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Amelia Peabody 05: Der Sarkophag

Amelia Peabody 05: Der Sarkophag

Titel: Amelia Peabody 05: Der Sarkophag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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ein anderes Mal wieder selbstbewußt und dreist. Nach einer Weile wollte St. John Wilson ausbooten, um erneut Einfluß über Liverpool zu gewinnen; doch seine Einmischung war zwecklos. Liverpool duldete keinerlei Kritik an dem Mann, von dem er sich erhoffte, daß er ihm das Leben rettete, und nach dem Mord an Oldacre überzeugte er St. John davon, daß sich das >harmlose< Spiel in tödlichen Ernst verwandelt habe, da er die Sache nicht auffliegen lassen könne, ohne seinen Freund einem gräßlichen Skandal auszuliefern. St. John stellte für Wilson eine potentielle Bedrohung dar, und der junge Graf wurde zunehmend unzuverlässiger, da sich die Krankheit mehr und mehr seines ausgemergelten Körpers bemächtigte. Falls dieser die Behandlung für einen Fehlschlag hielt und sich von seinem Möchtegernretter abwandte, war die Enthüllung vorprogrammiert.
    Wilson beschloß, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen – den Grafen zum Schweigen zu bringen, bevor er zur Gefahr wurde, und der Polizei den gesuchten Mörder zu liefern. Er zwang Ayesha, mich in eine Falle zu locken; im Gegensatz zu den uns bislang bekannten Hieroglyphen-Botschaften war diese Mitteilung so unbeholfen und dilettantisch abgefaßt, daß man sie für das Produkt einer im Umgang mit der Sprache nicht vertrauten Person hätte halten können. Wilson beabsichtigte, mich für die von uns heute abend unterbrochene Zeremonie zu mißbrauchen. Er plante, sämtliche Zeugen fortzuschicken und mich und Liverpool dann in einer Weise zu beseitigen, die keinen Zweifel daran ließ, daß der Graf zunächst mich und dann sich umgebracht hatte – oder vielleicht, daß wir uns gegenseitig getötet hatten. Ich kann mir eine ganze Reihe von Vorgehensweisen vorstellen, um das zu bewerkstelligen.«
    »Ich bin sicher, daß Sie das könnten, Ma’am«, warf der Inspektor respektvoll ein. »Aber es war doch Miss Minton, nicht Sie –«
    Nachlässig winkte ich ab. »Eine unwesentliche Veränderung in der Besetzung der Darsteller, Inspektor. Miss Mintons Rolle in dieser Geschichte war ohnehin überaus merkwürdig. Ich vermute, daß Wilson sie heiraten wollte. Ihr zu sagen, daß er sie liebte, wäre eine Perversion dieses edlen Begriffs gewesen, trotzdem hätte er es vermutlich so umschrieben. Allerdings mißfiel ihm, daß sie ihn herablassend behandelte, und als er erfuhr, daß sie keinen Pfennig besaß, empfand er es als schwierig, seinen Zorn und seinen Unglauben zu verbergen. Sein übersteigertes Geltungsbedürfnis, das auch zu seiner Selbsttäuschung führte (denn ich muß wohl kaum erwähnen, daß eine Dame wie Miss Minton seinen Antrag niemals angenommen hätte), suggerierte ihm daraufhin, daß sie ihn getäuscht und hintergangen hatte, und er sann auf Rache. Am gleichen Abend noch stellte er fest, daß sie sich in unserem Haus befand. Sie mußte hier sein; anderenfalls hätte ich ihm nicht so rasch versichern können, daß sie unverletzt war. Ich machte einen Fehler – das gebe ich offen zu –, indem ich ihm das erzählte, versuchte aber dennoch, das Mädchen zu schützen, und bestand darauf, daß sie bis zum Morgen blieb. Ich hatte keine Ahnung, daß sie es wagte, sich MIR zu widersetzen. In der Tat war sie so aufgebracht und gekränkt, daß sie beschloß, das Haus umgehend zu verlassen; und Wilson, der in der Hoffnung draußen wartete, mit ihr reden zu können, hatte keinerlei Schwierigkeit, ihr seine Begleitung anzudienen. Zweifellos erwartete sie, daß er sie in ihre Wohnung brachte, doch sobald sie in der Droschke saßen, hatte er sie in seiner Gewalt. Es ist keineswegs grundlos, daß junge Damen vor diesen gefährlichen Fortbewegungsmitteln gewarnt werden!«
    Bislang hatte ich meine Schilderung ohne jede Unterbrechung von Emerson oder Ramses fortgesetzt, und mir wurde schlagartig klar, daß das überaus ungewöhnlich war und ich die Sache hinterfragen sollte. Emerson feixte so unverfroren, daß ich ihn am liebsten geschüttelt hätte, und Ramses …
    »Das Kind ist betrunken«, entfuhr es mir. »Emerson, wie konntest du!«
    Emerson verhinderte gerade noch rechtzeitig, daß Ramses von seinem Stuhl zu Boden glitt. Der Junge hatte die Augen geschlossen und reagierte auch nicht, als sein Vater ihn in die Arme nahm.
    »Er ist nicht betrunken, Amelia, er ist müde«, erwiderte Emerson entrüstet. »Der kleine Kerl hatte einen aufregenden Abend.«
    »Ein aufregender Abend, in der Tat. Eine aufregende Woche wäre zutreffender. Vermutlich war er kaum im Bett … Nehmen

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