Amelia Peabody 18: Das Königsgrab
plädieren, wenn Sie davon nicht schon genug intus hätten. Ich würde Sie auch gern zu Suzanne und ihrem Mann mitnehmen, aber dann brechen Sie sicher einen Streit vom Zaun, und was brächte das? Die Würfel sind gefallen, Sir William, Sie können die Uhr nicht zurückdrehen. Ich kann Ihnen nur empfehlen, die nächste Fähre nach Luxor zu nehmen und schnellstmöglich nach Kairo weiterzureisen. Vielleicht werden Sie ja irgendwann einsichtig und vertragen sich wieder mit Ihrer Enkelin.«
»Niemals!«, gurgelte Sir William. »Suzanne ist für mich gestorben. Ich werde mein Testament ändern. Sie bekommt keinen Penny!«
»Ich kümmere mich darum, dass die Diener seine Sachen zusammenpacken«, meinte Katherine. Sie eilte hinaus.
»Und ich«, sagte Cyrus augenzwinkernd, »möchte Ihnen ein einziges Mal widersprechen, Amelia. Ob er nun einen kleinen oder auch ein doppelten Brandy zwitschert, ist doch sein Problem. Hauptsache, es hilft.«
In Anbetracht der näherrückenden Abreise unserer Lieben stürzten wir uns in einen Strudel gesellschaftlicher Aktivitäten. Selim und Daoud richteten eine gelungene Fantasia aus, und wir feierten Sylvester im amerikanischen Stil, mit einem rauschenden Ball im Schloss. Cyrus hatte sogar eine Musikkapelle aus Kairo anreisen lassen. Nach einem schwungvollen Walzer mit Emerson gesellte ich mich für eine kleine Erholungspause zu Katherine an den Tisch. Ertappt schaute sie mich an, um dann laut loszuprusten.
»Eiskalt erwischt«, kicherte sie und deutete auf ihren vollbeladenen Teller. »Aber im Großen und Ganzen bin ich sehr diszipliniert, Amelia.«
»Eine gelegentliche Schlemmerei hat noch keinem geschadet«, sagte ich. »Auf mich wirken Sie wesentlich entspannter und erholter als bei Ihrer Ankunft, Katherine.«
»Und auch klüger, hoffe ich. Cyrus liegt mir in den Ohren, dass ich mir gute Vorsätze für das neue Jahr vornehmen soll.«
Ihre Augen glitten zu einem vorüberwirbelnden Paar – Nadji und Suzanne, auf deren Eheglück wir alle mit Cyrus’ bestem Champagner angestoßen hatten. Sie würden den Rest der Saison für Cyrus arbeiten, Nadji als Künstler und Kopist, Suzanne als Jumanas Assistentin.
»Sir Williams indiskutables Verhalten gab mir zu erkennen, dass ich meine eigenen Vorurteile noch nicht überwunden hatte. Sehen Sie sich die beiden an – strahlend vor Glück –, und ich hätte noch vor ein paar Tagen behauptet, dass ihre Ehe von Anfang an zum Scheitern verurteilt sei.«
»Die beiden werden zweifellos mit Problemen konfrontiert«, räumte ich ein. »Nicht zuletzt durch die unterschiedliche Religion. Aber die Ehe ist immer ein Wagnis, Katherine. Ich habe Paare gekannt, die ob ihrer Herkunft, Religion und Nationalität perfekt zusammenpassten und dennoch nicht glücklich miteinander wurden.«
»Trotzdem sollte man das Wagnis eingehen?«
»Aber sicher. Was wäre das Leben ohne Risiko?«
Lachend lud sie sich ein weiteres Stück Eistorte auf den Teller. »Das ist doch ein guter Vorsatz: Leben und leben lassen.«
»Ah«, sagte ich. »Bitte, entschuldigen Sie, Katherine, aber ich muss kurz etwas erledigen.«
Jumana tanzte mit Sethos, und er hielt sie für meinen Geschmack etwas zu innig umschlungen. Ihr schien es nichts auszumachen. Als der Walzer endete, bat ich, sie kurz sprechen zu dürfen.
»Ramses ist als nächster dran«, sagte sie nach einem Blick auf ihre Tanzkarte.
»Der kann warten. Was ich dir zu sagen habe hingegen nicht. Du magst Bertie, und er ist mehr für dich als ein guter Freund. Streite es nicht ab. Wieso willst du ihn nicht heiraten?«
Jumana wurde erst leichenblass und dann knallrot im Gesicht. »Wie … Woher?«, stammelte sie.
»Ich hab ein Händchen für Herzensangelegenheiten«, erwiderte ich. »Also, warum nicht?«
Sie sah mich eindringlich an. »Weil es seiner Mutter das Herz brechen würde. Sie ist immer nett zu mir gewesen. Und ich mag mich nirgends hineindrängen, wo ich nicht erwünscht bin.«
»Falscher Stolz.« Ich schüttelte den Kopf. »Lieber bist du unglücklich, was? Wieso riskierst du es nicht einfach, Jumana? Wer weiß, vielleicht erlebst du eine angenehme Überraschung.«
Als Ramses auftauchte, um den nächsten Tanz mit ihr zu absolvieren, entfernte ich mich mit dem erhebenden Gefühl, dass der Abend einen positiven Verlauf nehmen würde. Natürlich sprach ich noch ein paar Takte mit Bertie, und siehe da, gegen Ende der Party durften wir einem weiteren Brautpaar zuprosten. Cyrus standen Tränen der Rührung in den
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