Amelia Peabody 18: Das Königsgrab
hätte dir das alles besser nicht erzählt. Es hat bestimmt keine Bedeutung und ist sicher nur dummes Geschwätz.«
»Das kann man nie wissen«, versicherte ich ihm. »Hat er sich besorgt um ihre Sicherheit gezeigt?«
»Schätze mal ja.« Ramses’ Miene entspannte sich leicht. »Und sie weiß um seine Schwachpunkte, alle Achtung. Falls ein heftiger Streit ein Anzeichen für Zuneigung ist –«
Nefret lachte leise und fasste seine Hand.
»Hmmm«, brummte Emerson.
Während ich meine Haare bürstete, schoss mir Margarets indiskutables Verhalten erneut durch den Kopf. Laut Ramses’ Aussage hatte sie es nicht einmal für nötig befunden, sich bei mir zu entschuldigen. Ich hätte nicht übel Lust verspürt, sie am nächsten Morgen im Hotel aufzusuchen und mich mit ihr auseinanderzusetzen, aber meine Ratio (und Emerson) stimmten dagegen. »Lass sie doch, wenn sie sich unbedingt lächerlich machen will«, erklärte er und nahm mir die Bürste aus der Hand. »Komm ins Bett, Liebes. Und – ähm – lass dein Haar offen, ja?«
Dazu ließ ich mich gern überreden.
Überdies gab es noch eine Reihe anderer Dinge, um die ich mich kümmern musste. Unsere Lieben würden am Donnerstag in Kairo einlaufen. Fatima war dem Putzwahn verfallen und wienerte Sennias und Gargerys kleine Suite. David würde sein früheres Zimmer beziehen, aus dem ich Sethos auszuquartieren gedachte. Er konnte bei Cyrus wohnen oder im Dienstbotentrakt oder sich selbst etwas suchen. Die Amelia lag in Qena vor Anker, mit Rais Hassan. Emerson hatte kürzlich angeregt, sie zu verkaufen, aber das brachte ich nicht übers Herz; zu viele Erinnerungen rankten sich um das schöne alte Hausboot, außerdem konnte es durchaus sein, dass wir irgendwann wieder den Wunsch nach einer Segeltour verspürten.
Das Problem der Unterbringung war damit geklärt. Die einzige noch offene Frage war, ob wir sie in Kairo abholen sollten oder nicht. Am nächsten Morgen, beim Frühstück, legte ich den anderen meine Entscheidung dar. »Wir müssen David warnen, dass er sich von den Revolutionären fernhält«, hob ich an.
»Wenn du damit die Wafd-Partei meinst, so ist das eine ganz legale politische Gruppierung«, sagte Ramses milde.
»Keine Ahnung, wie die sich nennen. Ich möchte nur vermeiden, dass er sich politisch betätigt. Der Junge ist sooo naiv.«
Der Begriff passte sicher nicht auf einen Mann von Davids Alter und Reife. Was er mitangesehen hatte, hätte manch einen zum Zyniker werden lassen – Krieg, Vorurteile, Verrat, Folter –, und dennoch hatte er sich seinen glühenden Idealismus bewahrt. Idealisten sind an sich bewundernswerte Personen, aber ihr Vertrauen in das Gute im Menschen ist für sie und ihr Umfeld nicht ungefährlich.
Fatima stellte den frisch gefüllten Toastständer auf den Tisch. »Er muss unverzüglich nach Luxor kommen«, sagte sie mit Nachdruck. »Und die kleine Taube auch.«
»Dann sind wir uns ja alle einig.« Ich griff nach dem Marmeladenglas. »Oder, Emerson?«
»Du willst hinfahren, nicht?«
»Ich glaube schon.«
»Dann begleite ich dich.«
Dafür hatte er zweifellos seine Motive. Howard Carter war in Kairo. Ich hatte meine eigenen. Wir hatten nämlich nichts von Mr Smith gehört. Ich fand sein mangelndes Informationsbedürfnis höchst verdächtig.
»Und jetzt an die Arbeit«, tönte Emerson und leerte seine Kaffeetasse.
»Wenn du mich heute entbehren kannst, Vater, würde ich gern mit meinen Übersetzungen weitermachen«, meinte Ramses.
»Was? Oh. Ähm – ja sicher, kein Problem. Bisher haben wir im Westtal nichts entdeckt, was dein Fachwissen erfordert«, setzte er überlegt hinzu.
»Ich komm später nach.« Ich bat Fatima, das Frühstücksgeschirr abzuräumen.
»Du willst doch nicht etwa zu dieser Frau?«, bohrte Emerson.
»Nein, mein Schatz. Ich muss einige Listen anfertigen, bevor wir nach Kairo fahren und unsere Gäste willkommen heißen.«
Sethos hatte immer noch schlechte Laune. Dass Fatima wie üblich verschämt errötete, entrang ihm lediglich ein schiefes Grinsen und ein paar lapidare Komplimente. Er trottete Ramses hinterher, was mich misstrauisch stimmte. Ich ließ den beiden einen kleinen zeitlichen Vorsprung, bevor ich zu ihnen in den Arbeitsraum steuerte. Beide sprangen ertappt auf, und Sethos griff nach einem Schriftstück, das vor ihnen auf dem Tisch lag.
»Vor mir braucht ihr nichts zu verheimlichen.« Ich nahm mir einen Stuhl. »Ich dachte, ihr hättet die geheimnisvolle Botschaft abgehakt. Wieso dann
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