Amelia Peabody 17: Die Schlangenkrone
geärgert zu haben, Ramses. Hast du etwa eine Verabredung mit ihm nicht eingehalten, als ihr in Kairo wart?«
»Das war keine Verabredung, sondern eher eine Vorladung«, entgegnete Ramses. »Außerdem hatte ich andere Dinge im Kopf.«
»Ich schick ihm eine kurze Notiz, worin ich ihm die Situation darlege«, erbot ich mich.
»Zum Henker mit Lacau«, knurrte Emerson. »Für wen hält er sich eigentlich, daß er meint, uns herumkommandieren zu können?«
»Vergiß nicht, er ist immerhin der Direktor der Antikenverwaltung«, erinnerte ich meinen Ehemann. »Zudem warten noch ein paar Dinge auf Klärung. Wir haben die Statue wiedergefunden, und wir kennen den rechtmäßigen Besitzer – das müssen wir den Behörden mitteilen. Ich bezweifle, ob sie Kenntnis von Mrs. – von Magdas erster Ehe haben. Überdies möchte ich Harriet die positive Wendung telegrafieren. Sie wird sich über das Geld freuen; sie hat das kleine Erbe von ihrer Mutter für die Ägyptenreise verbraucht, und Adrians Behandlung wird vermutlich teuer. Und Inspektor Ayyid muß über die Identität des Mörders informiert werden.«
»Ich dachte, das hättest du heute morgen schon erledigt«, warf Emerson ein.
»Na ja, nicht direkt. Wir müssen noch einen offiziellen Bericht abfassen und Ayyid eine Kopie von Daffingers Geständnis aushändigen. Ich hab ihm das für heute, spätestens morgen versprochen. Immerhin können wir ihm jetzt auch mitteilen, daß die Statue wieder da ist.«
Sethos schwieg demonstrativ. »Dank deiner tatkräftigen Unterstützung«, sagte ich und nickte ihm zu.
»Wir hätten sie sicher auch ohne ihn entdeckt«, nuschelte Emerson ungnädig.
»Emerson, nun sei doch nicht so. Bedank dich bei deinem Bruder.«
»Laß gut sein.« Sethos winkte lässig ab. »Hauptsache, ihr verdächtigt mich nicht länger. Hand aufs Herz, das habt ihr doch, oder?«
»Offen gestanden nährt dein früheres Verhalten eine gewisse Skepsis – nicht hinsichtlich des Mordes an Mrs. Petherick, aber wegen der diversen Einbruchsversuche. Du hättest Amira beispielsweise genausogut betäuben können wie Lidmann-Daffinger.«
»Das erste Mal war ich gar nicht hier«, protestierte Sethos. »Und das zweite Mal auch nicht.«
»Vermutlich hatten wir es sowieso mit mehr als einem potentiellen Dieb zu tun«, seufzte ich. »Aber gut, ich entschuldige mich bei dir für mein Mißtrauen.«
Emerson rang sich ein halbherziges »Ich auch« ab.
»Grundgütiger«, Sethos legte eine Hand auf sein Herz, »hoffentlich kann ich das verkraften.«
Die Angelegenheit war in weiten Teilen abgeschlossen, genau wie unser Gespräch mit Ayyid. Ich hatte Daffingers Geständnis noch einige Anmerkungen hinzugefügt, die Arbeit der Polizei gelobt und das Engagement des Inspektors.
Ayyid las diesen letzten Satz laut vor:
»Hätte er nicht umgehend gehandelt und die Flucht des Verdächtigen vereitelt, wäre besagte Person höchstwahrscheinlich mit ihrem unrechtmäßig erworbenen Besitz aus Luxor entkommen und in dem Moloch Kairo untergetaucht.
»Sehr – äh – eloquent formuliert, Mrs. Emerson. Ich danke Ihnen.«
»Du hast diesen verdammten Anderson mit keinem Wort erwähnt«, krittelte Emerson, als wir Arm in Arm am Kai entlang zu unserem Boot zurückschlenderten.
»Das ist mein Druckmittel für Anderson«, erwiderte ich.
»Die Methode ist ungemein wirkungsvoll bei Journalisten.«
Emerson half mir in das Boot und setzte sich neben mich. »Wir haben’s nicht eilig«, informierte er Sabir. »Laß dir ruhig Zeit, ja?«
Das Mondlicht brach sich silbrig schimmernd auf dem dunklen Gewässer. Emerson spähte zu Sabir, der uns taktvoll den Rücken zuwandte, und legte einen Arm um mich. »Wie schön, daß wir endlich mal wieder allein sind«, murmelte er. »Dieser Mist … – ähm – Missinghurst ist wie eine lästige Klette.«
»Bissinghurst«, korrigierte ich ihn. »Du darfst dir von ihm nicht auf der Nase herumtanzen lassen. Das macht er doch nur, um dich zu ärgern.«
Ich hatte gehofft, die romantische Abendstimmung würde Emerson positiv beeinflussen, aber weit gefehlt.
»Was sollten eigentlich die vielsagenden Blicke zwischen dir und Ramses?«
»Wann ist dir das denn aufgefallen?«
»Mehr oder weniger den ganzen Tag. Versteig dich jetzt nicht in irgendwelche Ausreden, Peabody!«
»Niemals, mein Schatz.« Ich rückte ein bißchen näher zu ihm. »Ramses genügt Daffingers Geständnis nicht. Nach seiner Ansicht sind noch eine ganze Reihe von Zwischenfällen
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