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Amelia Peabody 05: Der Sarkophag

Amelia Peabody 05: Der Sarkophag

Titel: Amelia Peabody 05: Der Sarkophag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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Beurteilungsfehlern schuldig gemacht. Zum einen hatte ich der Frau in der Opiumhöhle zuviel Beachtung beigemessen. Eifersucht ist ein Charakterzug, den ich zutiefst verabscheue. Ein solches Gefühl würde niemals in meinem Herzen Einkehr halten, da mein Vertrauen zu meinem Gatten grenzenlos ist. Ich war nicht eifersüchtig. Trotzdem hätten einige Leute meine bohrenden Fragen gegenüber Emerson unter diesem Aspekt betrachten können, und ich bedauerte es, einen solchen Eindruck erweckt zu haben. Darüber hinaus ist es ein Kapitalfehler, einen Gatten – insbesondere ein solches Prachtexemplar wie Emerson – zu einem Schuldgeständnis zu zwingen. Überflüssig zu erwähnen, daß ich mich selbstverständlich mit der Absicht trug, herauszufinden, wer die Frau war und in welcher Beziehung sie zu Emerson gestanden hatte; aber dafür gab es andere Methoden, die sich als zweifellos effektiver herausstellen würden.
    Der zweite Irrtum jenes Abends stellte sich erst nach unserer Ankunft im Chalfont House heraus. Ich bedauere ihn zutiefst, muß jedoch zu meiner Verteidigung sagen, daß er jedem hätte unterlaufen können.
    Emerson hob mich aus der Droschke und warf dem Kutscher eine Münze zu. Nebel hing in den nassen Bäumen, und der Eisenzaun glänzte wie von einem frischen Anstrich überzogen. Die Morgendämmerung kündigte sich bereits an, aber es war immer noch recht dunkel. Dennoch hinderten mich weder die Dunkelheit noch Emersons Bestrebung, mich so rasch wie möglich ins Haus zu bugsieren, daran, die am Tor hockende Gestalt zu bemerken.
    »Gütiger Himmel«, entfuhr es mir. »Bist du denn von allen guten … ich kann es einfach nicht glauben …«
    Nachdem ich ein weiches, feuchtes Stück Stoff gepackt hatte, zerrte ich die kauernde Gestalt vom Boden hoch und schleifte sie durch das von Emerson geöffnete Tor.
    »Schließ das Tor, und beeil dich, Emerson!« schrie ich. »Das ist der Gipfel! Warte nur, bis wir im Haus sind, junger Mann!«
    »Aber Peabody«, hub Emerson an.
    »Da gibt es nichts zu entschuldigen, Emerson. Ich hatte strikte Anweisungen erteilt.«
    Gargery hatte uns schon erwartet. Noch vor meinem Klopfen öffnete er die Tür und wich dann mit fragendem Blick zurück, als ich das tropfnasse, schmutzige und jammernde Kind in die Eingangshalle zerrte.
    Es war nicht Ramses.
    Trotz seines schmutzverkrusteten Gesichts erkannte ich, daß es sich nicht um meinen Sohn handeln konnte. Dieses Kind hatte eine kleine Stupsnase, und die ängstlich blinzelnden Augen hinter den zusammengekniffenen Lidern waren von einem blassen Himmelblau.
    »Emerson«, sagte ich. »Dein lautes Gelächter weckt noch das ganze Haus auf. Ich finde diese Situation keineswegs komisch.«
    Ich stürmte die Treppe hinauf. Emerson blieb in der Halle zurück; ich hörte das Klirren von Münzen – sein Patentrezept für jeden gesellschaftlichen Fauxpas – und eine leise gemurmelte Unterhaltung mit Gargery, die von unterdrücktem Lachen begleitet wurde. Bald darauf jedoch gesellte er sich zu mir und schlang seinen Arm um meine Schultern.
    »Schon ins Bett, Peabody? Gut, gut. Du mußt überaus erschöpft sein. Ich glaube, ich werde kurz –«
    »Falls du nach Ramses sehen willst, begleite ich dich. Erst wenn ich mit meinen eigenen Augen gesehen habe, daß er dort ist, wo er um diese Uhrzeit hingehört, bin ich beruhigt.«
    Strenggenommen war Ramses dort, wo er hingehörte. Aber er lag nicht im Bett. Seine Tür stand offen und er mit nackten Füßen auf der Schwelle. »Guten Abend, Mama, guten Abend, Papa«, begann er. »Als ich Papas Stimme unten hörte, wagte ich –«
    »Geh zu Bett, Ramses«, sagte ich.
    »Ja, Mama. Darf ich es wagen zu fragen –«
    »Nein, darfst du nicht.«
    »Da mir euer Vorhaben bekannt war«, bemerkte Ramses in dem Versuch einer anderen Taktik, »machte ich mir gewissermaßen Sorgen um eure Sicherheit. Ich hoffe, euch ist nichts –«
    »Oh, großer Gott«, entfuhr es mir. »Gibt es denn nichts, was deiner unstillbaren Neugier entgeht, Ramses?«
    »Pst«, zischte Emerson und legte einen Finger an seine Lippen. »Du wirst die Kinder aufwecken, Amelia. Zweifellos hat das gesamte Hauspersonal über unseren Ausflug getratscht; ist dir nicht aufgefallen, daß Gargery während unseres Gesprächs mit O’Connell an der Tür zur Bibliothek herumlungerte? Da du wach bist, Ramses, und verständlicherweise besorgt, komm mit nach unten, und Papa wird dir alles erzählen. Ich versprach Gargery –«
    »Ramses hat Zimmerarrest«,

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