Amerika
fragte nochmals Robinson. »Ganz gewiß«, sagte Karl lächelnd.
»Dann könnte ich ja gleich anfangen, mich zu erholen«, sagte Robinson und sah Karl an.
»Wieso denn?« fragte dieser.
»Nun, weil du doch meine Arbeit hier übernehmen sollst«, antwortete Robinson.
»Wer hat dir denn das gesagt?« fragte Karl.
»Das ist doch ein alter Plan. Davon wird ja schon seit einigen Tagen gesprochen. Es hat damit angefangen, daß Brunelda mich ausgezankt hat, weil ich die Wohnung nicht sauber genug halte. Natürlich habe ich versprochen, daß ich alles gleich in Ordnung bringen werde. Nun, das ist aber sehr schwer. Ich kann zum Beispiel in meinem Zustand nicht überallhin kriechen, um den Staub wegzuwischen, man kann sich schon in der Mitte des Zimmers nicht rühren, wie erst dort zwischen den Möbeln und den Vorräten? Und wenn man alles genau reinigen will, muß man doch auch die Möbel von ihrem Platz wegschieben, und das soll ich allein machen? Außerdem müßte das alles ganz leise geschehen, weil doch Brunelda, die ja das Zimmer kaum verläßt, nicht gestört werden darf. Ich habe also zwar versprochen, daß ich alles rein machen werde, aber rein gemacht habe ich es tatsächlich nicht. Als Brunelda das bemerkt hat, hat sie zu Delamarche gesagt, daß das nicht so weitergeht und daß man noch eine Hilfskraft wird aufnehmen müssen. ›Ich will nicht, Delamarche‹, hat sie gesagt, ›daß du mir einmal Vorwürfe machst, ich hätte die Wirtschaft nicht gut geführt. Selbst kann ich mich nicht anstrengen, das siehst du doch ein, und Robinson genügt nicht; am Anfang war er so frisch und hat sich überall umgesehen, aber jetzt ist er immerfort müde und sitzt meist in einem Winkel. Aber ein Zimmer mit so viel Gegenständen wie das unsrige hält sich nicht selbst in Ordnung.‹ Daraufhin hat Delamarche nachgedacht, was sich da tun ließe, denn eine beliebige Person kann man natürlich in einen solchen Haushalt nicht aufnehmen, auch zur Probe nicht, denn man paßt uns ja von allen Seiten auf. Weil ich aber dein guter Freund bin und von Renell gehört habe, wie du dich im Hotel plagen mußt, habe ich dich in Vorschlag gebracht. Delamarche war gleich einverstanden, obwohl du dich damals gegen ihn so keck benommen hast, und ich habe mich natürlich sehr gefreut, daß ich dir so nützlich sein konnte. Für dich ist nämlich diese Stellung wie geschaffen, du bist jung, stark und geschickt, während ich nichts mehr wert bin. Nur will ich dir sagen, daß du noch keineswegs aufgenommen bist; wenn du Brunelda nicht gefällst, können wir dich nicht brauchen. Also strenge dich nur an, daß du ihr angenehm bist, für das übrige werde ich schon sorgen.«
»Und was wirst du machen, wenn ich hier Diener sein werde?« fragte Karl; er fühlte sich so frei, der erste Schrecken, den ihm die Mitteilungen Robinsons verursacht hatten, war vorüber. Delamarche hatte also keine schlimmeren Absichten mit ihm, als ihn zum Diener zu machen – hätte er schlimmere Absichten gehabt, dann hätte sie der plapperhafte Robinson gewiß verraten –, wenn es aber so stand, dann getraute sich Karl, noch heute nacht den Abschied durchzuführen. Man kann niemanden zwingen, einen Posten anzunehmen. Und während Karl früher Sorgen gehabt hatte, ob er nach seiner Entlassung aus dem Hotel bald genug, um vor Hunger geschützt zu sein, einen passenden und womöglich nicht unansehnlicheren Posten bekommen werde, schien ihm jetzt im Vergleich zu dem ihm hier zugedachten Posten, der ihm widerlich war, jeder andere Posten gut genug, und selbst die stellungslose Not hätte er diesem Posten vorgezogen. Robinson das aber begreiflich zu machen, versuchte er gar nicht, besonders da Robinson jetzt in jedem Urteil durch die Hoffnung völlig befangen war, von Karl entlastet zu werden.
»Ich werde also«, sagte Robinson und begleitete die Rede mit behaglichen Handbewegungen – die Ellbogen hatte er auf das Geländer aufgestützt – »dir zunächst alles erklären und die Vorräte zeigen. Du bist gebildet und hast sicher auch eine schöne Schrift, du könntest also gleich ein Verzeichnis all der Sachen machen, die wir da haben. Das hat sich Brunelda schon längst gewünscht. Wenn morgen vormittag schönes Wetter ist, werden wir Brunelda bitten, daß sie sich auf den Balkon setzt, und inzwischen werden wir ruhig und ohne sie zu stören im Zimmer arbeiten können. Denn darauf, Roßmann, mußt du vor allem achtgeben. Nur nicht Brunelda stören. Sie hört alles,
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