen«, fuhr sie fort. »Doch als ich aus dem Zelt schaute, wirkte die Wüste so kalt und unheimlich … Und ich hörte seltsame Geräusche, Amelia – leises Schreien und Stöhnen …«
    »Schakale, Enid. Schakale. Sie müssen mir versprechen«, fügte ich nachdenklich hinzu, »daß Sie unter gar keinen Umständen Ihr Zelt nachts verlassen, egal, was Sie auch hören.«
    Als ich sie verließ, nahm ich den Rock ihres Fahrradkostüms mit und erklärte ihr, daß ich ihn waschen und bügeln lassen wollte.
    Emerson zeichnete immer noch verbissen an seinen Plänen. Da sich ein riesiger Tintenfleck an der Wand abzeichnete, ging ich davon aus, daß er wieder einmal seine Schrift nicht hatte entziffern können und in seiner ganzen Verärgerung seine Füllfeder durch den Raum torpediert hatte.
    Aufmunternd sagte ich zu ihm: »Halte durch, Emerson, halte durch, mein Lieber.« Dann ging ich die Treppe zum Dachboden hoch.
    Im Schutz der Dachmatten zog ich Enids Zweiteiler an und legte meinen Gürtel ab. Es kostete mich Überwindung, diesen mitsamt der nützlichen Werkzeuge abzulegen und mich auch von meinem Sonnenschirm zu trennen. Aber ich wußte, daß man mich mit dieser Ausstattung niemals irrtümlich für eine andere halten könnte. Nachdem ich eine Sonnenbrille und einen Tropenhelm aufgesetzt hatte, hatte ich alles nur Mögliche getan, um eine gewisse Ähnlichkeit herzustellen. Statt durchs Treppenhaus zurückzukehren und mich Emersons unausweichlichen Fragen zu stellen, kletterte ich über den Dachfirst an der Außenmauer hinunter und hielt mich an Vorsprüngen und Spalten fest.
    Obwohl die Sonne schon sank, befand sich das Dorf noch in der Schläfrigkeit der Nachmittagsruhe. Lässig verschränkte ich meine Arme vor der Brust – die Größenordnung in diesem Bereich war der hervorstechendste Unterschied zwischen Enids Figur und meiner – und imitierte ihren langsamen, wiegenden Gang.
    Ich hatte mich noch keine hundert Meter weit vom Hof entfernt, als ich spürte, daß man mich beobachtete. Nichts rührte sich auf dem vor mir liegenden Wüstenpfad; kein Lebewesen weit und breit außer den unsäglichen Aasgeiern, die am Himmel ihre langsamen Kreise zogen. Und doch war mir klar, daß ich beobachtet wurde – wußte es mit dem untrüglichen Instinkt, den Mr. Haggard und andere Romanschriftsteller so treffend

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