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Amelia Peabody 04: Im Tal der Sphinx

Titel: Amelia Peabody 04: Im Tal der Sphinx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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zu seiner Lösung, weil sich seine hanebüchenen Vermutungen aufgrund der vom Autor konstruierten Handlungsstränge als richtig erwiesen.«
    Enids zusammenhangloses Gemurmel deutete darauf hin, daß sie mir nicht mehr aufmerksam zuhörte. Und da ich die Bücher lediglich als Vorwand für meinen Besuch mitgebracht hatte, war ich gern bereit, das Thema zu wechseln und mich einer Sache zuzuwenden, die vermutlich – meiner Meinung nach mit Bestimmtheit – erheblich brisanter war als das Literaturthema.
    Ich fing an, indem ich ihr Komplimente zu ihrem graugrünen Nachmittagskleid machte und sie fragte, wo sie es gekauft hatte. Emerson hat mir einmal versichert, daß die Diskussion über Mode jede Frau von jedem x-beliebigen Thema ablenken kann – selbst von ihrem bevorstehenden Ableben. Ohne dieser übertriebenen Beteuerung zuviel Gewicht beimessen zu wollen, bin ich geneigt zuzugeben, daß sie ein Körnchen Wahrheit enthält, was Enids Reaktion bewies. Wir sprachen über Modehäuser, Stoffe und die enormen Ausgaben für maßgeschneiderte Bekleidung. Dann kreiste ich langsam mein Ziel ein.
    »Die Garderobe, die Sie am Tag Ihrer Ankunft bei uns trugen, hat mich sehr überrascht«, sagte ich.
    »Oh, das ist die neueste Mode«, erklärte Enid. »Man nennt es Fahrradkostüm. Haben Sie noch nicht davon gehört? Ich dachte, sie wüßten das, da Ihre eigene Ausstattung von ähnlichem Schnitt, wenn auch von anderer Farbe ist.«
    »Oh, ja richtig. Ich versuche, mit den neuesten Kollektionen Schritt zu halten, obgleich Funktionalität für mich eine größere Rolle spielt als Schönheit. Das war es ja, was mich überraschte – daß eine junge, modebewußte Dame solche Kleidung in ihren Reisekoffer packt.«
    »Ich bin nicht so gedankenlos, wie Sie vielleicht annehmen«, sagte Enid mit einem ironischen Lächeln. »Ich bin davon ausgegangen, daß Stiefel und bequeme Röcke bei der Erkundung von Ruinen und Grabkammern sinnvoll sind. Und das waren sie tatsächlich, wenn auch nicht in der von mir bezweckten Form. Als ich an jenem entsetzlichen Morgen aus meinem Schlaf, beziehungsweise meiner Betäubung erwachte, galt mein erster Gedanke meiner Flucht. Mir war klar, was die Leute sagen würden. Ich wußte ebenfalls, was die Polizei dächte, wenn sie mich neben der Leiche meines vermeintlichen Geliebten fand. Was das Ganze noch verschlimmerte, war die Tatsache, daß wir am Abend zuvor gestritten hatten und mehrere Hotelangestellte das hätten bezeugen können.«
    Eigentlich wollte ich Enid erst später Fragen zu den Einzelheiten ihrer Flucht stellen. Jetzt teilte sie mir diese freiwillig mit, ohne daß ich sie dazu zwingen mußte, was ich insgeheim befürchtet hatte. Der Augenblick erschien mir zwar nicht sonderlich passend, doch ich fürchtete, ihr Vertrauen zu verlieren, wenn ich abweisend reagierte. Also blieb ich mit einem gewissen Interesse, wie sich der werte Leser vermutlich gut vorstellen kann, sitzen und hörte mir ihre Geschichte an.
    Sie fuhr in abwesendem Ton fort, so als spräche sie zu sich selbst, und versuchte dabei, die Schrecken jener unheilvollen Erfahrung zu tilgen, indem sie sie einem anderen mitteilte. »Ich kann es kaum glauben, daß ich so schnell und überlegt reagieren konnte. Ein Schock, habe ich gehört, löst gelegentlich diesen Effekt aus. Ich kleidete mich an und wählte eine Garderobe, die die von mir befürchteten körperlichen Strapazen aushalten würde. Da ich diese Kleidung noch nie getragen hatte, hatte das den zusätzlichen Vorteil, daß sie nicht erkannt werden würde. Ich verließ den Raum über den Balkon vor meinem Fenster und stieg an einer kräftigen Kletterpflanze, die sich an der Mauer hochrankte, nach unten. Einige Touristen hatten sich bereits vor dem Hotel versammelt, obwohl es noch vor Sonnenaufgang war. Nachdem ich eine Droschke gemietet hatte, ließ ich mich zum Mena House chauffieren, da einige der anderen Gäste nach Gizeh aufgebrochen waren. Als ich dieses Hotel schließlich erreichte, fühlte ich mich krank, zitterte am ganzen Körper und hatte keine Ahnung, welchen Schritt ich als nächsten unternehmen sollte. Ich wußte, daß ich nicht lange unentdeckt bleiben würde, da eine alleinreisende Frau zu Fragen provoziert – wenn nicht sogar zu Schlimmerem.
    Als ich im Speisesaal mein Frühstück einnahm, fragte mich ein Herr, ob ich eine der in diesem Gebiet beschäftigten Archäologinnen sei. Das verhalf mir zu der Idee und erinnerte mich ebenfalls an Ihren Brief. Ich hatte sonst

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