Amelia Peabody 18: Das Königsgrab
sich sicher moralisch aufbauen und bekehren.«
»Wenn es einer kann, dann Sie«, sagte Mr Smith. »Einen guten Tag, Mrs Emerson.«
Ich glaube, er meinte das als Kompliment.
»Na Peabody«, sagte Emerson. »Mir scheint, du kannst dir dieses Mal keinen weiteren Skalp an den Gürtel hängen.«
Lang hingestreckt auf dem Bett, die Hände unter dem Kopf verschränkt, beobachtete er, wie ich meine Haare mit den obligatorischen hundert Bürstenstrichen auf Glanz trimmte. Es war ein langer Tag gewesen, trotzdem vernachlässige ich solche Dinge nicht.
»Das ist eine höchst unschöne Metapher, Emerson.«
»Was wäre dir denn genehm? Eine Kerbe in deiner Flinte?«, schlug er vor. »Ein weiterer Schurke hinter Schloss und Riegel?«
Man hatte Nadji und Suzanne im Haus eines Kaffeehausbesuchers aufgespürt – genau wie ich vermutet hatte. Von dem Imam war das Hochzeitsritual durchgeführt worden. Um auf der sicheren Seite zu sein, scheuchte ich sie nach Luxor und gab die Trauzeugin, während Vater Bennett sie noch einmal kirchlich traute.
»Ich fürchte, wir sind zu verwöhnt«, fuhr Emerson fort. »Es hat etwas Befriedigendes, wenn ein Fall mit einer Verhaftung oder dem Begräbnis des Schurken sein Ende findet.«
»Nicht verzagen, Amelia fragen. Vielleicht kommt ja noch jemand hinter Gitter.«
Emerson setzte sich auf. »Wer? Bitte sag mir, dass es Sir William Portmanteau ist.«
»Ich wünschte, dem wäre so. Für mich ist er exakt der Typ Mann, den Smith meinte, als er von Schattenorganisationen sprach. Skrupellos und ohne Gewissen. Wir können ihn zwar in keiner Weise belangen, aber trotzdem Kopf hoch! Er wird kochen, wenn ich ihm von Suzanne und Nadji berichte.«
»Vielleicht erleidet er dann einen mortalen Infarkt«, sagte Emerson hoffnungsvoll. »Geschähe ihm recht. Wer kommt sonst noch in Frage, hmm? Ich bin kein Schattenboxer, Peabody, ich hab’s mehr mit den greifbaren Halunken.«
Er wirkte so niedergeschlagen, dass ich ihn fast ins Vertrauen gezogen hätte. Gleichwohl verwarf ich den Gedanken. Ich war mir meiner kriminalistischen Logik zwar ziemlich sicher, wollte ihm aber keine voreiligen Hoffnungen machen. Stattdessen bot ich ihm auf andere Weise Trost, auf den er durchaus erfreut reagierte.
Beim Frühstück strich ich diverse Aktivitäten von meiner Liste. Der Punkt Sethos und Margaret war abgehandelt, wenigstens vorübergehend. Zwei derart dominante Persönlichkeiten würden gewiss immer mal wieder heftig aneinandergeraten. Bei Nadji und Suzanne sah es vielversprechend aus. Allerdings harrte noch eine unangenehme Sache der Klärung, weshalb ich mich umgehend auf den Weg zum Schloss machte.
Cyrus lief mir entgegen und begrüßte mich. »Potzblitz, was wollen Sie denn schon hier?«, erkundigte er sich. »Ehrlich gesagt, geht mir dieser alte Dauernörgler Portmanteau empfindlich auf die Nerven. Der guten Katherine im Übrigen auch.«
»Deswegen bin ich hergekommen.« Ich klopfte mir den Staub von der Hose. »Sagen Sie ihm, ich möchte ihn sehen.«
Es dauerte eine Weile, bis er in den Salon geschlurft kam. Allem Anschein nach hatte er sich mit Brandy getröstet. Katherine war bei mir und beschwerte sich bitterlich über ihren unwillkommenen Gast. »Er ist kein Gentleman, Amelia. Ich hatte ihn gebeten, ins Hotel umzuziehen, aber das ignoriert er geflissentlich. Und seine Ausdrucksweise!«
Bei Sir Williams Auftauchen verstummte sie abrupt. Die Maske des jovialen Gentleman hatte er längst fallen lassen. Aufgedunsen und ungepflegt fuhr er mich an.
»Na Mrs Emerson, was haben Sie mir zu berichten? Sie versprachen mir –«
»Ich weiß, wo die beiden sind.« Ich musste die Stimme heben, um ihn zu übertönen. »Sie sind gut aufgehoben und sehr glücklich.«
Ob Sir William mir überhaupt zugehört hatte, vermag ich nicht zu beurteilen. Jedenfalls drang das Gesagte nicht bis zu seinen kleinen grauen Zellen vor. »Wo ist sie? Wieso haben Sie sie nicht mitgebracht? Herrgott, wenn ich das Mädchen zu fassen kriege!«
»Sie sind nicht mehr ihr gesetzlicher Vertreter«, wandte ich ein. »Sie ist jetzt verheiratet.«
Katherine schnappte nach Luft. »Die beiden? Haben geheiratet?«
»Na, das ist aber schön«, grinste Cyrus.
Sir Williams rotes Gesicht nahm eine violette Färbung an und ihm schwoll sprichwörtlich der Kamm. Ich beobachtete ihn eher aus Neugier denn aus Mitgefühl, bis er vor lauter Atemnot keinen Ton mehr herausbekam. Darauf drückte ich ihn in einen Sessel.
»Ich würde ja für Brandy
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