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Amelia Peabody 05: Der Sarkophag

Amelia Peabody 05: Der Sarkophag

Titel: Amelia Peabody 05: Der Sarkophag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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schon wieder schwanger, oder? Das ist unnatürlich, Peabody. Ich kann nicht begreifen, warum eine Frau –«
    »Pst, Emerson«, erwiderte ich und stieß ihn sanft mit meinem Schirm an.
    Skeptisch blickte Emerson zu Ramses. Er hatte sich nie völlig von einem Gespräch im vergangenen Winter erholt, in dessen Verlauf er von Ramses genötigt worden war, diesem gewisse Dinge zu erklären, die einen englischen Gentleman normalerweise erst dann zu interessieren haben, wenn er das 25. oder 30. Lebensjahr erreicht hat.
    Ramses krümmte sich unter dem Gewicht der Katze, die auf seinen schmalen Schultern ruhte; dennoch war unser Sohn, selbst unter extremsten Bedingungen, bekannt für seine – langatmige – Gesprächsführung. »Ich muß Tante Evelyn unbedingt danach fragen«, bemerkte er. »Die von dir erhaltene Information, Papa, war unzureichend für die Erklärung, warum vernünftige Menschen – männlichen und weiblichen Geschlechts – Stellungen einnehmen, die bestenfalls unnatürlich und schlimmstenfalls –«
    »Sei still, Ramses!« brüllte Emerson und lief dunkelrot an. »Ich habe dir doch gesagt, daß du nie darüber –«
    »Etwas Derartiges darfst du Tante Evelyn nicht fragen«, entfuhr es mir.
    Ramses erwiderte nichts. Sein Schweigen deutete darauf hin, daß er auf eine Möglichkeit sann, mein Verbot zu umgehen. Ich zweifelte keineswegs daran, daß ihm das gelingen würde.
    Dank Emersons beeindruckender Statur und seiner lauten Stimme gehörten wir zu den ersten, die von Bord gingen, und ich rannte mit ausgestreckten Armen auf Evelyn zu. Man stelle sich jedoch mein Erstaunen vor, als ich Sekundenbruchteile vor unserer ersehnten Umarmung von einem großen, stattlichen Individuum in schwarzem Schwalbenschwanz und Zylinder gepackt, an dessen riesigen Bauch gedrückt und mit einem schnauzbärtigen Kuß auf meine Stirn beglückt wurde. Ich entwand mich sogleich aus der Umklammerung und wollte ihm gerade einen gehörigen Schlag mit meinem gezückten Schirm verpassen, als der Mann rief: »Meine geliebte Schwester!«
    Ich war seine Schwester. Dann war er also mein Bruder – mein Bruder James, den ich seit mehreren Jahren nicht gesehen hatte (weil ich erhebliche Anstrengungen unternommen hatte, ihm aus dem Weg zu gehen).
    Es war kein Wunder, daß ich ihn nicht sogleich erkannt hatte. Früher war er kräftig gewesen. Heute konnten seine Statur lediglich Attribute wie »korpulent«, »fettleibig« oder »schwerfällig« umschreiben. Ein dünner Backenbart umrahmte ein Gesicht, so rund und rot wie ein aufgehender Mond. Statt sich zu einem normalen Hals zu verjüngen, setzte sich sein Kinn fort; unzählige Speckrollen gingen in einen aufgeblähten Leib über, der keinerlei Hinweis auf eine Taille bot. Wenn er so grinste wie jetzt, plusterten sich seine Wangen auf, und seine Augen waren nur noch schmale Schlitze.
    »Was zum Teufel machst du denn hier, James?« wollte ich wissen.
    Meine geliebte Evelyn, die in seiner unmittelbaren Nähe stand, hüstelte leise. Ich nickte ihr entschuldigend zu, fühlte mich jedoch in keinster Weise verpflichtet, mich gegenüber James für meine offene, unmißverständliche Äußerung zu exkulpieren.
    »Nun, ich bin natürlich gekommen, um dich willkommen zu heißen«, lautete James’ diplomatische Antwort. »Es hat wirklich lange genug gedauert, geliebte Schwester; es wird Zeit, daß unsere geschwisterliche Zuneigung die Mißverständnisse der Vergangenheit ausräumt.«
    Emerson hatte keine Zeit darauf verschwendet, die Hand seines Bruders Walter mit der Engländern in der Öffentlichkeit eigenen Herzlichkeit zu schütteln. Statt dessen legte er freundschaftlich seinen Arm um Evelyns schmale Schultern und bemerkte: »Ist das James? Gütiger Himmel, Peabody, wie fett er geworden ist. Soviel zum guten alten englischen Roastbeef, was? Und zum Portwein und zum Madeira und zum Rotwein! Warum verschwindet er nicht endlich?«
    »Er sagt, daß er zu unserer Begrüßung gekommen ist«, erklärte ich.
    »Unsinn, Peabody. Er will irgend etwas von dir; er läßt sich immer nur dann blicken, wenn er irgend etwas will. Finde heraus, was es ist, sage >nein<, und dann gehen wir.«
    James’ aufgesetztes Lächeln zitterte, doch es gelang ihm, weiterhin gute Miene zu machen. »Haha! Mein lieber Radcliffe, dein Sinn für Humor … Bei meinem Wort, er ist der beste …« Er reichte ihm die Hand.
    Mit geschürzten Lippen betrachtete Emerson diese für Sekundenbruchteile, dann drückte er so kräftig zu, daß

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