Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
American Gods

American Gods

Titel: American Gods Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil Gaiman
Vom Netzwerk:
warum er überhaupt noch bei den Lakota bleibt.«
    »Whiskey Jack sagt viel, wenn der Tag lang ist«, entgegnete Harry Bluejay bockig. Aber auch er sagte in Wirklichkeit nicht Whiskey Jack. Zwar klang es für Shadows Gehör fast genauso, aber eben nicht ganz: Wisakedjak , dachte er. Das ist es, was sie sagen. Gar nicht Whiskey Jack.
    »Yeah«, sagte Shadow. »Und unter anderem hat er gesagt, dass wir unseren Winnebago Shadow gegen Ihren Buick eintauschen sollen.«
    »Ich sehe keinen Winnebago.«
    »Er bringt dir den Winnebago«, sagte John Chapman. »Du weißt, dass du dich darauf verlassen kannst.«
    Harry Bluejay versuchte sich wieder an einem Kunststoß, traf aber daneben. Seine Hand war zu unruhig. »Ich bin nicht dem alten Fuchs sein Neffe«, sagte Harry Bluejay. »Wenn er das bloß nicht überall rumerzählen würde.«
    »Besser ein lebendiger Fuchs als ein toter Wolf«, sagte Wednesday mit einer so tiefen Stimme, dass es schon beinahe ein Knurren war. »Also, verkaufst du uns den Wagen oder nicht?«
    Harry Bluejay fing heftig und deutlich sichtbar zu zittern an. »Klar«, sagte er. »Hab nur Spaß gemacht. Ich mach gern mal ’nen Spaß, ehrlich.« Er legte das Queue auf den Pooltisch und griff nach einer dicken Jacke, die er unter einem ganzen Haufen von ähnlichen an Kleiderhaken neben der Tür hängenden Jacken herausziehen musste. »Ich will nur noch schnell meinen Scheiß aus dem Wagen räumen«, sagte er.
    Immer wieder warf er Wednesday Blicke zu, als befürchte er, der ältere Mann könne jeden Augenblick explodieren.
    Harry Bluejays Wagen stand hundert Meter weiter. Auf dem Weg dorthin kamen sie an einer kleinen, weiß getünchten katholischen Kirche vorbei, in deren Tür ein Mann mit Priesterkragen stand und sie anguckte, während sie an ihm vorbeigingen. Er saugte an einer Zigarette, als würde ihm das Rauchen nicht das geringste Vergnügen bereiten.
    »Einen schönen Tag auch, Herr Pfarrer!«, rief Johnny Chapman, aber der Mann mit dem Kragen gab keine Antwort; er trat die Zigarette mit dem Schuhabsatz aus, hob den Stummel auf, warf ihn in den Abfallkorb neben der Tür und ging dann nach innen.
    An Harry Bluejays Auto fehlten die Seitenspiegel, und die Reifen waren die blanksten, die Shadow je zu Gesicht bekommen hatte: vollkommen glattes schwarzes Gummi. Harry Bluejay teilte mit, dass der Wagen viel Öl saufe, aber solange man immer welches nachgieße, würde er ewig weiterlaufen. Es sei denn, er bleibe stehen.
    Harry Bluejay hatte einen schwarzen Müllsack dabei, in den er den Scheiß aus seinem Auto packte (besagter Scheiß umfasste mehrere nicht ausgetrunkene Billigbierflaschen mit Drehverschluss, ein kleines Päckchen Cannabisharz, in Silberfolie eingewickelt und im Aschenbecher des Autos versteckt, wo es sofort ins Auge stach, ein Stinktierschwanz, zwei Dutzend Country-and-Western-Kassetten und ein angestoßenes, vergilbendes Exemplar von Robert A. Heinleins Fremder in einem fremden Land ). »Tut mir Leid, falls ich Sie vorhin auf die Palme gebracht hab«, sagte Harry Bluejay zu Wednesday, als er ihm die Autoschlüssel übergab. »Wissen Sie, wann ich den Winnebago kriege?«
    »Fragen Sie Ihren Onkel. Er ist der verdammte Gebrauchtwagenhändler«, brummte Wednesday.
    »Wisakedjak ist nicht mein Onkel«, sagte Harry Bluejay. Er nahm seinen schwarzen Müllsack, ging ins nächste Haus und zog die Tür hinter sich zu.
    Sie setzten Johnny Chapman in Sioux Falls vor einem Naturkostladen ab.
    Während der Fahrt schwieg Wednesday. Er war schon die ganze Zeit, seit sie von Whiskey Jacks Haus aufgebrochen waren, in finsterer Stimmung.
    In einem Familienrestaurant kurz vor St. Paul nahm Shadow eine Zeitung an sich, die jemand hatte liegen lassen. Er warf einen Blick auf die Titelseite, schaute noch einmal hin, dann zeigte er sie Wednesday.
    »Sehen Sie sich das an«, sagte Shadow.
    Seufzend warf Wednesday einen Blick in die Zeitung. »Ich bin hocherfreut«, sagte er, »zu erfahren, dass der Tarifstreit der Fluglotsen beigelegt werden konnte, ohne dass es zu Arbeitskampfmaßnahmen gekommen ist.«
    »Das doch nicht«, sagte Shadow. »Sehen Sie nur, hier steht, dass wir den 14. Februar haben.«
    »Alles Gute zum Valentinstag.«
    »Wir sind doch aufgebrochen, wann war das, am 20. 21. Januar. Ich hab nicht so genau aufs Datum geachtet, aber es war die dritte Januarwoche. Wir waren drei Tage unterwegs, alles in allem. Wie kann da jetzt der 14. Februar sein?«
    »Weil wir fast einen Monat gewandert sind«,

Weitere Kostenlose Bücher