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American Gods

American Gods

Titel: American Gods Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil Gaiman
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Stunde lang trotteten die drei Männer den Hügel hinunter, bis sie auf eine Schotterstraße stießen, die sich um dessen Fuß herumwand; sie folgten der Straße und hielten dabei auf eine Gruppe von Gebäuden zu, die sie bereits von ganz oben ausgemacht hatten.
    Ein Auto bremste neben ihnen und hielt an. Die Fahrerin kurbelte das Beifahrerfenster herunter und sagte: »He, ihr Typen, soll ich euch mitnehmen?«
    »Sehr liebenswürdig von Ihnen, Madam«, sagte Wednesday. »Wir sind auf der Suche nach einem Mister Harry Bluejay.«
    »Der müsste unten im Freizeitzentrum sein«, sagte die Frau. Sie war in den Vierzigern, schätzte Shadow. »Steigt ein.«
    Sie stiegen ein. Wednesday nahm den Beifahrersitz, John Chapman und Shadow kletterten auf die Rückbank. Shadows Beine waren zu lang, als dass er bequem hätte sitzen können, aber er richtete sich ein, so gut es ging. Das Auto rumpelte vorwärts die Schotterstraße entlang.
    »Wo kommt ihr drei denn her?«, fragte die Fahrerin.
    »Wir haben einen Freund besucht«, sagte Wednesday.
    »Lebt auf dem Hügel dahinten«, sagte Shadow.
    »Was für ein Hügel?«, fragte sie.
    Shadow blickte durch das staubverschmutzte Heckfenster zurück auf den Hügel. Aber da war kein Hügel hinter ihnen, schon gar kein hoher: nichts als tief liegende Wolken.
    »Whiskey Jack«, sagte er vor sich hin.
    »Ach«, sagte die Frau. »Hier nennen wir ihn Inktomi. Ich glaube, das ist derselbe. Mein Großvater hat früher einige ziemlich gute Geschichten über ihn erzählt. Die meisten waren natürlich ein bisschen unanständig.« Der Wagen krachte durch ein Schlagloch, worauf die Frau fluchte. »Alles in Ordnung da hinten?«
    »Ja, Ma’am«, sagte Johnny Chapman. Er hielt sich mit beiden Händen am Sitz fest.
    »Reservatsstraßen«, sagte sie. »Man gewöhnt sich dran.«
    »Sind die alle so?«, fragte Shadow.
    »So ziemlich«, sagte die Frau. »In dieser Gegend jedenfalls. Aber fragen Sie nicht, was denn mit dem ganzen Geld aus den Kasinos ist, weil wer würde wohl, falls er noch ganz richtig im Kopf ist, bis ganz hier rauskommen, um in ein Kasino zu gehen? Wir hier draußen sehen von diesem Geld überhaupt nichts.«
    »Das tut mir Leid.«
    »Braucht es nicht.« Unter Krachen und Ächzen legte sie einen anderen Gang ein. »Wussten Sie, dass die weiße Bevölkerung in der ganzen Gegend hier immer weniger wird? Wenn Sie da rausfahren, finden Sie lauter Geisterstädte. Wie will man die Leute auch auf ihren Farmen halten, wenn sie die große weite Welt auf ihren Fernsehschirmen gesehen haben? Es lohnt sich sowieso nicht, in den Badlands Landwirtschaft zu betreiben. Die Weißen haben uns unser Land genommen, haben sich hier niedergelassen, und jetzt hauen sie wieder ab. Gehen nach Süden. Gehen nach Westen. Wenn wir warten, bis genug von ihnen nach New York und Miami und L. A. gezogen sind, können wir uns vielleicht die gesamte Mitte zurückholen, ganz ohne Kampf.«
    »Viel Glück«, sagte Shadow.
    Sie fanden Harry Bluejay tatsächlich im Freizeitzentrum, wo er am Billardtisch Kunststöße ausführte, um einer Gruppe von jungen Mädchen zu imponieren. Er hatte einen tätowierten Blauhäher auf dem Rücken der rechten Hand und jede Menge Piercings im rechten Ohr.
    »Ho hoka, Harry Bluejay«, sagte John Chapman.
    »Scheiße, hau bloß ab, du verrückter weißer Geist ohne Schuhe«, sagte Harry Bluejay leutselig. »Ich krieg das kalte Grausen, wenn ich dich sehe.«
    Am anderen Ende des Raums saß eine Reihe älterer Männer, einige spielten Karten, andere unterhielten sich. Auch jüngere Männer waren anwesend, Männer in Harry Bluejays Alter, die offenbar darauf warteten, den Billardtisch benutzen zu können. Es handelte sich um einen großen Pooltisch mit einem Riss im grünen Fries, den man mit silbergrauem Klebeband geflickt hatte.
    »Ich hab eine Nachricht von deinem Onkel«, sagte Chapman unbeirrt. »Er sagt, du sollst den beiden hier dein Auto geben.«
    Es waren bestimmt dreißig, vielleicht gar vierzig Leute in dem Saal, und alle blickten jetzt angestrengt in ihre Karten, auf ihre Füße oder ihre Fingernägel, und versuchten nach besten Kräften den Eindruck zu erwecken, sie würden nicht zuhören.
    »Er ist nicht mein Onkel.«
    Der Mief von Zigarettenrauch hing in der Luft. Chapman lächelte breit und zeigte dabei das katastrophalste Gebiss vor, das Shadow je in einem Menschenmund gesehen hatte. »Willst du deinem Onkel das persönlich mitteilen? Er meint immer, dass du der einzige Grund bist,

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