Amelia Peabody 15: Der Herr des Sturms
Pony-Express.« Cyrus nickte anerkennend.
»Esel-Express«, berichtigte Sethos. »Und ein paar Kamele.«
»Das ist ja alles schön und gut«, schnappte Walter. »Trotzdem begreife ich nicht, warum wir hier herumsitzen und Whisky trinken, anstatt zu handeln!«
»Was können wir denn tun?«, forschte ich.
Walter schlug mit der Faust auf den Tisch. Das Sanfte war aus seinen Zügen gewichen; seine Augen funkelten. »Die Verfolgung aufnehmen! Schließlich haben wir die Amelia, oder?«
Sethos stellte sein leeres Glas auf den Tisch, wir anderen starrten zu Walter. »Ich habe mich schon gefragt, wann ihr endlich darauf kommt.«
»Aber du, was?«, versetzte Walter.
»Selim hatte die Idee. Deshalb ist er hier. Wir werden seine Hilfe brauchen. An Bord ist nur eine Notmannschaft, und Rais Hassan und seinen Ingenieur zu holen, würde zu lange dauern.«
»Pft«, grummelte Walter wenig besänftigt und kampflustig wie Emerson. »Warum sind wir dann nicht längst aufgebrochen?«
»Weil«, meinte Sethos überaus schleppend, »wir erst am Morgen ablegen können. Einmal abgesehen von den Gefahren nächtlicher Navigation könnten wir im Dunkeln glatt an der Isis vorbeischippern. Und weil wir auf Amelia und Ramses gewartet haben. Zudem müssen wir zunächst alle Fakten auswerten und unsere Strategie planen. Angenommen, wir holen das Boot ein, was dann? Sollen wir es mit gezückten Schwertern erstürmen?«
Walter sprang auf. Seit seiner Ankunft in Kairo hatte er sich prächtig gemacht, und zum ersten Mal gewahrte ich die Ähnlichkeit zwischen ihm und seinem Gegenüber. Er baute sich vor Sethos auf, riss seine Brille von der Nase und schleuderte sie durch den Salon. »Zum Teufel mit dir, ähm … Sethos, machst du dich lustig über mich? Wenn es sein muss, nehme ich selbstverständlich ein Schwert in die Hand!«
Sethos schlug einen völlig anderen Ton an. »Entschuldige … Bruder. Ich weiß, das würdest du tun. Wir wollen hoffen, dass es nicht so weit kommt. Komm, setz dich wieder und lass uns in aller Ruhe diskutieren. Amelia, möchtest du die Diskussionsleitung übernehmen?«
Bevor ich anfangen konnte, stand Selim ungelenk auf. »Ich mache mich schon einmal auf den Weg zur Amelia und lasse die Motoren an. Dann können wir bei Tagesanbruch ablegen.«
»Ich komme mit«, erklärte Walter. »Zum Teufel, wo ist meine Brille?«
»Hier.« Evelyn gab sie ihm. »Walter, Liebster …«
Er wusste genau, was jetzt kommen sollte. Er setzte die Brille auf, fasste sie bei den Schultern und grinste zuversichtlich. »Vielleicht kann ich Selim zur Hand gehen oder so.«
»Ich begleite euch«, erbot sich Bertie. »Ich verstehe ein bisschen was von Maschinen.«
»Selim, du darfst unter gar keinen Umständen galoppieren«, rief ich ihnen noch nach. »Walter, pass auf ihn auf.«
»Verlierst wohl die Kontrolle über deine Untergebenen, was?«, schmunzelte Sethos. »Ich bin wie stets dein williger Sklave. Was kann ich für dich tun? Noch einen Whisky, vielleicht?«
»Ich bin nicht zum Späßen aufgelegt«, gab ich zurück.
»Locker bleiben, meine Teuerste. In der Tat glaube ich, dass wir hier alles unter Kontrolle haben. Die Kinder sind alle im Haupthaus, und das wird von zig Männern bewacht. Frauen und Kinder befinden sich also in Sicherheit …«
Ein empörter Aufschrei von den anwesenden Frauen brachte ihn zum Schweigen. »Wenn du meinst, dass ich hier bleibe«, begann Lia.
»Oder ich!« Evelyn schwang den Schirm.
»Ihr beide tut, was ich euch sage«, bemerkte ich. »Wir müssen entscheiden, wie wir am besten vorgehen. Jemand muss zurückbleiben und sich mit Lacau auseinander setzen. Er wird morgen eintreffen.«
»Er ist bereits hier«, informierte mich Cyrus. »Heute Abend angekommen. Wie können Sie sich in dieser Situation Gedanken um ihn machen?«
»Vielleicht möchte er an der Jagd auf die Isis teilnehmen?«
»Eher unwahrscheinlich«, wandte Cyrus ein. »Der denkt doch nur an seinen blöden Schatz. Was ist mit den anderen Touristendampfern?«
»Ich möchte keine ahnungslosen Urlauber mit hineinziehen. Wir könnten die Fährschiffe bitten, nach der Isis Ausschau zu halten, aber vermutlich wird sie gegen Morgen ganz anders aussehen. Da unsere Widersacher en masse abreisen, bezweifle ich, dass uns hier noch Gefahr droht …«
»Diese Einschätzung mag ich nicht teilen«, versetzte Sethos. »Wir haben geglaubt, die direkte Familie sei nicht betroffen. Das wollten sie uns glauben machen. Jetzt haben sie Nefret. Das mit Emerson
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