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Amelie und die Liebe unterm Regenschirm

Amelie und die Liebe unterm Regenschirm

Titel: Amelie und die Liebe unterm Regenschirm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Molden
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haben könnte, wollte sie lieber nicht zur Sprache bringen. »Was meinst du mit Strukturproblemen?«, fragte sie stattdessen.
    Josefs Hände lagen locker auf dem Schreibtisch, seine Augen hielten die seiner Tochter fest. »Ich denke, dass ein Laden wie der deine sich überlebt hat. Du bist zu üppig assortiert, du solltest dich auf ein Gebiet spezialisieren.«
    Amelie kaute an ihrer Unterlippe und dachte an Burgi Wechsler. Genau das hatte ihr die Freundin auch gesagt.
    »Deine Fixkosten sind zu hoch«, fuhr Josef Lenz fort. »Du könntest in ernsthafte Schwierigkeiten geraten. Um das zu vermeiden, gäbe es mehrere Möglichkeiten. A: Du schließt den Laden und betreibst deine Geschäfte mit einem kleinen Sortiment von deinem Salettl aus. B: Du schließt den Laden und übernimmst die Generalvertretung der Offizine Lenz . C: Du schließt den Laden, kehrst nach Salzburg zurück, steigst in die Firma ein und führst sie mit mir beziehungsweise später mit Lorenz.«
    Amelies Augen waren vor Verstörtheit rund geworden. »Ich weiß, Vater, du hast wahrscheinlich Recht. Aber ich liebe meinen Laden. Er entspricht mir so sehr. Außerdem steckt Großmutters Erbteil drin. Lass es mich noch ein halbes, ein Dreivierteljahr versuchen…« Josef Lenz hatte nicht weiter in seine Tochter gedrängt. Was gesagt werden musste, hatte er gesagt. Spätestens in einem Dreivierteljahr würde eine Entscheidung fallen müssen. So war man verblieben.
    Bis zum Silvestertag rührte sich Amelie kaum mehr aus dem Haus. Sie war oft allein, denn der Vater nutzte die Ruhe im Geschäft, um Post aufzuarbeiten, und die Mutter tauchte in ihre Bridgenachmittage ab. Amelie lag stundenlang auf ihrem Bett in der Mansarde und dachte über ihre Zukunft nach, wobei sich Existenzielles und Sentimentales oft zu einem Knäuel verstrickten, in dem sich einzelne Gedankenansätze gar nicht mehr dingfest machen ließen. Wenn sie nicht mehr weiterkam, schmökerte sie in Ulis Lola-Prinzip . Wahllos. Sätze, die auf ihre augenblickliche Verfassung zu passen schienen, unterstrich sie. Etwa den: »Mit unserem Denken erschaffen wir uns Realität. Was immer Sie in Ihrem Leben erfahren (erleiden, erdulden, ertragen etc): Sie sind der Urheber dieser Dinge. Und das bedeutet: Sie können alles ändern.« Den Satz unterstrich sie dick. Er war so programmatisch.
    So brach der letzte Tag des Jahres 2000 an. Beim Frühstück erging sich Lizzi zunächst in Gedanken darüber, ob das neue Jahrtausend bereits angebrochen sei oder erst mit dem um Mitternacht anbrechenden Jahr 2001 beginnen werde. Sie holte keine Meinung dazu ein und fuhr nahtlos mit dem fesselnden Thema Was-zieht-Amelie-zur-Silvesterparty-an fort.
    »Nur nix Schlotterndes, Herzerl, du hast doch eine feenhafte Figur, und nix Schwarzes, ich bitte dich, das macht dich nur blass«, beschwor sie ihre Tochter.
    Als Amelie abends die Treppen herunterschwebte, seufzte Lizzi tief und zufrieden. Ihre Tochter trug einen taubengrauen Hosenanzug aus leichtem Tuch und ein perlweißes Seidentop. Die Hosen waren zur Abwechslung körperbetont geschnitten. Das Haar war frisch gewaschen und glänzte.
    »Wie Zobelfell«, fand Lizzi. »Und Schmuck nimmst keinen?«
    Amelie strich das Haar hinter die Ohren, an welchen die Amethystohrringe aus den Beständen von Amelie der Älteren baumelten.
    »Ein bissel Make-up?«, schlug die Mutter vor, obwohl sie wusste, dass Amelie bloß den Kopf schütteln würde, weil sie außer Wimperntusche und Lidschatten dergleichen gar nicht besaß.
    »Wow«, machte Lorenz, der gekommen war, um sie abzuholen, als sie ihm die Tür öffnete. »Die Mädels und Susan werden gelb vor Neid, wenn sie dich sehen.«
    Das Haus, in das er sie führte, lag auf halber Höhe des Nonnbergs. Es gehörte Susans Eltern. Eine Villa aus der Zeit um die Jahrhundertwende, Erker, Türmchen, Schnitzwerk, alles da. Die Eltern lebten ebenerdig, Susan bewohnte den ersten Stock. Letzterer war unbarmherzig durchgestylt worden nach der Devise »alles Alte raus und Neues rein«. Sehr weiß, zu viel Chrom, sehr steril, fand Amelie. Auf die Bewohnerin selbst traf das nicht zu.
    Ihr attraktiver, kurviger Körper steckte in einer roten Armani-Robe. Ihre Beine waren gut geformt, und ihren Waden sah man an, dass sie Sport trieb. Ihr gesunder Teint hätte kein Make-up, und ihr fraglos naturblondes Haar hätte keine Tönung gebraucht. Trotz sorgfältigen Stylings strahlte die Frau eine leicht dralle, alpenländische Frische aus, und die Wärme, mit der

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