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Amelia Peabody 16: Wächter des Himmels

Titel: Amelia Peabody 16: Wächter des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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ernstes Wort mit ihr zu reden, denn es war völlig untypisch für sie, immer gleich einzuschnappen. Vermutlich ging ihr die Sache mit Merasen sehr nahe – anders als wir mochte sie einfach nicht wahrhaben, dass er uns nach Strich und Faden belogen und betrogen hatte. Besonders uneinsichtig war sie gegenüber Ramses. Der Junge hatte Recht, dass er ihr mal ordentlich den Kopf gewaschen hatte.
    Es dauerte eine ganze Weile, bis ich einschlief. Als ich am Spätnachmittag aufwachte, schnarchte Emerson friedlich neben mir. Ich hatte ihn gar nicht kommen hören. Ich kletterte über ihn und glitt aus dem Zelt. Die meisten Männer schlummerten, Ramses stand im Schutz eines der Kamele Wache.
    »Alles ruhig?«, wollte ich wissen.
    »Mutter, wenn es nicht so wäre, hättest du bestimmt was gehört.« Die Augen gegen das helle Sonnenlicht zusammengekniffen, spähte er zum Horizont.
    »Teilst du die Auffassung deines Vaters, dass wir uns auf das Ehrenwort dieses Schurken verlassen können?«
    Ramses senkte die Flinte, drehte sich um und lehnte sich an das Kamel. »Du hast nicht zufällig mitbekommen, was er vor seinem Aufbruch sagte?«
    »Doch, aber ich hab nicht alles verstanden.«
    »Es war eine Warnung. Die Beduinen tuscheln schon darüber, dass eine Gruppe von Engländern mit einer opulent ausgestatteten Karawane nach Westen zieht. Für die sind wir ›Ungläubige‹ leichte Beute.«
    »Das ist ja sehr aufbauend, muss ich sagen.«
    »Eine aufbauende Lüge würdest du genauso wenig hinnehmen.«
    Da trat Emerson mit federnden Schritten zu uns. Die Sonne versank bereits am westlichen Himmel. Nach einer ausgiebigen Inspektion der Umgebung nickte er zufrieden. »Ruh dich jetzt aus, Ramses. Komm, Peabody, steh nicht nutzlos hier rum. Wir müssen bei Mondaufgang aufbrechen.«
    Unser ziemlich dürftiges Mahl aus Dosentomaten und Reis wurde von einer Diskussion mit Masud gekrönt. Er war so aufgebracht, dass seine Stimme in ein schrilles Falsett umschlug, als er Emerson – berechtigte – Vorwürfe machte. Er und seine Leute hätten gesehen, wie Emerson dem Fremden eine Tasche voll Geld – ihr Geld – ausgehändigt hatte. Womit wollte er sie nun bezahlen? Sie verdienten mehr als den versprochenen Lohn. Schließlich seien sie als Kameltreiber angeworben worden und nicht als mobiler Schlägertrupp.
    »Und, habt ihr euch bislang prügeln müssen?«, wollte Emerson wissen. »Die legendäre Kraft des Vaters der Flüche hat euch beschützt und wird das auch weiterhin tun. Ihr wisst um die Gefahren der Wüste und habt diese akzeptiert. Ihr bekommt euer Geld – mehr als zugesagt, wenn ihr loyal bleibt. Und sollte einem von euch etwas zustoßen, dann bin ich ein Gemahl für eure Witwen und ein Vater für eure Kinder.«
    »Ich bin mir nicht sicher, ob das so geschickt formuliert war, Emerson«, murmelte ich.
    Daoud räusperte sich lautstark. »Der Vater der Flüche hat noch immer Wort gehalten.«
    »Aywa«, meinte Masud gedehnt. »Ja.«
    »Und«, fügte Daoud hinzu, »der Zorn des Vaters der Flüche verfolgt den Ungehorsamen bis in den Tod.«
    »Der Spruch ist gut«, sagte Ramses anerkennend. »Neu, was?«
    Daoud strahlte und Masud ruderte händeringend und heftig nickend zurück. Er und seine Männer schienen zwar nicht überzeugt, würden aber vermutlich nicht meutern.
    Emerson teilte meine Auffassung. »Diese Burschen sind loyal, wenn auch ein bisschen skeptisch. Einerlei, morgen schlägt die Stunde der Wahrheit. Dann sind wir auf halbem Weg zwischen dem Fluss und der ersten Oase. Wenn wir es bis dorthin schaffen, müssen sie uns weiterhin begleiten. Ansonsten riskieren sie, dass sie nicht zurückfinden und verdursten. Wir wollen das Beste hoffen, dass heute Nacht nichts Ungewöhnliches passiert.«
    »Ungewöhnlich, dass ich nicht lache«, sagte ich sarkastisch. »Du meinst wohl einen weiteren Angriff, hm?«
    »Die Tebu greifen bei Nacht nicht an«, erwiderte Emerson, als wäre das ganz selbstverständlich.
    Gottlob griffen sie nicht an. Ein klarer, heller Morgen dämmerte und das erste Sonnenlicht strahlte auf den von uns gesuchten Orientierungspunkt: einen Haufen verwitterter Steinklötze – die Relikte zweier Säulen. Wie Emerson auf unserer ersten Expedition festgestellt hatte, handelte es sich um die Ruine eines kleinen Monuments, höchstwahrscheinlich um einen Schrein aus der meroitischen Periode. Die Wüste war wirtlicher gewesen, als die adligen Familien jener frühen Zivilisation nach Westen gezogen waren. Gut möglich, dass es

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