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Amelia Peabody 04: Im Tal der Sphinx

Titel: Amelia Peabody 04: Im Tal der Sphinx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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sein Gewicht nicht aushielte.
    Schließlich erreichten wir die Höhe der Öffnung und stellten fest, daß es sich tatsächlich um den Eingang – oder zumindest um einen Eingang – ins Innere handelte. Nichts als Dunkelheit lag vor uns. Emerson nahm einen tiefen Atemzug. Mit einer sanften Ermahnung unterbrach ich ihn. »Selbst die Vibrationen eines lauten Rufs …«
    »Stimmt, Peabody. Meinst du, daß er hier ist?«
    »Ich bin ganz sicher.«
    »Dann schlüpfe ich hinein.«
    Aber das gelang ihm nicht. Er konnte sich drehen und wenden, wie er wollte, die Öffnung war zu schmal für seine breiten Schultern. Ich wartete, bis er die Aussichtslosigkeit seines Vorhabens erkannt hatte, dann schlug ich das Naheliegendste vor. »Ich bin dran, Emerson.«
    »Pah«, meinte Emerson, aber das war auch schon alles. Ein gequälter Aufschrei hallte von einem der Quadersteine zu uns herüber. Donald war uns gefolgt. Ich hatte beobachtet, wie geschickt er die zerklüftete Oberfläche bewältigte, und daraus geschlossen, daß er im Klettern einige Übung haben mußte. Jetzt sagte er leise: »Professor, Sie wollen sie doch nicht etwa gehen lassen …«
    »Sie gehen lassen?« wiederholte Emerson. »Ich lasse Mrs. Emerson nie etwas tun, junger Mann. Ich versuche gelegentlich, sie davon abzuhalten, ihre Ideen zu verfolgen, aber selbst das ist mir bislang noch nicht gelungen.«
    »Ich bin schmaler gebaut als Sie«, beharrte Donald. »Sicherlich bin ich derjenige …«
    »Papperlapapp«, sagte Emerson grob. »Sie haben überhaupt keine Erfahrung. Mrs. Emerson hat ein Gespür für Pyramiden.«
    Während die beiden die Angelegenheit besprachen, hatte ich meine Jacke abgelegt und eine Kerze angezündet. Nach der Entdeckung, daß Ramses nicht in seinem Zimmer war (und vor dem Verlassen des Hauses), war ich rasch aufs Dach gerannt, um meinen Gürtel und meinen Sonnenschirm zu holen. Letzteren hatte ich notwendigerweise unten gelassen, doch der Gürtel und seine Utensilien bewiesen erneut ihre Zweckmäßigkeit.
    »Bis bald, Emerson«, sagte ich und zwängte mich kopfüber in das Loch.
    Ich erhielt keine Antwort, doch ein zärtlicher Klaps auf den für ihn noch sichtbaren Körperteil war mir Beweis genug für seine Gefühle.
    Ich befand mich in einem engen, aus Stein gemauerten Durchgang. Er war hoch genug, daß ich aufrecht stehen konnte, aber im Hinblick auf den steilen Winkel, in dem er sich nach unten senkte, hielt ich es für besser, mich kriechend vorwärts zu bewegen. Ich war noch nicht sehr weit gekommen, als ich etwas Ungewöhnliches bemerkte. Die vor mir liegende Dunkelheit wurde von einem unregelmäßigen, hellen Muster durchbrochen. Das Licht wurde stärker, je weiter ich mich vorwärts bewegte, und ich entdeckte, das es durch einen schmalen Spalt in einem Geröllhaufen fiel, der den Durchgang versperrte. Vorsichtig richtete ich mich zu voller Körpergröße auf und begutachtete den Spalt.
    Auf einem riesigen Steinquader, den Rücken gegen die Wand des Stollens gelehnt, saß Ramses. Mit Wachs hatte er eine Kerze auf dem Steinblock befestigt, und er kritzelte eifrig in sein Notizheft. Obwohl ich sicher war, daß er meinen unwillkürlichen Erleichterungsschrei gehört haben mußte, als ich ihn unversehrt vorfand, unterbrach er seine Arbeit nicht, bis er den Satz niedergeschrieben hatte und ihn mit einem lauten Kratzen seiner Feder beendete. Dann blickte er auf.
    »Guten Abend, Mama. Ist Papa bei dir, oder bist du allein gekommen?«
     
    Nein, werter Leser, der Bruch an dieser Stelle der Schilderung dient nicht dazu, Ihnen das vorzuenthalten, was ich zu meinem Sohn sagte. Ich wagte es nicht, ihn anzuschreien, da ich befürchtete, die brüchige Struktur des Gemäuers rund um mich herum in Mitleidenschaft zu ziehen. In der Tat war es Ramses, der sprach und mir in epischer Breite die Methode beschrieb, mit der wir das eingestürzte Gestein beseitigen sollten, um ihn zu befreien. Er redete immer noch, als ich bereits den Rückweg angetreten hatte. Ich hatte meinen Kopf kaum aus dem Eingangsloch herausgestreckt, als Emerson ihn ergriff. Zwischen tränenfeuchten Küssen, die er mir mehr oder weniger willkürlich ins Gesicht schmatzte, stellte er Fragen, die ich akustisch gar nicht verstand, da seine Hände meine Ohren bedeckten.
    Ich war erfreut, aber auch überrascht. Emersons Liebesbeweise, die während unserer trauten Zweisamkeit zwar sehr innig sind, werden nur selten vor Publikum demonstriert. Und in der Tat, wäre ihm Donald Frasers Grinsen

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