Amelia Peabody 18: Das Königsgrab
Verstand hätte, würde er sich mit Vater beraten«, sagte Nefret ärgerlich.
»Immerhin hat er sich renommierte Assistenten zugelegt«, meinte Ramses mit einem schiefen Grinsen: »Anwesende natürlich ausgeschlossen. Hall und Hauser sind hervorragende Zeichner, und Mr Lucas soll angeblich auch noch hinzugezogen werden.«
»Ich frag mich, ob Mr Lucas schon mal was von Paraffin gehört hat«, sinnierte ich laut.
»Als Direktor der staatlichen ägyptischen Abteilung für Chemie kennt er sich bestimmt aus. Zudem hat er Ahnung von empfindlichen Artefakten, hoff ich zumindest«, sagte Ramses. »Du wirst ihn sicher darauf hinweisen, nicht?«
»Natürlich«, erwiderte ich.
»Callender hat das Eisentor angebracht«, sagte Ramses, um Emerson zu beschwichtigen, der darauf mit einem Knurren reagierte.
»Da kommt Howard«, bemerkte Nefret.
Stirnrunzelnd näherte sich dieser. Unwirsch schob er mehrere Leute beiseite, die ihn mit Fragen bestürmten. Ich rechnete fest damit, dass er uns ebenfalls ignorieren würde. Aber, oh Wunder, er blieb stehen und zog sogar den Hut.
»Soweit ich informiert bin, waren Sie gestern Abend hier, als der Unfall passierte«, meinte er nach einem angedeuteten Nicken.
»Das ist richtig«, bekräftigte ich.
»Einer der Ibn Simsahs, wurde mir gesagt?«
»Auch das ist richtig.«
»Und dieser Mann ist auf Ihr Ersuchen hin hier?« Er deutete auf Mr Aziz, der ihm mit kurzem Abstand folgte.
»Mr Aziz ist Chefinspektor bei der Polizei von Luxor und wegen eines ungeklärten Todesfalles hier.« Vorsichtshalber rammte ich Emerson meinen Sonnenschirm in die Rippen, damit er den Mund hielt.
»Ach ja, soso. Nun, der Leichnam wurde entfernt und ich sehe keine Veranlassung, warum dieser Mann weiterhin hier tätig sein muss. Allerdings weigert er sich, meine Anweisungen zu befolgen«, fuhr Howard mit einem überheblichen Blick zu Aziz fort. »Aber vielleicht hört er ja auf Sie.«
»Teufel noch, Carter, Sie sind in keiner Weise autorisiert, diesem Mann Anweisungen zu geben«, platzte der Professor heraus. »Wenn Sie auch nur einen Funken Taktgefühl im Leib –«
Ich stieß Emerson fester in den Rippenbogen, worauf er mit einem schmerzvollen Grunzen stockte. Er war sicherlich im Recht, aber dass er jemand anderem einen Vortrag über Taktgefühl halten wollte, war gelinde gesagt unangemessen.
»Wir sprechen mit dem Inspektor«, erbot ich mich. »Wollen Sie nicht vielleicht doch lieber, dass einer seiner Leute hier Wache hält?«
»Nein«, sagte Howard knapp. Zähneknirschend setzte er hinzu: »Ähm – danke für Ihre Mühe.«
»Mr Carter«, erklang eine allseits vertraute Stimme. »Darf ich Ihnen eine Frage stellen?«
Mit einem missfälligen Schnauben, das Emersons Gefühlsaufwallungen alle Ehre machte, verschwand Howard über den geschlängelten Pfad im Grabschacht. Ich schnellte zu Kevin herum.
»Setzen Sie Ihren Hut auf«, riet ich ihm. »Ihre Nase schält sich schon. Kein Glück gehabt?«
»Ich nicht und die anderen auch nicht«, sagte der unverbesserliche O’Connell. Seufzend rieb er sich die jukkende Nase. »Und der feine Hüter des Gesetzes wollte auch nichts Interessantes rausrücken. Also werd ich mich selbst um den Fluch kümmern.«
»Um Himmels willen, wovon reden Sie da?« Derweil beobachtete ich, wie Ramses und Nefret mit Aziz diskutierten. Das Gesicht des Inspektors war leicht gerötet und er gestikulierte hektisch.
»Och, das wird eine nette kleine Geschichte«, salbaderte O’Connell. »Erst der Exitus von Carters goldenem Vögelchen durch eine Königskobra; und dann der mysteriöse Tod eines Einheimischen – der Name spielt keine Rolle – an dem Tag, als das Grab wieder offen ist und die Schätze des Pharao aus seiner letzten Ruhestätte geborgen werden sollen, von den frevelhaften Händen ausländischer Ungläubiger.«
Ich wartete gespannt darauf, dass er fortfuhr. Nach einem Blick in Emersons finsteres Gesicht und Sennias aufgerissene schwarze Augen sah er jedoch geflissentlich davon ab, spezielle Flüche gegen einen bestimmten Personenkreis zu erwähnen. »Das ist ein Haufen Unsinn«, bemerkte ich.
»Das ist der Stoff, aus dem packende Geschichten gemacht sind, Mrs Emerson. Bedeutungslose Tatsachen verquickt mit einer ungeheuren Fantasie. Ich muss es wissen, ich hab eine Menge solches Zeug zu Papier gebracht.«
»Ich mag Geschichten über Flüche«, meinte Sennia. Sie sah sehr professionell aus in ihrem adretten Arbeitskostüm. »Trotzdem sind sie Unfug, Mr
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