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Amelia Peabody 15: Der Herr des Sturms

Titel: Amelia Peabody 15: Der Herr des Sturms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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handelt es sich um die Säulenhalle eines wesentlich älteren Tempels«, korrigierte mein Angetrauter. »Wo bleibst du so lange, Peabody? Der Schutt türmt sich bereits meterhoch auf.«
    »Ich kümmere mich umgehend darum. Gute Arbeit, Bertie. Wie schön Sie jede noch so winzige Kleinigkeit eingezeichnet haben!«
    »Danke, Ma’am.« Bertie schob seinen Tropenhelm zurück und wischte sich die verschwitzte Stirn. »Selim und David haben bei den Abmessungen geholfen, aber noch ist es ein provisorischer Plan.«
    »Wo ist Ramses?«, erkundigte sich Nefret.
    »Da hinten.« Emerson gestikulierte. »Er hebt einen Graben entlang der Nordseite der Umfassungsmauer aus, um herauszufinden, ob es vielleicht noch Stellen gibt, wo unsere verdammten Vorgänger nicht nach Artefakten gebuddelt haben. Wüsste nicht zu sagen, was schlimmer ist, hiesige Diebe oder unfähige Ägyptologen. Wie soll ich die Stratigrafie deuten, wenn sie das Unterste zuoberst gekehrt haben?«
    »Umso mehr ist es dein Verdienst, mein Schatz, wenn du das hinterlassene Chaos sinnvoll strukturierst.«
    Emerson maß mich ziemlich perplex und schob mich beiseite. »Tschuldigung, Peabody«, murmelte er, seine breiten Schultern straffend. Sein schwarzes Haar glänzte wie das Gefieder eines Raben. Ich mochte ihn nicht fragen, was er mit seiner Kopfbedeckung angestellt hatte.
    »Schon vergessen, Emerson.«
    »Ach, tatsächlich? Bist du sicher«, erkundigte sich Emerson, »dass du mir meine sämtlichen Verfehlungen nicht zu einem späteren Zeitpunkt vorwirfst?«
    »Mein lieber Emerson, ich könnte sie vermutlich gar nicht alle aufzählen.«
    Schmunzelnd griff Emerson nach mir, bemerkte Bertie und ließ seine Hand sinken. »Wir haben alles gründlich abgesucht, Peabody. Der Boden war von Fußspuren übersät. Allerdings haben wir einen Stofffetzen gefunden, er hing an der Umfassungsmauer und wäre leicht zu übersehen gewesen. Auf beiden Seiten türmt sich Geröll.«
    Er durchwühlte seine Jackentaschen, fischte Pfeife, Tabaksbeutel, Tonscherben und ein Stück Stoff heraus, das er mir reichte.
    »Hmmm«, sagte ich, während ich es näher betrachtete. »Feines Leinen, plissiert. Ich nehme es an mich, wenn du nichts dagegen hast. Steck deine Pfeife weg, Emerson, sonst lässt du sie noch fallen. Wieso hast du die Taschen voller Nägel?«
    »Ich wollte ein Hinweisschild aufstellen«, erklärte Emerson und stach sich prompt in den Finger. Er saugte daran und fuhr fort: »Eine deutliche Warnung an diese verdammten Touristen. Einer hat mir doch tatsächlich Geld geboten, wenn ich für ein Foto posiere.«
    »Diese Schnappschüsse sind ein Albtraum für jeden seriösen Archäologen«, räumte ich ein. »Ich hoffe, du hast ihn nicht verprügelt, Emerson.«
    »Es war eine Frau«, sagte Emerson finster. »Ich konnte sie nicht mal beschimpfen. Lia hat das übernommen, weil du nicht hier warst.«
    Ich beschloss, mir dieses Hinweisschild einmal anzusehen. Es begann mit den Worten: Ich werde jeden eigenhändig umbringen … , und wurde in dem Ton über etliche Sätze fortgesetzt. Während ich es inspizierte, trat Selim zu mir.
    »Ich soll noch eins in Arabisch machen«, grinste er. »In dem exakten Wortlaut.«
    »Vielleicht auch noch in Deutsch und Französisch? Gibt es irgendwas Neues, Selim?«
    »Über letzte Nacht? Nein, Sitt Hakim, es ist uns allen ein großes Rätsel.«
    »Wusste man in Kurna, dass Ramses und die anderen herkommen würden?«
    »Oh ja, Sitt. Sie haben kein Geheimnis daraus gemacht.« Selim kratzte sich versunken den Bart und sah mich unter gesenkten Wimpern hinweg an. »Es ist weithin bekannt, dass die Weiße Dame in Vollmondnächten hier erscheint.«
    »Wie viele Leute haben diese Weiße Dame tatsächlich gesehen?«
    Selim überlegte stirnrunzelnd. »Eine gute Frage, Sitt. Ich habe mit niemandem gesprochen, der sie leibhaftig gesehen hätte, alle haben die Geschichten von anderen gehört, genau wie ich auch.«
    »Die Frauen kommen nicht hierher, um sich ihre Gunst zu sichern? Die frühen Ägypterinnen haben sich von Hathor Liebesglück und Kindersegen erbeten.«
    »Sie haben Angst im Dunkeln, Sitt. Sie fürchten Dämonen und Geister.«
    »Interessant«, murmelte ich nachdenklich.
    »Ja, Sitt. Aber was hat das zu bedeuten?«
    Noch eine gute Frage, und eine, auf die ich keine Antwort wusste.
    Selim hatte eine vergleichsweise gute Nachricht für mich. Das Boot war ein paar hundert Meter flussabwärts auf eine Sandbank aufgelaufen. Die Männer, die es gefunden hatten,

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