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American Gods

American Gods

Titel: American Gods Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil Gaiman
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in der Limousine geschlagen worden war. Er schob den Gedanken von sich. »Können wir nicht einfach Wednesdays Leiche nehmen und wieder abhauen?«, fragte er.
    »Mitternacht«, sagten Mr. Nancy und der dicke Junge gleichzeitig.
    »Solche Dinge müssen nach den Regeln abgewickelt werden«, sagte Tschernibog.
    »Meinetwegen«, sagte Shadow. »Nur erklärt mir niemand die Regeln. Ihr alle sprecht andauernd von irgendwelchen gottverdammten Regeln, aber ich weiß noch nicht mal, welches Spiel ihr spielt.«
    »Es ist, als wenn man den offiziellen Erscheinungstermin verletzt«, sagte Media fröhlich. »Sie wissen schon. Der Zeitpunkt, ab wann man eine Sache verkaufen darf.«
    »Ich finde, das ist alles Bockmist«, sagte Town. »Aber wenn ihre Regeln sie glücklich machen, ist meine Organisation glücklich, und alle anderen sind auch glücklich.« Er schlürfte seine Cola. »Wenn doch erst Mitternacht wäre. Sie nehmen die Leiche und verschwinden. Wir machen alle einen auf Friede, Freude, Eierkuchen, und wir winken euch zum Abschied hinterher. Und dann können wir wieder anfangen, euch zu jagen wie die Ratten, die ihr seid.«
    »He«, sagte der dicke Junge zu Shadow. »Da fällt mir was ein. Sie sollten Ihrem Boss doch sagen, dass er der Vergangenheit angehört. Haben Sie das eigentlich gemacht?«
    »Ich hab’s ihm gesagt«, sagte Shadow. »Und wissen Sie, was er darauf geantwortet hat? Er meinte, ich sollte den kleinen Rotzlöffel bei Gelegenheit daran erinnern, das die Zukunft von heute die Vergangenheit von morgen ist.« Wednesday hatte nichts dergleichen je von sich gegeben. Aber diese Leute schienen immerhin eine Vorliebe für Sprüche zu haben. Die schwarzen Brillengläser spiegelten das flackernde Kerzenlicht wie Augen zu ihm zurück.
    »Was für ein beschissenes Dreckloch ist das hier bloß«, sagte der dicke Junge. »Kein Strom. Außerhalb der Funkreichweiten. Wenn man sich schon verkabeln lassen muss, lebt man doch praktisch wieder in der Steinzeit.« Er saugte einen Rest Cola durch den Strohhalm, ließ den Becher auf den Tisch fallen und ging durch den Flur davon.
    Shadow nahm die Papiertüte und stopfte die Abfälle des dicken Jungen hinein. »Ich guck mir mal den Mittelpunkt von Amerika an«, sagte er in die Runde. Er stand auf und ging nach draußen in die Nacht hinein. Mr. Nancy folgte ihm. Zusammen schlenderten sie schweigsam durch den kleinen Park, bis sie zum steinernen Denkmal gelangten. Der Wind zerzauste sie in unberechenbaren Böen, erst von der einen, dann von der anderen Seite. »Also«, sagte er. »Was jetzt?«
    »Jetzt«, sagte Nancy, »sollten Sie zurück in Ihr Zimmer gehen. Schließen Sie die Tür hinter sich ab. Versuchen Sie noch ein bisschen zu schlafen. Um Mitternacht werden sie uns die Leiche übergeben. Und dann sehen wir zu, dass wir hier wegkommen. Der Mittelpunkt ist nicht gerade ein standsicherer Ort, für niemanden.«
    »Wenn Sie meinen.«
    Mr. Nancy inhalierte den Rauch seines Zigarillos. »Das alles hätte nie geschehen dürfen«, sagte er. »Nichts von alledem hätte geschehen dürfen. Unsere Sorte Leute, wir sind …« Er wedelte mit dem Zigarillo, als könnte der ihm helfen, das rechte Wort zu finden, und stieß ihn dann nach vorn. »… exklusiv . Wir sind keine geselligen Wesen. Selbst ich nicht. Nicht mal Bacchus. Jedenfalls nicht für länger. Wir gehen unsere eigenen Wege oder bleiben wenigstens in kleinen Gruppen. Wir können nicht gut mit anderen. Es gefällt uns, verehrt, respektiert, angebetet zu werden – ich zum Beispiel mag es, wenn man Geschichten von mir erzählt, Geschichten, die meine Schläue demonstrieren. Es ist eine Schwäche, ich weiß, aber so bin ich nun mal. Wir sind gern groß. Heute, in dieser schäbigen Zeit, sind wir aber klein. Die neuen Götter steigen auf, gehen unter und steigen wieder auf. Das hier ist kein Land, das Götter über eine längere Zeit toleriert. Brahma erschafft, Vishnu erhält, Shiva zerstört, und damit ist der Boden bereitet, dass Brahma von neuem erschaffen kann.«
    »Worauf wollen Sie hinaus?«, fragte Shadow. »Der Kampf ist jetzt vorbei? Die Schlacht ist geschlagen?«
    Nancy schnaubte. »Sind Sie verrückt geworden? Die haben Wednesday getötet. Die haben ihn umgebracht und sich damit groß getan. Haben es überall verkündet. Es auf allen Kanälen gezeigt, dass jeder es sehen konnte, der Augen hat zu sehen. Nein, Shadow. Es hat gerade erst angefangen.«
    Er bückte sich zu Füßen des Denkmals, drückte den Zigarillo auf

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