Amelia Peabody 14: Die goldene Göttin
Dafürhalten noch mehr auffiel als der Geburtsmakel. Ich nahm mir fest vor, Nefret zu fragen, ob es nicht irgendeine Kosmetik gäbe, die besser wirkte.
Das andere Mädchen, Ghazela, war ihre Cousine; in gewisser Weise waren sie allesamt Cousinen. Der Name war nicht besonders passend; sie war keine feingliedrige Gazelle, sondern eine pausbäckige, stämmige Jugendliche von vielleicht vierzehn Jahren. Sie freute sich, dass sie für Nefret arbeiten durfte, und das berichtete sie mir sehr ausführlich. Wie die meisten aus der jüngeren Generation – auch die Mädchen –, verfügte sie über eine marginale Schulbildung. Wir plauderten über ihre Pläne und Vorhaben – unterdessen brachte ich einige kleine, behutsame Vorschläge zur Herdreinigung an –, als Nefret, die ihre Handtasche und einen kleidsameren Hut hatte holen wollen, hereinkam.
»Ich dachte mir, dass ich dich hier finden würde, Mutter. Ist alles zu deiner Zufriedenheit?«
»Wie ich sehe, habt ihr den Herd benutzt.«
»Nur für den Frühstückskaffee. Najia macht ihn hervorragend.«
»Dann bist du also mit den Mädchen zufrieden?«, erkundigte ich mich, nachdem wir aus dem Haus gegangen waren.
»Oh ja. Was sehen wir uns heute an?«
»Hast du denn keine Liste?« Ich wedelte mit meiner.
»Ich habe alles im Kopf«, kicherte Nefret. »Es macht sowieso mehr Spaß, etwas zu entdecken, von dem man gar nicht gewusst hat, dass man es braucht.«
Als Erstes suchten wir das Geschäft von Abdul Hadi auf, denn je eher er anfinge, umso besser. Nefret hatte wirklich alles mental gespeichert; sie gab einige Möbelstücke in Auftrag – Stühle und Tische und Truhen – und zeichnete grobe Skizzen davon, einschließlich ihrer Abmessungen. Abdul Hadi lief geschäftig umher, seine Knie knackten jedes Mal, wenn er sich bücken musste, und er versicherte ihr, dass die Ehre ihrer Kundschaft ihn dazu anspornen werde, Tag und Nacht zu arbeiten. Wir ließen ihn knackend und katzbuckelnd zurück und Nefret sagte: »Zwei Wochen.«
»Er hat eine Woche gesagt.«
»Das war nur seine übliche Floskel. Aber ich denke, ich kann einiges in vierzehn Tagen bekommen, wenn ich nicht locker lasse.«
Sämtliche Händler kannten uns und zauberten das Beste hervor, darunter auch einen wunderschönen handgewebten Stoff, aus dem Nefret Kissen für den Salon genäht haben wollte. Ich halte mich für eine effiziente Einkäuferin, war aber noch nie so schnell von einem Geschäft ins andere und von Souk zu Souk gefegt wie an diesem Tag. Schließlich landeten wir bei einem Töpfer, wo Nefret Tongefäße in allen Formen und Größen erstand.
»Einige sind für den Innenhof«, erklärte sie. »Ich möchte Hibiskus und Zitronenbäume und Rosen, und Bougainville.«
»Dann«, sagte ich und musste mich räuspern. »Dann … gefällt euch das Haus? Es ist nach eurem Geschmack?«
»Ja, Mutter, selbstverständlich. Hast du daran gezweifelt?«
Das hatte ich nicht – nicht wirklich –, aber ich hatte ihnen auch kaum eine Wahl gelassen! Und bei zwei so eigenwilligen Geschöpfen kann man nie sicher sein. Jetzt wusste ich, dass ich sie geködert hatte. Eine Frau kauft keine neuen Möbel für ein Haus, wenn sie dort nicht bleiben will.
Wir gönnten uns ein Mittagessen im Winter Palace, wo wir uns angeregt unterhielten. Es gibt keinen besseren Gesprächspartner als Emerson – wenn er guter Laune ist –, trotzdem ist es unmöglich, Haushaltsangelegenheiten im Beisein von Männern zu diskutieren. Nach dem Essen schlug ich vor, bei Mohassib vorbeizuschauen.
»War das der eigentliche Grund, weshalb du nach Luxor wolltest?«, forschte Nefret, ihre Stirn leicht gekraust.
»Aber nein, mein Schatz. Es ist mir eben erst eingefallen. Wir haben noch viel Zeit, und wer weiß, wann wir wieder nach Luxor kommen, und ich habe Cyrus versprochen, ich würde ein Schwätzchen halten mit Mohassib und über –«
»Hast du das wirklich?«
»Ihm versprochen? Mein Ehrenwort.«
»Verstehe. Also gut, Mutter. Aber mich verkaufst du nicht für dumm. Du willst Jamil stellen.«
»Einer muss es schließlich tun«, seufzte ich. »Emerson hat das Interesse verloren – das war mir ohnehin klar, nachdem er seine Arbeit aufgenommen hat – und den missratenen Bengel nimmt ja sonst keiner ernst.«
Die Scharen von Dragomanen und Fremdenführern, welche die Stufen zum Hotel besiedelten, teilten sich vor uns wie das Rote Meer. Wir schlenderten weiter, vorbei am Luxor Tempel. Ich konnte diese prachtvollen Säulen nie passieren,
Weitere Kostenlose Bücher