Amelia Peabody 14: Die goldene Göttin
ihn. Und seinen Vater. Das ist alles, worüber sie sich unterhalten kann! Den alten Knaben nennt sie ›meinen Mann, Mr Albion‹. Ich dachte, das wäre seit fünfzig Jahren aus der Mode.«
In ihrer unbekümmerten Art tat sie die Albions als exzentrische Störenfriede ab, und damit hatte sie Recht. Ramses schämte sich fast, dass Sebastian ihn hatte provozieren können. »Und wie nennt sie diese Missgeburt?«
Nefret giggelte. »Er ist einzig und allein ›mein Sohn Sebastian‹. So wie sie es betont, klingt es wie ein Fürstentitel.«
»Wann können wir heimgehen?«
Nefret drückte seinen Arm. »Wann du willst, mein armer Schatz. Du warst ein guter Junge und musst belohnt werden.«
Er lächelte, und ihr Herz setzte für Sekundenbruchteile aus, wie immer, wenn er sie so ansah. Ich bin hoffnungslos verliebt, dachte sie. Absolut hoffnungslos, und ich bin froh darüber.
Emerson war noch nicht bereit zum Aufbruch. Er habe noch ein paar Dinge mit Bertie zu klären, und dann müsse er die ganze Sache wiederum mit Cyrus durchsprechen, der zu der Gruppe gestoßen war.
»Geht ruhig schon vor«, sagte er großzügig.
»Kann ich mit euch gehen?«, bat Jumana.
»Natürlich«, sagte Nefret und schalt sich insgeheim, dass sie das Mädchen vernachlässigt hatte. Bei Anlässen wie diesem brauchte es jede nur mögliche Unterstützung.
Ramses bot Jumana galant seinen Arm und verzog keine Miene, als sie sich kichernd an ihn hängte. Er wollte sie für die Kränkung entschädigen, von der sie glücklicherweise nicht einmal ahnte, und seine Frau wurde einmal mehr daran erinnert, wie sehr sie ihn liebte.
Sie fasste seinen anderen Arm, und gemeinsam strebten sie zur Tür. Dann spürte sie, wie sich die Muskeln unter ihrer Hand anspannten. Sebastian trat ihnen in den Weg.
»Es war ein Missverständnis«, murmelte er. »Ich bitte um Entschuldigung.«
Wen?, überlegte Nefret. Er hatte Ramses angesprochen, sie oder Jumana indes keines Blickes gewürdigt.
Ramses nickte knapp und führte die Damen zu der wartenden Kutsche.
»Wer war das?«, erkundigte sich Jumana neugierig. »Er war sehr höflich.«
»Irgendein Tourist«, erwiderte Ramses. »Sehr langweilig, wie Sennia sagen würde.«
Lachend fing Jumana an zu plaudern und wiederholte, was Emerson über Deir el-Medina berichtet hatte. Sie hatte ein ausgezeichnetes Gedächtnis.
Nefret lehnte sich zurück und ließ sie erzählen. Der junge Albion musste wirklich Nerven haben! Warum hatte er sich überhaupt die Mühe gemacht, sich zu entschuldigen? Um sich und seine Familie bei den Emersons einzuschmeicheln? Jumana zu ignorieren, war vermutlich das Vernünftigste, was er tun konnte.
Er durfte doch wohl kaum erwarten, einem Mädchen vorgestellt zu werden, das er zu verführen hoffte – und schon gar nicht von dem Mann, der ihn bereits gewarnt hatte.
Während des Frühstücks redete Emerson über seine Pläne. Er beabsichtigte, sich mit Cyrus und Bertie in Deir el-Medina zu treffen, um die ganze Sache noch einmal durchzusprechen. Nichts von dem, was Ramses und ich einwandten, zeitigte auch nur die geringste Wirkung auf seinen Dickschädel, und als ich begriff, dass es ihm tatsächlich ernst war mit seinem hanebüchenen Vorhaben, musste ich mich wirklich beherrschen. Ich hatte nicht vor, dieses zu billigen, aber eine lautstarke Auseinandersetzung bei Tisch wäre unfein gewesen, vor allem in Sennias Gegenwart.
»Wenn du das vorhast, brauchst du mich ja nicht«, verkündete ich. »Ich fahre nach Luxor. Nefret, du könntest mich doch gut begleiten. Dank der Egozentrik gewisser Personen hast du noch keine Gelegenheit gefunden, irgendetwas für euer Haus einzukaufen.«
Statt mir zu widersprechen, schien Emerson erleichtert. Genauso wenig wie ich von ihm wollte er einen Vortrag von mir hören. Ich hatte noch eine kurze Unterredung mit Miss Sennia, die an unserem Einkaufsbummel teilnehmen wollte, aber letztlich schüttelte ich sie alle ab. Nefret und ich schlenderten darauf zu ihrem Haus, wo ich ihr einige konstruktive Vorschläge machen konnte.
Alles schien in Ordnung. Das war mir klar, da Fatima nach dem Rechten sah, und ich entdeckte nichts Auffälliges. Najia werkelte bereits im Salon, wischte Staub und fegte. Das Geburtsmal war nicht wirklich entstellend – nur ein rötlicher Fleck, der eine Wange bedeckte –, dennoch hielt sie ihr Gesicht während unseres Gesprächs abgewandt. Sie hatte ungeschickt versucht, es mit einer weißlichen Paste zu kaschieren, was nach meinem
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