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Amelia Peabody 15: Der Herr des Sturms

Titel: Amelia Peabody 15: Der Herr des Sturms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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ehemals kahlen Grundstück. Rosen- und Hibiskusbüsche standen in verschwenderischer Blüte, Beete mit Kapuzinerkresse und andere mitgebrachte Gewächse erinnerten an unsere englische Heimat.
    »Und nun«, sagte ich, eine verblühte Rose mit meinen Fingernägeln abknipsend, »erzählst du mir alles. Ramses’ Bericht war etwas dürftig.«
    »Notgedrungen.« Nefret lächelte schwach. »Er wusste, dass Vater ihn über kurz oder lang unterbrechen würde.«
    »Von Anfang an«, drängte ich. »Bitte, versuch dich an deine Eindrücke zu erinnern und wie du im Einzelnen reagiert hast. Man weiß nie, welche scheinbar unwesentlichen Details im Nachhinein an Bedeutung gewinnen.«
    Ihre Schilderung war umfassend und genau, obwohl ich mir sicher war, dass sie ein paar Dinge ausgelassen hatte – wie beispielsweise die Wirkung einer lauschigen Vollmondnacht auf vier junge Menschen. Ich bezweifelte, dass sie in der Verfassung gewesen wären, blitzartig auf die unvorhergesehenen Ereignisse zu reagieren. Freilich erwähnte ich das nicht, und ich machte ihr auch keinerlei Vorwurf, dass sie uns nicht hinzugeholt hatten.
    »Verflixt und zugenäht«, brauste ich auf. »Exakt dann, wenn ich alles unter Kontrolle habe, sogar Emerson! Diese neuerliche Entwicklung kommt völlig uner wartet und unpassend für mich.«
    »Nicht nur für dich«, erwiderte Nefret trocken. »Aber kommt sie wirklich unerwartet, Mutter?«
    »Hast du dergleichen erwartet? Mein liebes Kind, ich wünschte, du hättest mehr Vertrauen zu mir. Ich glaube fest an derartige Vorahnungen. Es sind Impulse des Unterbewusstseins, das auf Reize reagiert …«
    »Ja, Mutter, ich stimme dir zu. Aber in diesem Fall war mein Bewusstsein am Werk. Ramses’ Flucht muss doch frustrierend für die Frau in Kairo gewesen sein, schließlich hat sie sich mächtig ins Zeug gelegt, um ihn zu umgarnen, Ist es da nicht logisch, dass sie es wieder probiert?«
    »Wenn das ein weiterer Verführungsversuch sein sollte, war er schlecht organisiert«, kritisierte ich. »Sie hätte ein Dutzend schlagkräftiger Komplizen benötigt, um mit euch vieren fertig zu werden. Ganz zu schweigen von dem hysterischen Bengel und seinen Aufpassern.«
    Nefret lächelte widerwillig. »Es war wirklich grotesk … ein Drama ohne kompetenten Regisseur. Alle liefen wie aufgescheuchte Hühner herum, kamen sich in die Quere, verwischten Spuren und brüllten. François und sein Trupp – drei weitere Crewmitglieder von der Dahabije – stolperten über die Mauer und trugen zur allgemeinen Verwirrung bei.« Ihr Lächeln verschwand. »Ich war zu besorgt um Justin, um das Schauspiel zu genießen. Als ich ihn ausgestreckt auf der Säule liegen sah, kreidebleich und starr, seine aufgerissenen Augen auf den Mond geheftet, dachte ich, er wäre tot.«
    »Aber das war er nicht.«
    »Er lebte und war hellwach«, sagte Nefret angesäuert.
    »François wollte nicht, dass ich ihn untersuchte. Ich habe nicht darauf beharrt, denn der kleine Satansbraten freute sich wie ein Schneekönig, er lachte und protzte damit, wie die Göttin ihn angelächelt und ihre Hände ausgestreckt habe, um ihn zu segnen.«
    »Hat sie das?«
    »Wenn ich das wüsste. Ich hab den Kopf verloren«, gestand Nefret. »Ich hatte meinen Bogen mitgenommen, weil … Na, weil ich dachte, irgendeiner muss schließlich bewaffnet sein, im Ernstfall. Und du weißt, wie Ramses zu Feuerwaffen steht.«
    »Eine Pistole wäre effektiver gewesen.«
    »Man hätte die Frau doch nicht kaltblütig erschießen können«, wandte Nefret ein. »Außerdem bin ich besser mit dem Bogen als mit einer Pistole, und ich habe auf ihre Füße gezielt, besser gesagt, auf den Boden, wo ich ihre Füße vermutete. Ramses entriss mir den Bogen … vorher musste er noch Maryam abschütteln, die sich schreiend an ihn klammerte. Als wir den Tempeleingang erreichten, war sie fort. Ramses und David machten sich auf die Suche, aber ihr blieb genügend Zeit, um zu entwischen, wenn sie sich auskannte, was wahrscheinlich ist.« Ich speicherte diesen Punkt unter der Rubrik »zukünftige Überlegungen«. Für sich genommen bedeutete er gar nichts – oder aber eine ganze Menge. Hatte man sämtliche Fakten zusammengetragen, ergab sich vielleicht ein Bild. Ich würde mir die Zeit nehmen müssen für eines jener kleinen Diagramme, die sich bei früheren Ermittlungen als zweckmäßig erwiesen hatten.
    »Wir machen uns besser auf den Weg zur Exkavation«, sagte ich. »Emersons erste Reaktion auf Ärgernisse besteht

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