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Amelia Peabody 13: Der Herr der Schweigenden

Titel: Amelia Peabody 13: Der Herr der Schweigenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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gehalten. Emerson, der als Nächster auftauchte, unterlag diesem Irrtum nicht. Aus alter und unabänderlicher Gewohnheit hatte er sein Hemd ausgezogen, sobald die Temperaturen gestiegen waren; als er Miss Minton erblickte, schrak er zusammen, fluchte und sprang zurück in die Gruft.
    »Meine Güte!« Miss Minton lachte. »War das ein Wink mit dem Zaunpfahl, dass er mich nicht sehen will?«
    »Wir sind sehr beschäftigt«, räumte ich ein.
    »Was für ein großartig aussehender Mann er ist.«
    »Wie ich schon sagte …«
    Emerson vereitelte meinen schwachen Versuch, die Dame loszuwerden, indem er wieder auftauchte – diesmal mit seinem Hemd bekleidet. Während er zu uns strebte, stopfte er es in den Hosenbund.
    »Miss Minton, habe ich Recht?«
    »Ich bin ausgesprochen geschmeichelt, dass Sie sich an mich erinnern, Professor.« Sie reichte ihm ihre Hand. Emerson ließ sie los, sobald es die Regeln des Anstands gestatteten, gleichwohl wird das ruppige Verhalten, das er gegenüber anderen Männern zeigt, von einer hoffnungslosen Ritterlichkeit bei Frauen überlagert. Er empfindet es als überaus diffizil, grob zu ihnen zu sein.
    »Nehmen Sie den Lunch mit uns ein?«, fragte er.
    »Nein, nein, ich würde nicht im Traum daran denken, mich Ihnen aufzudrängen«, erwiderte Miss Minton. Sie spähte zu mir. »Aber wenn es Ihnen nicht allzu viele Umstände macht … Ein Glas Wasser, vielleicht, bevor ich mich wieder auf den Weg mache? Die Luft hier ist so trocken.«
    Das war eine Bitte, die man ihr schwerlich abschlagen konnte. Ich zwang mich zu einem Lächeln und führte sie zu unserem schattigen Plätzchen.
    An besagtem Tag war Sennia mitgekommen, da sie schulfrei hatte. Derweil sie und Gargery den von Fatima vorbereiteten Picknickkorb inspizierten, schaute Nefret sich um, und Ramses verwickelte Sennia in eine Diskussion, welche besonderen Vorteile Tomaten- gegenüber Käsebroten haben könnten.
    »Was für ein reizendes Familienidyll!«, entfuhr es Miss Minton. Ihren scharfsichtigen dunklen Augen entging kein Detail, angefangen von Sennias staubigen schwarzen Locken bis hin zu Nefrets aus Hosen, Stiefeln und verschwitztem Hemd bestehender Arbeitskleidung. »Bitte, lassen Sie uns nicht so formell sein; ich bin sicher, ich kenne jeden außer …«
    »Miss Minton«, sagte ich mit einem üblen Hintergedanken. »Sie erinnern sich an unseren Butler, Gargery?«
    Damit vermochte ich sie nicht zu erschüttern. Ihr ziemlich großer Mund verzog sich zu einem breiten Grinsen. »Ich erinnere mich sehr gut an ihn. Er verpasste mir eine denkwürdige Gardinenpredigt, als er mich eines Nachmittags dabei ertappte, wie ich mich in der Nähe der Bibliothek aufhielt, einem Raum, für den ich nicht zuständig war. Wie geht es Ihnen, Gargery?«
    »Ganz gut, Miss … Madam … äh … Miss. Danke der Nachfrage.«
    »Und das muss die junge Mrs Emerson sein«, fuhr Miss Minton fort und reichte Nefret ihre Hand. »Ich habe schon viel über Sie gehört.«
    »Ich über Sie nicht minder, Miss Minton.«
    »Sie kennen mich noch nicht«, schaltete sich Sennia ein. »Ich heiße Sennia. Sind Sie eine Freundin von uns?«
    Miss Minton bedachte sie mit einem entsetzlich zuckersüßen Lächeln. Ich erkannte sogleich, dass sie mit Kindern kaum etwas anzufangen wusste. »Aber ja, mein Kind. Ich kenne deine … äh … Familie schon seit langem.«
    Darauf fiel Miss Mintons Suchscheinwerferblick auf Ramses, der sich soeben erhob. Wenigstens hatte er alle Blößen bedeckt, obschon die legere Arbeitskleidung seine Figur lediglich vorteilhaft unterstrich.
    »Meinen Sohn kennen Sie bestimmt«, bemerkte ich.
    »Ich erinnere mich sehr wohl an ihn, hätte ihn aber nicht wiedererkannt. Was für einen Unterschied ein paar Jahre ausmachen können!«
    »Ich denke, es waren mehr als ein paar Jahre«, versetzte Ramses. »Sind Sie zwecks journalistischer Recherche in Ägypten, Miss Minton, oder zum Vergnügen?«
    »Von beidem ein wenig.«
    Ich füllte ein Glas mit Wasser und drückte es Miss Minton in die Hand. »Dann sind Sie also der Wahrheit auf der Spur?«, warf ich süffisant ein.
    »Wie stets, Mrs Emerson.« Sie nippte affektiert an der Flüssigkeit. »Ich danke Ihnen. Überaus erfrischend. Natürlich würde ich liebend gern einen Abstecher zu den Gefechtslinien unternehmen.«
    »Augenblicklich passiert im Sinai nicht viel«, räumte Ramses ein.
    »Ich hatte eher an die Westfront gedacht.« Ihre Mundwinkel zuckten ironisch. »Die Westfront von Ägypten, meine ich. Die

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