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Amnesie - Robotham, M: Amnesie - Lost

Amnesie - Robotham, M: Amnesie - Lost

Titel: Amnesie - Robotham, M: Amnesie - Lost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Robotham
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Panikstörungen. Sie geht nicht alleine aus dem Haus. Der Psychologe nennt es Agoraphobie.«
    »Aber sie ist doch noch ein…«
    »Ein Kind? Ja. Man erwartet es nicht, aber es kommt vor. Selbst der Gedanke, zur Schule zu gehen, macht sie krank. Sie bekommt Brustschmerzen und Herzklopfen, leidet an Kurzatmigkeit und Übelkeit… Meistens muss ich sie bis in ihre Klasse bringen und dort auch wieder abholen.«
    Beinahe kamen ihr wieder die Tränen, aber sie hielt sie zurück. Frauen und Tränen – darin bin ich gar nicht gut. Manche Männer können einfach ihre Arme um eine Frau legen und etwas von ihrer Verletzung aufsaugen, aber so bin ich nicht. Ich wünschte, es wäre anders.
    Rachel wirkte zu beschädigt, um sich noch länger zusammenzureißen, aber sie würde auch nicht vor meinen Augen zusammenbrechen. Sie wollte mir zeigen, wie stark sie sein konnte. Ich zweifelte nicht daran. Um Alexej Kuznet zu verlassen, brauchte eine Frau mehr Mut, als man mit Worten ausdrücken konnte.
    »Haben Sie sich an etwas erinnert?«, fragt Joe, der jetzt dicht neben mir steht.
    »Nein. Es war nur ein Tagtraum.«
    Ali beugt sich über das Geländer. »Vielleicht weiß einer der Nachbarn, wo Rachel ist. Was ist mit der Frau mit den Katzen?«

    »Mrs. Swingler.«
    Seit damals sind etliche Nachbarn weggezogen. Die Murphies haben eine Kneipe in Esher übernommen, und Kirsten Fitzroy, Rachels beste Freundin, ist nach Notting Hill gezogen. Vielleicht durchdringt eine Tragödie einen Ort wie ein Geruch, den man nicht mehr loswird.
    Ich nehme den Fahrstuhl bis zum ersten Stock und klopfe an Mrs. Swinglers Tür. Auf meine Krücken gestützt höre ich, wie sie den Flur hinunterkommt. Die langen bunten Perlenketten, die sie sich in die Haare geflochten hat, klackern bei jeder Bewegung. Die Tür wird einen Spaltbreit geöffnet.
    »Hallo. Mrs. Swingler, erinnern Sie sich noch an mich?«
    Sie starrt mich feindselig an. Sie denkt, ich komme vom Gesundheitsamt und will ihr die Katzen wegnehmen.
    »Ich war vor ein paar Jahren öfter hier – als Mickey Carlyle verschwunden ist. Ich suche Rachel Carlyle. Haben Sie sie gesehen? «
    Aus der Wohnung stinkt es nach Katze und Mensch. Schließlich findet sie die Sprache wieder. »Nein.«
    »Wann haben Sie sie zuletzt gesehen?«
    Sie zuckt die Achseln. »Vor einigen Wochen. Sie muss in den Urlaub gefahren sein.«
    »Hat Sie Ihnen das erzählt?«
    »Nein.«
    »Haben Sie ihren Wagen vor dem Haus parken sehen?«
    »Was für einen Wagen fährt sie denn?«
    Ich überlege angestrengt und weiß auch nicht, warum ich mich daran erinnere. »Einen Renault Estate.«
    Mrs. Swingler schüttelt den Kopf, die Perlen klackern.
    Der Flur hinter ihr ist mit Kartons und Schachteln voll gestellt. Ich mache ein winzige Bewegung aus, dann eine weitere, flüchtige Schatten. Katzen. Überall. Sie krabbeln aus Kartons und Schubladen, von Kleiderschränken und unter dem Bett hervor. Dunkle Umrisse huschen über den Boden, sammeln sich um
Mrs. Swingler, streichen um ihre blassen Beine und knabbern an ihren Knöcheln.
    »Wann haben Sie mich zuletzt gesehen?«
    Sie mustert mich eigenartig. »Letzten Monat… Sie waren ständig hier.«
    »Hat mich irgendjemand begleitet?«
    Sie sieht argwöhnisch den Professor an. »Will Ihr Freund sich lustig machen?«
    »Nein. Er hat nur ein paar Dinge vergessen.«
    »Sie haben sie oben in ihrer Wohnung besucht, nehme ich an.«
    »Wissen Sie warum?«
    Ihr Lachen klingt wie eine kratzige Geige. »Sehe ich aus wie Ihre Privatsekretärin?«
    Sie will die Tür schon wieder zuschlagen, als ihr noch etwas einfällt. »Jetzt erinnere ich mich an Sie. Sie haben immer nach dem kleinen Mädchen gesucht, das ermordet wurde. Es war die Schuld von der da, müssen Sie wissen.«
    »Die Schuld von wem?«
    »Menschen wie die sollten keine Kinder bekommen, wenn sie sich nicht im Griff haben. Ich habe nichts dagegen, dass meine Steuern für kranke Kinder im Krankenhaus und zur Ausbesserung von Straßen verwendet werden, aber warum sollte ich für allein erziehende Mütter zahlen, die Sozialhilfe schnorren und ihr Geld für Alkohol und Zigaretten ausgeben?«
    »Sie brauchte keine Sozialhilfe.«
    Mrs. Swingler rafft ihren Kittel. »Einmal Alki, immer Alki.«
    Ich mache einen Schritt auf sie zu. »Meinen Sie?«
    Plötzlich scheint sie nicht mehr so sicher.
    »Das sagt meine Mutter. Immer schön eins nach dem anderen, was?«
    Der Professor zieht die Fahrstuhltür zu, und der Lift setzt sich ruckend in Bewegung. Als wir in

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